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Feinschmecker für Wildschwein und Co.: Björn Reh aus Espenau ist jetzt Wildsommelier

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Von: Valerie Schaub

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Ein Händchen für Wild: Fleischermeister Björn Reh aus Espenau ist jetzt Wildsommelier. Das Wildschwein bereitet er zu Spareribs, Pulled Pork und Ossobuco zu. Der Rücken wird in einer Soja-Limette-Honig-Marinade eingelegt.
Ein Händchen für Wild: Fleischermeister Björn Reh aus Espenau ist jetzt Wildsommelier. Das Wildschwein bereitet er zu Spareribs, Pulled Pork und Ossobuco zu. Der Rücken wird in einer Soja-Limette-Honig-Marinade eingelegt. © Valerie Schaub

Nicht nur unter Weinkennern gibt es Sommerliers. In Espenau kreiert jetzt ein Wildsommelier Fleisch in allen Varianten, mit Chili, Vanille oder Honig.

Espenau – Wenn Björn Reh ein Wildschwein am Haken aus der Kühlkammer schiebt, geht es erst mal grob zur Sache – mit Kettenhandschuh, Messer und Säge. Zum Schluss aber endet es fein. Und seitdem der 40-jährige Fleischermeister sich zum Wildsommelier fortgebildet hat, noch feiner. Der Wildschweinrücken zum Beispiel landet in einer Soja-Limette-Honig-Marinade auf dem Grill.

Was lange Weinkennern als Titel vorbehalten war, ist seit einiger Zeit auch in anderen Bereichen zu finden. Es gibt Sommeliers für Bier, Schokolade – oder für Fleisch. In der Augsburger Fleischerakademie hat Reh eine zweiwöchige Fortbildung gemacht. Das Thema: Wildfleisch – aus der ganzen Welt.

Aber Reh interessiert nur das Wild vor der Haustüre. Seit Langem verkauft er in seiner Espenauer Fleischerei Wild in vielen Formen. Wildjagdwurst mit Spinat, Wildschweingehacktes mit Maronen. Seit seiner Fortbildung dürften demnächst noch ein paar Varianten mehr dazukommen. Vielleicht „ein gerauchtes Tatar“ oder „Wild mit Preiselbeeren und Chili“.

In Augsburg hat er mit den anderen Teilnehmern – Wildhändlern, Köchen, Fleischermeistern – zwar auch Fleisch von Giraffen, Krokodilen und Kängurus probiert. Aber begeistert hat ihn das nicht. „Das braucht man nicht.“

Was es vor allem braucht beim Wild, ist der Eigengeschmack, sagt Reh. Deshalb ist auch Exotisches wie Nutriafleisch nichts für den Meister. Obwohl es woanders schon verarbeitet werde. „Es schmeckt einfach nach nichts.“

Während er erzählt, verliert das Wildschwein am Haken Schnitt für Schnitt den Rest seiner Tiergestalt. Jeder Handgriff sitzt, Reh kann das aus dem Effeff. Das Schwein hat er selbst geschossen. Während er die Schulter auslöst, zeigt er auf das Hämatom, das die Kugel hinterlassen hat. Die Schulter will er zu Pulled Pork verarbeiten. Mit etwas Rotkraut passe das super auf einen Burger.

Auch Rehs Familie geht jagen. Er kennt das von klein auf. Seinen Jagdschein hat er mit 15 gemacht. Für ihn ist es eine Tradition. Aber auch eine Weise, nachhaltig und gesund Fleisch zu essen: Wild ist in heimischen Wäldern vorhanden. „Es gibt keine langen Transportwege, keiner kann was manipulieren mit Antibiotika.“ Und manchmal ist es eben auch einfach nicht verfügbar: Rehe haben gerade Schonzeit.

Die Fortbildung zum Sommelier habe ihm vor allem neue Geschmackshorizonte gezeigt, sagt Reh. Für Experimente, beispielsweise mit Instantkaffee, fehle im Betrieb oft die Zeit. Aber: „Wir müssen kreativ sein, um nicht von der Industrie überrollt zu werden.“ Dafür hat er auch gern die rund 3000 Euro Kursgebühr übernommen.

Seitdem besitzt der Fleischermeister auch eine „Dry-Aging-Bibel“. Das Werk beschreibt die Technik, bei der Fleisch trocken reift, zum Beispiel bei zwei Grad im Reifeschrank mit 80 Prozent Luftfeuchtigkeit. „Das macht es zarter, mürber und nussig im Geschmack.“

In der Fleischerei wird es noch mal grob. Jetzt sind die Haxen dran. Die Säge zerteilt sie in zwei Teile, fertig für das Eisbein oder Ossobuco. Auch wenn Menschen weniger Fleisch essen, Wild wird laut Reh immer beliebter und werde auch öfter zubereitet verkauft. Björn Reh isst übrigens am liebsten – wie sollte es anders sein – Reh.

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