Kommt Kurve Kassel nun per Gesetz? Kritik von Bürgerinitiativen und Abgeordneten

Wird die Kurve Kassel über die Köpfe ihrer Gegner hinweg beschlossen?
Auch wenn diese Frage zum jetzigen Zeitpunkt noch mit Nein beantwortet werden muss, könnte das Gesetzesvorhaben von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) dafür sorgen, dass die Kurve Kassel gebaut wird.
Die Bürgerinitiativen aus Vellmar, Fuldatal und Espenau sind empört darüber und haben bereits Widerstand angekündigt.
Kommt Kurve Kassel nun per Gesetz?
Grund für den Unmut ist das sogenannte Genehmigungsbeschleunigungsgesetz. Es soll die Umsetzung von „wichtigen umweltfreundlichen Verkehrsprojekten“ beschleunigen und die Akzeptanz in der Bevölkerung erhöhen.
Damit sollen Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag und dem Klimaschutzprogramm 2030 der Bundesregierung umgesetzt werden, heißt es aus dem Ministerium.
Das Brisante: In dem vom Bundeskabinett vorgelegten Entwurf wurde nachträglich die Kurve Kassel aufgenommen. „Dass Planungsprozesse zu lang dauern und beschleunigt werden müssen, ist richtig, im Koalitionsvertrag standen aber nur fünf Projekte drin“, kommentiert der SPD-Bundestagsabgeordnete Timon Gremmels auf HNA-Anfrage.
Gemeinsam mit der Bundestagsabgeordneten Esther Dilcher (SPD) habe Gremmels erst aus einer Pressekonferenz davon erfahren: „Das ist kein anständiger Umgang unter Koalitionspartnern und in keiner Weise vertrauensbildend.“ Die heimischen Bundestagsabgeordneten haben Minister Scheuer in einem Brief gerügt und zu einer Stellungnahme aufgefordert.
Auch die drei Bürgerinitiativen fragen sich, warum die Kurve Kassel nachträglich in den Gesetzentwurf aufgenommen wurde. „Es scheint zumindest so, dass das Ministerium vom geschlossenen Widerstand der Bevölkerung gegen die Kurve Kassel beeindruckt ist“, vermutet Klaus Werner, Sprecher der Vellmarer BI.
Kritik von Bürgerinitiativen und Abgeordneten
Dem Petitionsausschuss des Bundestags liegen aktuell zwei Petitionen vor, die sich gegen die Trassenführung im Raum Kassel aussprechen. Sie fordern stattdessen, den Ausbau der Strecke Altenbeken-Northeim-Nordhausen als Alternative gleichwertig zu prüfen (wir berichteten).
Werner hält es für absurd, dass eine unmittelbare Beschlussfassung zu Verkehrsprojekten durch den Bundestag zu einer größeren Akzeptanz in der Bevölkerung beitragen soll.
„Es kann doch nicht ernsthaft angenommen werden, dass die wenigen Bundestagsabgeordneten, die sich im Verkehrsausschuss neben vielen anderen Dingen mit diesen Projekten befassen, mehr Vertrauen erzeugen als eine Behörde, die sich ständig mit solchen Planungsverfahren befasst.“
Für den BI-Sprecher ist klar: „Mit dem Gesetz soll ein effektiver Rechtsschutz der Bevölkerung ausgehebelt werden.“
Die Deutsche Bahn sieht in dem Planungsbeschleunigungsgesetz einen großen Schritt und die Möglichkeit, dass neue Schienenprojekte aus dem Bundesverkehrswegeplan bis zu fünf Jahre schneller fertiggestellt werden.
„Wir werden den Investitionshochlauf mit dem Bund – mit dem wir zu allen Themen im engen Austausch sind – auf dieser Basis voranbringen. An der frühzeitigen Bürgerbeteiligung ändert sich dabei nichts“, sagt ein Unternehmenssprecher.
Die für Montag, 18. November, geplante Infoveranstaltung soll stattfinden. Dort will die Bahn den Mitgliedern des Runden Tisches den Sachstand zur Kurve Kassel darstellen.
Das steht im Gesetzentwurf
Mit dem neuen Gesetz soll das Planungsverfahren beschleunigt werden, in dem der Bundestag Maßnahmengesetze für einzelne Verkehrsprojekte erteilen kann.
Insgesamt sollen per Gesetzgeber fünf Wasserstraßen- und sieben Schienenprojekte schneller umgesetzt werden können.
Wenn der Bundestag dem Gesetzesentwurf zustimmt, ist die Grundlage für die Maßnahmengesetze geschaffen. Anschließend werden die zwölf Projekte nach dem neuen Verfahren geplant und vorbereitet.
Danach wird für jedes Projekt ein Gesetzgebungsverfahren zur Genehmigung des Projekts eingeleitet.
So sollen Verkehrsprojekte künftig genehmigt werden
Das Verfahren zur Vorbereitung der Maßnahmengesetze lehnt sich an das Planfeststellungsverfahren an.
- Alle Umweltprüfungen werden vorgenommen. In Sachen Umwelt gibt es keine Abstriche.
- Die Öffentlichkeit erhält weiterhin die Möglichkeit zur frühzeitigen Stellungnahme und Erörterung.
- Die Öffentlichkeitsbeteiligung wird sogar in drei Punkten gestärkt: Erstens findet sehr frühzeitig ein erster verbindlicher Termin mit der Öffentlichkeit statt. Zweitens muss bei der Festlegung des Untersuchungsrahmens die Öffentlichkeit mit einem weiteren Termin eingebunden werden. Drittens kann auf den Erörterungstermin nicht verzichtet werden.
- Nach Prüfung aller zulassungsrelevanten Vorschriften und Aufnahme aller Einwendungen wird ein Abschlussbericht erstellt und das Gesetzgebungsverfahren eingeleitet.