A44-Trasse: Studie warnt vor Lkw-Chaos

Kreis Kassel. Wenn die Autobahn 44, wie vom Land Hessen geplant, zwischen dem Südkreuz Kassel und der Anschlussstelle Kassel-Ost auf der A 7 geführt wird, droht ein Verkehrschaos großen Ausmaßes mit erheblichen Auswirkungen auf die Stadt Kassel.
Zu diesem Ergebnis kommt ein Gutachten, das die Firma Regio-Consult (Marburg/Friedrichshafen) im Auftrag der Bürgerinitiative (BI) Pro A 44 erarbeitet hat. In der Expertise warnen die Verkehrsplaner vor einem unerwartet großen Anstieg des Lkw-Verkehrs in dem Abschnitt. „Wir werden 2030 dort täglich in jedem Fall über 30.000 Lastwagen haben“, sagte Wulf Hahn von Regio-Consult im Gespräch mit der HNA.
Er warnt im Zusammenhang mit dem geplanten achtstreifigen Ausbau der A 7 bei Lohfelden vor einem „Flaschenhals, der zu großen Problemen führen wird“. Die Luftschadstoffwerte in Kassel würden durch die Zunahme des Verkehrs erheblich ansteigen.
Um diese Situation zu vermeiden, haben die Gutachter die von der BI favorisierte Alternative zu einem A44-Anschluss bei Kassel-Ost noch einmal genau unter die Lupe genommen. Ergebnis der vergleichenden Untersuchung von Lossetaltrasse und dem Zwischenkorridor (sogenannte H-Trasse): Die H-Trasse weist gegenüber der Lossetaltrasse verschiedene Vorteile auf und sollte daher als Alternative ernsthaft geprüft werden.
Die Alternativtrasse
Die Experten von Regio-Consult haben als Diskussionsgrundlage eine Alternativtrasse erarbeitet. Der Plan sieht vor, dass die A44 vom Südkreuz Kassel am Rand der Söhre entlang nach Osten weitergeführt wird. Dazu wäre der Umbau des Autobahndreiecks Kassel-Süd zu einem Autobahnkreuz notwendig. Zwischen Lohfelden-Vollmarshausen und Söhrewald-Wellerode würde eine 450 Meter lange Brücke den Fahrenbach
Aktualisiert um 17 Uhr.
queren. Hinzu kommt bei Vollmarshausen eine Querung des Heupelgrabens (300 Meter).
Bei Niederkaufungen ist der Bau einer Brücke über den Setzebach (210 Meter) vorgesehen. Aufwendigstes Bauwerk wäre laut Gutachter Hahn ein 975 Meter langer Tunnel im Bereich der Ziegelhütte bei Oberkaufungen.
Er sei aus Gründen des Naturschutzes notwendig, um eine Kolonie Bechsteinfledermäuse nahe der Ziegelhütte zu schützen. Am Ende des Tunnels, nahe der Kunstmühle, könnte die Alternativtrasse wieder auf die vom Land vorgeschlagene Trasse einschwenken. Diese führt am Rand des Stiftswaldes entlang zum Mariengrund bei Helsa. Die B 7 soll bei dieser Lösung, wie bereits vereinbart, als Umleitungsstrecke für die Autobahn erhalten bleiben - wahrscheinlich unter der Regie des Landkreises.
Die Kosten
Bei den Baukosten liegen die Vorzugstrasse des Landes und die H-Trasse nach den Berechnungen von Regio-Consult nicht weit auseinander. Für die H-Trasse hat der Planer Kosten von maximal 415 Millionen Euro errechnet. Die Variante des Landes wird mit 385 Millionen Euro angegeben. Allerdings kritisiert der Verfasser der Studie, dass das Land bislang keine aktualisierte Kostenschätzung für den Abschnitt Kassel-Helsa vorgelegt hat.
Die Söhretrasse
Eine Trasse durch die Söhre wurde zwar in den Vergleich einbezogen, wird als Alternative aber nicht verfolgt. Der Grund: Die Baukosten wären mit bis zu 667 Millionen Euro extrem hoch.
Autor Peter Ketteritzsch im Gespräch mit Radio HNA
Hintergrund: Die Lossetalstrasse des Landes
Die Lossetal-Variante sieht vor, die A44 auf der achtstreifig ausgebauten A7 zur Anschlussstelle Kassel-Ost zu führen. Diese soll zu einem Autobahndreieck umgebaut werden. Ein Problem ist der Anschluss des Gewerbegebiets Papierfabrik. Die Trasse berührt ein Teilstück des Schutzgebiets Lossewiesen (FFH-Gebiet), in dem der Schmetterling Ameisenbläuling lebt.
Was den Artenschutz angeht, ist auch der Bereich der Ziegelhütte bei Oberkaufungen problematisch. Dort gibt es eine Kolonie von Bechsteinfledermäusen. Ein weiterer Knackpunkt ist der Lärmschutz. Um das Problem im Bereich Kaufungen in den Griff zu bekommen, wird über eine Einhausung der Autobahn diskutiert. Von dem Verlauf der Trasse hängt zudem die Entwicklung potenzieller Wohnflächen im Süden Kaufungens (25 Hektar) ab.
Vorteile nach dem Gutachten
Hier liegen laut Gutachten die Vorteile der H-Trasse im Vergleich zur Lossetal-Variante:
• Lärm
• Luft
• städtebauliche Entwicklung
• Naherholung
• Klima
• Flora und Fauna
• FFH-Gebietsschutz
Hintergrund: die alternative H-Trasse der BI
Die H-Trasse, die am Waldrand von Söhre und Stiftswald entlang nach Oberkaufungen führen soll, muss im Hinblick auf Flora und Fauna sowie die Kosten noch geprüft werden. Vor allem die Kosten für die Brückenbauwerke, unter anderem über den Fahrenbach zwischen Vollmarshausen und Wellerode, müssen exakt berechnet werden. Bei Lohfelden- Crumbach tangiert die Alternativtrasse ein Wasserschutzgebiet. Die von den Gutachtern der Bürgerinitiative vorgeschlagene Anschlussstelle Oberkaufungen (nahe der Ziegelhütte) wurde noch nicht vertiefend geprüft. Nicht geklärt ist die Frage, in welchem Umfang Lärmschutz für Vollmarshausen erforderlich ist. Will heißen: Die H-Trasse, die bereits Mitte der 1990er-Jahre vom Land einmal verworfen wurde, müsste von Grund auf neu geplant werden.
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