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Fuldataler Schiedsfrauen vermitteln bei Streit unter Nachbarn

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Von: Josefin Schröder

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Sich vertragen ist besser als klagen: Davon sind Schiedsfrauen Andrea Mitter (links) und Gabriele Montel überzeugt.
Sich vertragen ist besser als klagen: Davon sind Schiedsfrauen Andrea Mitter (links) und Gabriele Montel überzeugt. © josefin schröder

Ein gutes Verhältnis mit den Nachbarn - das wünscht sich jeder. Im Schiedsamt vermitteln Andrea Mitter und Gabriele Montel, wenn es nicht mehr friedlich ist.

Fuldatal – Überhängende Äste, herabfallende Äpfel, ein krähender Hahn. Was nach ländlicher Idylle klingt, gibt oft reichlich Grund für Streitereien unter Nachbarn. Wenn keine Einigung absehbar ist und diese Konflikte eskalieren, helfen Andrea Mitter und Gabriele Montel: Sie schlichten.

Die beiden sind Schiedsfrauen in Fuldatal. Bei Auseinandersetzungen unter Nachbarn sind sie die erste Instanz. Erst wenn das Schiedsverfahren keine Einigung brachte, kann der Konflikt vor Gericht ausgetragen werden.

Andrea Mitter ist Krankenschwester und schlichtet nun seit neun Jahren ehrenamtlich. Durch eine Zeitungsannonce fand die 57-Jährige zum Schiedsamt. Auch nach den unterschiedlichsten Fällen sagt sie: „Das eigentliche Problem ist immer die Kommunikation.“ Die ursprünglichen Streitgründe seien oft belanglos. „Nicht der zu hohe Baum ist die Ursache, sondern vorausgehende Demütigungen oder ungeklärte Missverständnisse“, ergänzt Gabriele Montel. Die 68-Jährige ist seit 2020 stellvertretende Schiedsfrau in Fuldatal. Jedes Verfahren wird von den beiden jedoch als Team „im Doppelpack“ bearbeitet, sagt Andrea Mitter.

Immer mehr Leute suchen Rat im Schiedsamt

Nach einem streitruhigen Jahr würden in den vergangenen Monaten wieder vermehrt Leute bei den Schiedsfrauen Rat suchen. Kommt jemand in die wöchentliche Sprechstunde, hören die beiden Frauen erst einmal zu – unter Verschwiegenheit, neutral und ohne zu bewerten. „Ich möchte gar keinen Ärger haben“ – mit diesem Satz würden viele Gespräche beginnen. Die Schlichterinnen raten dann erst einmal dazu, das Problem dem Nachbarn schriftlich zu erklären. Das reiche manchmal schon, um den Zank am Gartenzaun zu beenden. Diese Fälle werden „Tür-und-Angel-Fälle“ genannt, sagt Gabriele Montel.

Beauftragt eine Streitpartei dennoch das Schiedsamt, erhält die oder der andere eine offizielle Ladung per Post. Generell ist immer das Schiedsamt zuständig, wo der Antragsgegner wohnt. „Nette Atmosphäre, ernster Hintergrund“ so beschreibt Andrea Mitter den Schlichtungstermin, denn bei Nichterscheinen erwartet den Antragsgegner ein Bußgeld.

Nach dem Motto „sich vertragen ist besser als klagen“

Beim anschließenden Schlichtungsversuch haben die Frauen nur einen Auftrag: Konsens finden, ohne dass es einen Verlierer gibt. „Wir helfen dabei, das Problem zu lösen, geben aber keine konkreten Lösungsvorschläge. Diese sollen die Parteien aus eigener Intention finden“, sagen sie.

Ziel ist es, einen „Vergleich zu formulieren“, erklärt Gabriele Montel. Diese Vereinbarung beendet den Streit und ist für beide Parteien 30 Jahre gültig. Und wenn es trotz aller Bemühungen keine Einigung gibt? Scheitert der Schlichtungsversuch, wird eine „Erfolglosigkeit der Schlichtung“ ausgestellt. Damit ist der Weg frei für eine Klage vor Gericht. Ob das beim Fuldataler Schiedsamt auch vorkommt? „Oh, wir sind gut“, entgegnet Andrea Mitter. „Wir vermitteln so lange, bis es passt.“ Da könne ein Termin auch mal drei Stunden dauern. Und laut könne es werden. In den Streitgesprächen greift Gabriele Montel auf Inhalte ihrer Mediationsausbilung zurück. Das sei jedoch keine Voraussetzung für das Ehrenamt. Eher „eine gehörige Portion Empathie und Lebenserfahrung“.

Der Leitspruch der Schiedsämter lautet „Schlichten statt richten“. Andrea Mitter und Gabriele Montel schätzen vor allem, dass es dabei nicht um Schuldzuweisungen geht. Ziel sei immer eine Win-win- Situation, die bei den streitenden Parteien zu einer tatsächlichen Aussöhnung und einer hoffentlich friedlichen Nachbarschaft führe. (Josefin Schröder)

Kontakt: Sprechstunde immer montags von 15 bis 16 Uhr im Zimmer 200 der Gemeindeverwaltung Fuldatal. Kommt es zu einem Verfahren, fallen etwa 50 Euro Verfahrens- und Sachkosten an. schiedsamt@fuldatal.de

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