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Long-Covid nach Corona-Impfung?

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Von: Daniel Göbel

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Befindet sich seit seiner Corona-Schutzimpfungen wegen verschiedenen Krankheitssymptomen in ärztlicher Behandlung: Michael Holzski aus Schauenburg-Martinhagen.
Befindet sich seit seiner Corona-Schutzimpfungen wegen verschiedenen Krankheitssymptomen in ärztlicher Behandlung: Michael Holzski aus Schauenburg-Martinhagen. © Daniel Göbel

Ein Mann aus Schauenburg glaubt, dass er durch seine Corona-Schutzimpfung Long-Covid-Symptome erlitten hat. Dem Paul-Ehrlich-Institut und dem hessischen Sozialministerium liegen solche Informationen nicht vor. Doch auch über ähnliche Fälle wurde bereits berichtet.

Schauenburg – Als Michael Holzski aus dem Schauenburger Ortsteil Martinhagen vor gut einem Jahr seine erste Corona-Schutzimpfung bekommen sollte, war er voller Hoffnung auf mehr Sicherheit und Freiheit. Doch direkt nach der Impfung mit dem Präparat von Astra Zeneca folgen plötzlich Symptome, die über das normale Maß an Nebenwirkungen hinausgehen, wie sein Hausarzt später in seinem Bericht protokolliert. Nach einigen Tagen gehen Fieber, Schüttelfrost, Gliederschmerzen und Abgeschlagenheit zwar zurück, jedoch leide er bis heute unter verschiedenen Symptomen, wie Bluthochdruck, Schwindelanfällen und Erschöpfung, berichtet Holzski, der als Praxismanager im Kasseler Marienkrankenhaus arbeitet. Der Schauenburger lässt sich anschließend von verschiedenen Fachärzten untersuchen und wird zweimal stationär zu Untersuchungen im Marienkrankenhaus und im Universitätsklinikum Essen aufgenommen. Wegen der heftigen Impfreaktionen attestiert ihm sein Hausarzt, dass der Verdacht auf eine Impfkomplikation vorliege und meldet den Fall an das Paul-Ehrlich-Institut.

In seinen Ärzteberichten ist von „Long-Covid-ähnlichen Symptomen“ zu lesen. Für Holzski können die Symptome nur Folge der Impfung sein. „Ich hatte vorher nie Probleme mit den Symptomen, mit denen ich heute zu kämpfen habe“, sagt der 45-Jährige, der seine Arbeit noch immer nicht wieder aufnehmen konnte. „Vor der Impfung habe ich viel gearbeitet und war leistungsfähig. Sobald ich jetzt auch nur den kleinsten Hauch von Stress spüre, steigt mein Blutdruck und mir wird Schwarz vor Augen.“

Holzski kämpft nun dafür, dass seine Symptome auch als Folge der Impfung anerkannt werden. Seine Ärzte legen sich den Diagnoseberichten zufolge nicht so genau fest und sehen beim Blutdruck keinen Zusammenhang zur Impfung. Die anderen Symptome werden als „Impffolge“ ohne weitere Behandlung bezeichnet. Er fragt seine Krankenkasse, das Paul-Ehrlich-Institut, das Robert-Koch-Institut und auch den Hersteller Astra Zeneca nach Rat, jedoch habe man ihm keine Anlaufstellen nennen können, an die er sich wenden könnte.

In Presseberichten stößt Holzski auf ähnliche Fälle. Etwa den von Felicia Binger, die gegenüber dem Hessischen Rundfunk ebenfalls über Long-Covid-Probleme nach ihrer Impfung berichtet. Auch sie fühlt sich demnach mit ihren Symptomen allein gelassen. Rat findet sie am Universitätsklinikum Erlangen, wo man sich schon länger intensiver mit dem Thema Long-Covid auseinandersetzt. Bei wenigen Einzelfällen könnte durch die Impfung offenbar Long-Covid ausgelöst werden. Aktuell würden an der Uniklinik Erlangen in diesem Zusammenhang zwei Patienten genauer untersucht, heißt es. Eine Anfrage an den Leitenden Oberarzt Professor Christian Mardin blieb unbeantwortet.

Dem hessischen Sozialministerium hingegen lägen keine Erkenntnisse über mögliche Long-Covid-Erkrankungen nach einer Corona-Schutzimpfung vor, teilt das Ministerium auf Anfrage mit. Zentrale Anlaufstelle sei das Paul-Ehrlich-Institut, das die Sicherheit von Impfstoffen und biomedizinischen Arzneimitteln überwacht. Meldungen zu unerwünschten Arzneimittelwirkungen würden dort gesammelt und bewertet (siehe Hintergrund). Nach dem Infektionsschutzgesetz ist der Verdacht einer übermäßigen Impfreaktion meldepflichtig. Die Kriterien für eine Anerkennung von Impfschäden seien nachgewiesene, schwere, gesundheitliche Folgen, die länger als sechs Monate andauern. Die Beweislast liege bei dem Patienten, der im Falle einer Anerkennung der Schäden eine Entschädigung erhalten könnte.

Michael Holzski will dennoch weiter für eine Anerkennung kämpfen und zudem eine Selbsthilfegruppe ins Leben rufen. Über die E-Mail-Adresse probleme-nach-impfen@web.de könnten sich Menschen an ihn wenden, die unter ähnlichen Symptomen leiden.

Das sagt das Paul-Ehrlich-Institut

Verdachtsfallmeldungen an das Paul-Ehrlich-Institut seien außerordentlich wichtig, um Hinweise auf Risikosignale für mögliche – auch seltene – schwerwiegende Nebenwirkungen frühzeitig zu erkennen, erklärt Institutssprecherin Susanne Stöcker auf Nachfrage. Das Paul-Ehrlich-Institut könne und dürfe als nicht-klinische Einrichtung aber weder medizinische Beratung anbieten, noch Empfehlungen zur Diagnose und Therapie geben. Das könnten nur die behandelnden Ärzte, die gegebenenfalls Patienten an Facharztpraxen überweisen.

Das Paul-Ehrlich-Institut nehme Meldungen wie die von Michael Holzski sehr ernst, habe aber bislang kein Risikosignal erkennen können, das in Verbindung zu einem Impfstoff stehe. „Methodisch sind Untersuchungen solcher Symptome, wie sie bei Long-Covid beobachtet werden, nicht trivial. Das Paul-Ehrlich-Institut hat bereits mit entsprechenden Planungen für eine methodisch robuste Untersuchung begonnen und steht in Kontakt mit Experten verschiedener Universitäten“, erläutert Stöcker. Auch auf Ebene der Europäischen Union gebe es bisher keine Hinweise auf ein Risikosignal für Long-Covid nach Covid-Impfungen.

Verdachtsfallmeldungen können auch von Betroffenen und deren Angehörigen selbst an das Paul-Ehrlich-Institut erfolgen – über das Portal nebenwirkungen.bund.de – die meldende Person kann entscheiden, ob die Meldung anonym erfolgt oder ob für mögliche Nachfragen Kontaktdaten angegeben werden. Die personenbezogenen Daten würden bei Übernahme in die Datenbank in jedem Fall entfernt. (Daniel Göbel)

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