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Kirche macht Missbrauch von ehemaligem Pfarrer in Fuldatal öffentlich

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Von: Sebastian Schaffner

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40 Jahre danach: Ein Disziplinargericht hat einen ehemaligen Pfarrer, der bis Mitte der 80er-Jahre in Ihringshausen (Foto) tätig war, wegen sexualisierter Gewalt an Kindern und Jugendlichen verurteilt.
40 Jahre danach: Ein Disziplinargericht hat einen ehemaligen Pfarrer, der bis Mitte der 80er-Jahre in Ihringshausen (Foto) tätig war, wegen sexualisierter Gewalt an Kindern und Jugendlichen verurteilt. © Archiv: Martin Schultz

Ein ehemaliger Gemeindepfarrer hat in Ihringshausen Kinder und Jugendliche missbraucht. Das machte die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck öffentlich.

Fuldatal – Ein ehemaliger Gemeindepfarrer, der bis Mitte der 1980er-Jahre in Fuldatal-Ihringshausen tätig war, hat in seiner Zeit dort Kinder und Jugendliche missbraucht. Das hat die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW) gestern öffentlich gemacht. Bislang weiß die Landeskirche von fünf Menschen, die „auf unterschiedliche Weise von den Taten in Ihringshausen betroffen sind“, wie Sprecherin Anja Berens auf Nachfrage unserer Zeitung mitteilt: „Wir gehen davon aus, dass es weitere Betroffene gibt.“ Jetzt ruft die Kirche weitere Betroffene auf, sich zu melden.

Der frühere Gemeindepfarrer ist kürzlich vor einem kirchlichen Disziplinargericht wegen sexualisierter Gewalt an Kindern und Jugendlichen verurteilt worden, teilt die EKKW mit. Das Urteil ist nun rechtskräftig. Damit verliert der Ruheständler, der nach seiner Zeit in Fuldatal verschiedene kirchliche Funktionen innehatte, seine Versorgungsansprüche und Ordinationsrechte.

Die Kirche kündigt an, weitere Stationen des Ex-Pfarrers kritisch zu beleuchten. Nach Informationen unserer Zeitung lebt der Mann nicht mehr in der Region.

Missbrauch an Jugendlichen in Fuldatal: Betroffener meldete sich bei der EKKW

Bekannt wurden die Fälle, weil ein Betroffener Kontakt zur unabhängigen Anerkennungskommission der EKKW aufnahm, so die Landeskirche. „Es ist beschämend, wie hier Vertrauen missbraucht wurde“, sagt Katrin Wienold-Hocke, Pröpstin des Sprengels Kassel. Die Kirche will sich nun auf die Aufarbeitung der Vorfälle konzentrieren, die sich im Bereich der Konfirmanden- und Jugendarbeit zugetragen hätten.

Dieser Prozess geschehe in enger Abstimmung mit dem Kirchenvorstand und den Betroffenen. Strafrechtlich seien die Taten bereits verjährt. „Ich war daher irrtümlich im Glauben, dass die Vorfälle meine Privatsache sind. Durch die Möglichkeit, mich an die Kommission zu wenden und einen Antrag auf Anerkennung zu stellen, ist das Thema für mich auf befreiende Weise dort hingekommen, wo es hingehört – in die Öffentlichkeit“, zitiert die EKKW einen der Betroffenen.

Um weitere Opfer zu finden, sucht die Landeskirche mit Betroffenen und dem jetzigen Kirchenvorstand den Weg in die Öffentlichkeit. „Wir wollen Licht ins Dunkel bringen und Betroffene unterstützen. Sie sollen Raum haben, um über ihre leidvollen Erfahrungen zu sprechen“, sagt Pröpstin Wienold-Hocke. Zugleich werde zum Fuldataler Fall ein von unabhängigen Experten begleiteter Aufarbeitungsprozess gestartet.

40 Missbrauchsfälle seit den 1950er-Jahren

Auf die Frage, wie viele Missbrauchsfälle in ihrem Bereich bekannt sind, spricht die 730 000 Mitglieder starke Landeskirche von „annähernd 40 Fällen seit den 1950er-Jahren“. Verlässliche Zahlen gebe es nicht, weil sich nicht alle Betroffenen meldeten. Sprecherin Berens: „Wir hoffen auf konkretere Fallzahlen nach Durchsicht aller Personalakten im Herbst 2023 durch das EKD-Forschungsprojekt Forum.“

Erst im Februar hatte die EKKW einen Missbrauchsfall öffentlich gemacht. Ein Betroffener hatte von sexuellen Übergriffen an Jugendlichen durch einen kirchlichen Mitarbeiter berichtet, die sich zwischen 1989 und 1993 im Raum Hofgeismar ereignet haben sollen. (Sebastian Schaffner)

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