Wenn der Wald in Deutschland brennt

Mit ihrer Abi-Klasse, sagt Rahel Böhmig, sei sie in Kiel mal zu Besuch beim Rettungsdienst gewesen. Da nahm sie auch in einem Rettungshubschrauber Platz. „Da habe ich mich verliebt.“
Fuldatal – Die 28-Jährige spricht nicht etwa von einem jungen Mann, auf den ihr Auge fiel. Sie meint die Fliegerei – und ganz speziell das Fliegen mit einem Hubschrauber. Jetzt sitzt sie selbst am Steuerknüppel einer Super Puma. „Das war mein Plan“, ergänzt sie noch selbstbewusst und mit einem Lächeln auf dem Gesicht.
Mit einem unter der Maschine pendelnden knallorange-farbenen Behälter holt die 28-jährige Bundespolizistin aus einer Art großem Planschbecken Löschwasser für einen Waldbrandeinsatz. Rahel Böhmig ist Mitglied der Fliegerstaffel in Fuldatal. Derzeit übt diese wieder die Bekämpfung von Waldbränden aus der Luft. Denn: Die Zahl dieser Inlandseinsätze nimmt zu.
Zentimetergenau muss Böhmig den blauen Hubschrauber am ebenso blauen Himmel halten. Ein Operator, der in der geöffneten Seitentür der Puma sitzt, sagt der Pilotin, ob sie mit dem Löschwasserbehälter (Bambi Bucket) mittig über dem Bassin (Fire Flex) schwebt. Dann lässt sie das leere Bucket per Winde ab, lässt dieses in der etwa 3,50 Meter breiten Öffnung kippen und füllt es so mit 2000 Litern Löschwasser. Mit der tonnenschweren Last am Haken dreht sie ab.

Während die Truppe samt Chef Thomas Nagler sowie Stellvertreter Marc Gerowitz früher in den Sommermonaten immer wieder zu Einsätzen nach Portugal und Frankreich gerufen wurde, sind es bei zunehmender Trockenheit in Deutschland inzwischen eher Walbdbrandlagen im Inland. Laut Gerowitz waren die Fuldataler 2022 unter anderem für zwei Wochen in der Sächsischen Schweiz mit einer Maschine im Einsatz – samt technischem Personal. Die Einheit aus Nordhessen verzeichnete 2022 insgesamt 24 Einsatztage bei Feuern in deutschen Waldgebieten. „In den letzten zwei, drei Jahren gab es mehr Einsätze als in den Jahren zuvor“, betont Gerowitz. „Wir können im gesamten Bundesgebiet eingesetzt werden.“
Pilot Hans Bäuml, der mit den Fuldatalern über Jahre Brände in Südeuropa löschte, berichtet von einem weiteren wichtigen Auftrag im vergangenen Jahr. Über einem Waldgebiet bei Darmstadt-Dieburg verhinderten die Mitglieder der Fliegerstaffel das Übergreifen der Flammen auf ein ehemaliges Munitionsdepot. Und bei Dillenburg sei die Feuerwalze von einer Hochebene auf eine Ortschaft zugelaufen, berichtet Bäuml.
Um möglichst häufig über das Zielgebiet fliegen zu können, sagt der 61-Jährige, habe man das Bambi Bucket aus einem Fire Flex betankt, genauso, wie es gerade trainiert wird. Während der Anflug zu einem Freizeitsee in der Nähe zehn Minuten gedauert hätte, seien es so nur zwei Minuten bis zum Feuer gewesen. „Wir kamen dadurch auf 240 Lifts à 2000 Litern an zwei Tagen.“ Gerowitz ergänzt: Das Befüllen aus dem Fire Flex, das immerhin 35 000 Liter fasst, sei der höchste Schwierigkeitsgrad in der Brandbekämpfung mit dem Hubschrauber. Immer wieder gerate der Behälter ins Schaukeln, berichten die Piloten. Da helfe nur, Ruhe zu bewahren und die Maschine über dem Bassin stehen zu lassen.
An diesem Tag üben übrigens nicht nur der Nachwuchs – wie Rahel Böhmig – und die Erfahrenen – wie Hans Bäuml. Auch der Stellvertreter steigt auf den Pilotensitz. „Ich muss vor einem Einsatz mindestens drei Umläufe mit einem Bambi Bucket absolvieren, um überhaupt in einen Einsatz gehen zu können“, erläutert er.
Und dann sprechen Gerowitz und seine Leute noch über die Anerkennung für ihre Arbeit. Da kommt echte Freude auf bei Piloten, Co-Piloten und Operatoren. Nicht nur eine Medaille und eine Urkunde vom Land Sachsen haben die Helfer nach dem kräftezehrenden Einsatz in der Sächsischen Schweiz bekommen. Auch direkt aus der Mitte der Bevölkerung gab es Anerkennung: Die Ultras von Dynamo Dresden äußerten sich lobend, berichtet der 49-Jährige. Bei einem Drittligaspiel nach dem Feuer rollten sie auf der Tribüne ein Banner mit einem Dank an die Helfer aus.
Übrigens: Am 3. September feiert die Fliegerstaffel 60. Geburtstag mit einem Tag der offenen Tür. (Sven Kühling)
