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Kasseler spricht über seine Erfahrung, als er einen Mann in Fuldabrück in hilfloser Lage fand

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Von: Theresa Novak

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Hier, in Höhe des Kraftwerks an der Dennhäuser Straße, fand Markus D. den hilflosen Mann aus Fuldabrück.
Hier, in Höhe des Kraftwerks an der Dennhäuser Straße, fand Markus D. den hilflosen Mann aus Fuldabrück. © Theresa Novak

Über drei Monate ist eines der einschneidendsten Erlebnisse der letzten Jahre für Markus D. aus Kassel schon her.

Kassel/Fuldabrück – Und trotzdem ist der 34-jährige Soldat, der seinen Nachnamen nicht in der Zeitung lesen möchte, heute noch fassungslos über den Egoismus, der ihm in einer schwierigen Situation entgegengebracht wurde. So spricht er über seine Erfahrungen, die er gemacht hat, als er jemandem in einer Notlage half und dabei selbst Hilfe brauchte.

Markus D. will am zweiten Weihnachtsfeiertag nochmal mit den Kindern an die frische Luft, bevor es zum Familienbesuch geht. Er und sein Sohn nehmen die Räder, die kleine Tochter sitzt im Anhänger. Los geht es von ihrer Wohnung aus in Richtung Dennhäuser Straße, die nach Fuldabrück führt.

Auf Höhe des Kraftwerks sieht Sohn Elias zuerst, dass etwas neben dem Bürgersteig den Abhang hinunter auf der Wiese nicht so ist, wie es sein sollte. „Er hat gesagt, da liegt einer“, erzählt sein Vater. Dieser weist das Kind an, auf dem Bürgersteig stehen zu bleiben und auf die kleine Schwester aufzupassen. Er selbst geht die Senke neben Straße und Bürgersteig hinunter, wo ein älterer Mann auf dem nassen, schlammigen Boden liegt. Er wirkt leblos.

Notfall in Fuldabrück: Markus D. hilft durchnässtem Senior

„Die Wiese war matschig, der Mann völlig durchnässt. Ich habe als erstes seine Vitalwerte gecheckt.“ Die Augen des Mannes seien offen gewesen, „er war aber nicht ansprechbar“. Als nächsten Schritt fühlt er den Puls, er schlägt schwach, dann kontrolliert er die Atmung. Auch die ist schwach. „Ich bin dann zur Straße zurück, habe einen Krankenwagen gerufen und versucht, Autofahrer auf mich aufmerksam zu machen“, sagt Markus D. „ Ich brauchte Hilfe, um den Mann aus der Nässe und dem Matsch zu ziehen. Er war schon völlig unterkühlt.“

Doch was dann passierte, ist für Markus D. heute noch ein Grund, wütend zu werden. „Drei Autos sind an mir vorbeigefahren, die Fahrer haben mir direkt in die Augen geschaut. Keiner hat angehalten, obwohl offensichtlich war, dass ich Hilfe brauchte.“

Dass viele sich vielleicht nicht trauten, anzuhalten, wenn ein Mann am Straßenrand gestikuliert, will er als Argument nicht gelten lassen. „Ich stand da am helllichten Tag mit meinen beiden Kindern. Es hätte ja auch sein können, dass mit den Kleinen irgendetwas ist. Gefährlich für Außenstehende sah die Situation jedenfalls nicht aus.“ Ein vierter Wagen hielt schließlich an. Ein Mann und eine Frau stiegen aus, Markus D. schilderte die Lage und sagte, er brauche Hilfe beim Herausziehen des unbekannten Mannes aus der Nässe. „Da sagte der doch tatsächlich, dass er eigentlich keine Zeit habe und sich außerdem seine Schuhe nicht dreckig machen wolle.“

Helfen ist Bürgerpflicht: Mehrere Autos fuhren einfach weiter

Markus D. fand dann deutliche Worte, mit denen er den Mann letztendlich überreden konnte, ihm zu helfen. Trotzdem macht ihn sein Verhalten und das der vorbeifahrenden Autofahrer fassungslos. „Ich sehe es als meine Bürgerpflicht, Menschen in Not zu helfen. Ich hätte nachts nicht mehr schlafen können, wenn ich da einfach vorbeigefahren wäre.“

Markus D. wusste, was zu tun ist, als er den hilflosen Mann im Matsch liegen sah. Aus beruflichen Gründen macht er einmal im Jahr einen Erste-Hilfe-Auffrischungskurs. „Aber auch, wenn das nicht so wäre, hätte ich sofort geholfen. Man macht in so einer Situation nichts falsch, da braucht niemand Angst vor haben. Man macht nur etwas falsch, wenn man gar nichts tut.“

Der hilflose Mann, der aus Fuldabrück kam, wurde schließlich per Rettungswagen in ein Krankenhaus gebracht und starb dort wenige Tage später. Er war dement und von zu Hause weggelaufen. Vermutlich konnte er sich dann nicht mehr orientieren und geriet so in die gefährliche Lage. (Theresa Novak)

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