Kreis Kassel. Schwerer Bandendiebstahl in zehn Fällen: So lautet der Vorwurf gegen einen 36-jährigen Rumänen, der derzeit auf der Anklagebank im Landgericht Kassel sitzt.
Als Staatsanwältin Ingrid Richter den Angeklagten Aurel C. fragt, ob er sich so sein Leben vorstelle, von einem Land ins nächste zu ziehen um dort Einbrüche zu begehen, da hat der 36-Jährige Tränen in den Augen. Seine Familie sei immer arm gewesen, er sei ohne Vater aufgewachsen, die Mutter habe nie gearbeitet, erklärt er sich. „Ich war jung, hatte damals keine Familie. Aber jetzt habe ich ein Mädchen und alles, was ich will, ist meine Tochter zu umarmen.“ Ein Jahr und sieben Monate ist die kleine Tochter alt. Ihren Vater hat sie noch nie gesehen. Aurel C. saß in Dänemark in Haft, als die Tochter geboren wurde. Dann wurde er nach Deutschland ausgeliefert.
Aurel C. wird vorgeworfen, als Teil einer rumänischen Bande in der Zeit vom 31. Mai bis zum 3. September 2016 an sogenannten „Blitzeinbrüchen“ in Tankstellen beteiligt gewesen zu sein. Laut Anklage handelt es sich um acht Tankstellen in Gudensberg, Fuldabrück, Hessisch Lichtenau, Waldkappel, Borken-Kerstenhausen, Neuental, Eiterfeld und Breuna, sowie eine Tabakwarenfirma in Nörten-Hardenberg. Bei den Einbrüchen soll die Bande Tabakwaren im Wert von 161.000 Euro erbeutet haben. Hinzu kommt ein Einbruch bei Wolfarth Motorgeräte in Hofgeismar, bei dem Kettensägen und Heckenscheren im Wert von 11.000 Euro entwendet wurden.
In sich zusammengesunken, mit hängenden Schultern sitzt Aurel C. auf der Anklagebank. Bei den Zeugenaussagen von zwei Komplizen bedeckt er immer wieder seine Augen. Gleich zu Beginn der Verhandlung gibt Aurel C. die Taten weitgehend zu. Er will aussagen, lässt er Richter Gerd Rinninsland über seine Dolmetscherin ausrichten, jedoch mit Einschränkung. Namen nennen will er nicht. Aus Angst vor seinen Bandenmitgliedern. Dass diese schon in separaten Verfahren teilweise rechtskräftig verurteilt sind und umfassende Aussagen gemacht haben, überzeugt ihn nicht.
Stockend erzählt C., wie er im Mai 2016 nach Kassel kam. Mit dem Stehlen habe er begonnen, weil er keine Arbeit fand. In Rumänien hatte er sich Geld geliehen, um nach Deutschland zu kommen. Das Geld hätte er zurückzahlen müssen, und so ließ er sich überreden, bei den Diebstählen mitzumachen. Die Überfälle fanden immer nachts statt, wenn die Tankstellen geschlossen waren. Die Vorgehensweise der Bande war immer die gleiche, wie ein ermittelnder Kriminaloberkommissar bei seiner Zeugenaussage erklärt. Meist brach die Bande die Schreibe zum Verkaufsraum mit einer Spitzhacke auf und verstaute die Zigarettenschachteln in einer großen Plane, die an beiden Enden verklebt wurde.
Aurel C. konnte als Mittäter identifiziert werden, weil seine DNA-Spuren zu mehreren Tatorten passten. „Außerdem sind Sie von der Polizei fotografiert worden, als Sie unterwegs waren“, klärt der Richter ihn auf. Vermutlich wird am Montag das Urteil gegen den 36-Jährigen gesprochen.
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