Mit Äxten gegen Waldrodung
Vor 40 Jahren kämpften Nordhessen um Erhalt der Bäume am Schäferberg
Die Proteste gegen die Rodung im Dannenröder Forst waren immer wieder Thema. Aktionen gegen das Fällen von Bäumen für den Straßenbau gab es auch schon vor fast 40 Jahren am Schäferberg.
Vellmar/Espenau – Es ging Anfang der 1980er-Jahre um den Abzweig der B 7 und der B 83. Allerdings liefen die Proteste deutlich friedlicher und ungefährlicher ab als heutzutage, wie die Grünen-Politiker Edmund Borschel und Marianne Sauer berichten, die damals bei Protestaktionen dabei waren.
Borschel ist Grünen-Fraktionsvorsitzender in Baunatal und stellvertretender Fraktionsvorsitzender im Kreistag, Sauer war lange im Vellmarer Stadtparlament als Abgeordnete und bis 2012 als Stadträtin aktiv. Damals waren beide an der Gründung der Vellmarer Grünen beteiligt und setzten sich gemeinsam mit der Bürgerinitiative gegen die Waldrodung am Schäferberg ein – insgesamt ging es um eine Fläche von fünf Hektar.
Wie Borschel berichtet, wurden 1000 Unterschriften in der Vellmarer Innenstadt gegen die Rodung gesammelt. „Aber wir waren der Meinung: Eine Unterschriftenaktion allein kann nicht reichen“, so der Baunataler. Deshalb habe es Protestaktionen gegeben, etwa mit Bannern in den Bäumen, auf denen Sätze wie „auch so stirbt der Wald“ standen.
Auch im Kreistag, in dem Borschel damals schon Abgeordneter war, kam es zu Protesten vonseiten der Grünen gegen die Pläne am Schäferberg. Die HNA schrieb am 28. Mai 1983: „Die Fraktion der Grünen überreichte an Landrat Willi Eiermann einen Plastikbaum und an den Kreisbeigeordneten Oswald Schröder einen Eimer mit Fertigbeton. Auf diese Weise wollten sie – unter dem Protest der übrigen Fraktionen – ihren Unmut darüber deutlich machen, dass sie mit ihrem Antrag auf Baustopp bei den geplanten neuen Straßenanbindungen am Schäferberg bei Espenau nicht durchgekommen sind.“
Borschel erinnert sich auch daran, dass die Grünen damals Äxte mit den Kreistag brachten, um gegen die Waldrodung zu protestieren. Auf den Äxten habe gestanden „denn sie wissen, was sie tun“, in Anlehnung an Jesu Worte aus der Bibel „Vater vergib ihnen; denn sie wissen nicht, was sie tun.“ „Die SPD und die CDU haben getobt“, erinnert sich Borschel: „Wir waren eine junge Protestpartei, man musste sich erst an uns gewöhnen.“
Laut dem Grünen-Politiker handelte es sich um ganz gesunde Bäume, die der Straßenführung weichen sollten. Nichtsdestotrotz seien auch damals Umwelteinflüsse bereits eine Bedrohung für den Wald gewesen, in Form von saurem Regen – heute sind es die Trockenheit und der Borkenkäfer. Die Proteste gegen die Rodung am Schäferberg lief allerdings ganz anders ab als die heutzutage gegen die Rodung am Dannenröder Forst: Es seien keine Menschenleben gefährdet worden, so etwas wie Abseilaktionen habe es schon gar nicht gegeben. Außerdem war laut Edmund Borschel am Schäferberg noch nichts beschlossen, wohingegen die Pläne für die A 49 schon lange feststehen.
„Es ging uns damals um Themen, die heute noch berühren und immer noch nicht gelöst sind“, sagt Marianne Sauer – neben Waldrodungen spricht sie die Friedensbewegung und die Atomenergie an. Die Waldrodungen am Schäferberg haben sie aus einem weiteren Grund besonders beschäftigt: Sauer hat rund zweieinhalb Jahre, bis 1979, mit ihrer Familie im Ausland gelebt. Dort habe man mühsam versucht, zumindest ein paar Bäume anzupflanzen, und am Schäferberg sollten einfach mehrere Hektar Wald gefällt werden.
Viel hat der Protest nicht gebracht, die Waldrodungen haben stattgefunden und die Straßenabzweigung wurde gebaut. Einen Teilerfolg gab es laut Sauer aber doch: „Wir haben es damals hingekriegt, dass das Brückenbauwerk nicht gebaut worden ist.“ Es hätte eigentlich über die B 7 führen sollen, aber die Pläne dazu seien verworfen worden. (Lara Thiele)