Sie retten Rehkitze vor dem Tod: Jäger suchen bei Espenau mit einer Drohne Wiesen ab

Wenn im Frühsommer die Kitze zur Welt kommen, werden auch die Wiesen gemäht. Der Kreisjagdverein Hofgeismar rettet die Tiere vor dem Tod.
Espenau – Wenn im Frühsommer die Kitze zur Welt kommen, werden auch die Wiesen gemäht. Eine unglückliche Parallele: Der Grasschnitt kostet alljährlich Tausenden von jungen Rehen das Leben. Um dem entgegenzuwirken, hat der Kreisjagdverein Hofgeismar zwei Drohnen angeschafft. Damit suchen Mitglieder von Mai bis Juni im Grünen nach Kitzen. Auch an diesem Donnerstagmorgen sind sie im Einsatz.
Es ist 4.30 Uhr, als sich eine kleine Gruppe Jäger in der Feldgemarkung bei Hohenkirchen trifft. Langsam setzt die Morgendämmerung ein, begleitet von fröhlichem Gezwitscher der Vögel. Ansonsten herrscht Stille in der von Nebel überzogenen Landschaft.
Rettung vor dem Tod: Rehkitze werden gesucht
Da Uwe Groß, Vorsitzender des Kreisjagdvereins, und seine Mitstreiter heute zehn Hektar Wiesenfläche kontrollieren wollen, teilen sie sich in zwei Gruppen auf. Bedeutet: Jeweils ein Drohnenpilot und zwei Helfer suchen in ihrem Bereich nach Rehkitzen.
„Weil die Drohnen mit einer Wärmebildkamera ausgestattet sind, können wir die Kitze aufgrund ihrer Körpertemperatur erkennen“, sagt Groß. Die rund 39 Grad warmen Tierbabys zeigen sich als gelbe Flecken in einer sonst blau-rötlichen Umgebung auf dem Drohnenbildschirm. Genau deshalb findet die Kitzrettung auch in den frühen Morgenstunden statt – eben dann, wenn der Boden von der Nacht noch kühl ist.

Manchmal gibt es aber auch Irritationen: „Sauerampfer scheint Wärme gut zu speichern, denn auch dieser sticht gut sichtbar in Gelb hervor“, sagt der Jäger. Auch erdige Bereiche auf den Wiesen können täuschen, da auch diese wärmer als die Umgebung sind, zeigt die Erfahrung des Liebenauers. Kenntnisse in der Kitzrettung mit Drohnen konnte Uwe Groß sich schon einige aneignen. Vergangenes Jahr haben er und sein Team 30 Tierkinder im nördlichen Landkreis vor den gewaltigen Mähmaschinen bewahrt. „In diesem Jahr haben wir bis jetzt sechs Kitze gefunden“, sagt er beim Start der Aktion – noch nicht ahnend, dass in Kürze noch drei weitere dazukommen werden.
Nachdem der Naturfreund schon einige Bahnen mit dem Flugroboter gezogen hat, ruft er plötzlich: „Da ist was.“ In Windeseile ziehen sich seine beiden Helfer nun Handschuhe an und laufen mit einem Korb im Gepäck in Richtung Wiese. „Wichtig ist, dass das Kitz keinen menschlichen Geruch abbekommt, wenn wir es an den Feldrand tragen, denn sonst könnte es von der Ricke verstoßen werden.“
Sobald der Landwirt fertig mit dem Mähen ist, werden die Kitze sofort ins Freie entlassen
Das Muttertier selbst sei nur zum Säugen und Belecken direkt bei seinem Nachwuchs und behalte es ansonsten aus einiger Entfernung im Auge. „Das machen sie, um von dem Kitz abzulenken“, sagt Jägerin Ramona Meyer aus Espenau.
Dass dem Bambi die Rettungsaktion alles andere als behagt, zeigt es in lautstarkem Geblöke, einer Art Hilfeschrei, als es aus seinem Versteck getragen wird. Erst als das Kleine am Wiesenrand unter einem Korb verschwindet, kommt es zur Ruhe. „Diesen befestigen wir mit Heringen, denn die Mutter könnte versuchen, es zu befreien.“
Sobald der Landwirt fertig mit dem Mähen ist, werden die Kitze sofort ins Freie entlassen. „Normalerweise sucht die Mutter dann sofort ihr Junges auf – deshalb sollte eine solche Aktion auch nicht länger als drei Stunden dauern“, sagen die Jäger. (Tanja Temme)