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Mitmischen in der Männerdomäne: 26-jährige Helena Schefski ist Jungjägerin

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Von: Moritz Gorny

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Um einen Keiler auch in freier Wildbahn mit einem sauberen Schuss zu treffen, übt Jungjägerin Helena Schefski regelmäßig auf dem Schießstand der Kasseler Jägerschaft Hubertus. Dann aber mit Gehörschutz.
Um einen Keiler auch in freier Wildbahn mit einem sauberen Schuss zu treffen, übt Jungjägerin Helena Schefski regelmäßig auf dem Schießstand der Kasseler Jägerschaft Hubertus. Dann aber mit Gehörschutz. © moritz gorny

Jagd liegt im Trend: Seit Jahren sind die Lehrgänge schnell ausgebucht und auch immer mehr Frauen interessieren sich für das Grüne Abitur. Wir stellen eine Jungjägerin vor.

Kreis Kassel – Als Helena Schefski am Schießstand auftaucht, trägt sie hochhackige Schuhe, eine schwarze Hose, eine schwarz-weiß-gestreifte Bluse und einen beigen Mantel. Kurz darauf ist sie wie ausgewechselt: Wanderschuhe, robuste Hose und Fleece-Jacke in Olivgrün, Holzfällerhemd und Hut. In einer Tasche, mit einem Schloss versehen, trägt sie ihre Waffe, eine Büchse. Die 26-Jährige ist Jungjägerin und hat ihren Schein 2021 gemacht.

Jagd liegt im Trend, sagt die junge Frau. „Viele wollen wissen, wo ihre Lebensmittel herkommen und sich besser mit der Natur auskennen.“ Vor allem Frauen rückten nach und wollten auch in den Jagdvereinen Verantwortung übernehmen. „Bisher ist es noch eher eine Männerdomäne, aber das ändert sich.“

Dass sie selbst das Grüne Abitur hat, hat mehrere Gründe. Schefski ist ein Dorfkind aus dem Großalmeröder Ortsteil Uengsterode, das viel im Wald gespielt hat und früh mit der Natur in Berührung gekommen ist. Später wuchs in ihr der Wunsch, mehr darüber zu erfahren. „Ich wollte wissen, welcher Baum da blüht und welches Tier da langgelaufen ist.“ Außerdem hatte sie Lust, für ihr eigenes Essen zu sorgen. Da ihr Vater obendrein Jagdvorsteher in Uengsterode wurde, lag der Jagdschein nahe.

Gesagt, aber nicht leicht getan: Zähne den Wildtieren zuordnen, über Munitionstypen Bescheid wissen, Bäume anhand von Rinde, Blättern und Früchten bestimmen, das Jägervokabular erlernen. „Das ist eine Menge zu büffeln“, sagt Schefski. Parallel schrieb sie ihre Bachelor-Arbeit in sozialer Arbeit. Auf die leichte Schulter nehmen konnte sie das nicht. Apropos Schulter: Training mit Waffen war natürlich auch angesagt. „Beim ersten Schießen mit einer Schrotflinte habe ich mir die rechte Schulter ausgekugelt“, erzählt Schefski. Den Schießkurs hat sie trotzdem noch absolviert, wie sie nicht ohne Stolz sagt.

Heute mischt Schefski in der Kasseler Jägerschaft Hubertus mit. Mit anderen Mitgliedern kümmert sie sich um die Grünanlage und die Pflege des Schießstands zwischen Kaufungen und Helsa. Fast täglich hat sie mit Vereinsangelegenheiten zu tun. Dazu übt sie regelmäßig das Schießen und ist in einem Revier in Gudensberg unterwegs. „Das Ganze soll nicht zum Stressfaktor werden, sondern Spaß machen“, betont Schefski, die alles rund ums Jagen als Ausgleich zum Beruf sieht. Die selbstständige rechtliche Berufsbetreuerin genießt die frischen Luft, ebenso wie Kontakt mit Menschen im Verein.

Dann ist da aber noch die eigentliche Jagd, und da wird sie im Gespräch ernst: „Uns ist bewusst, wir schießen auf Lebewesen und entscheiden über Leben und Tod“, sagt Schefski. Wahllos passiere das nicht. Jeder Schuss sei gut durchdacht. „Ich überlege dreimal, bevor ich abdrücke.“ Für das Jagdrevier gebe es einen Abschussplan, der als Leitfaden dient. „Der wird uns von der Unteren Jagdbehörde vorgegeben und dort muss auch jedes geschossene Tier gemeldet werden.“

Außerdem macht Schefski deutlich, dass sie das Gleichgewicht der jeweiligen Tierarten im Blick hat. Drohe eine Art sich zu üppig zu vermehren, auch im Sinne des Nahrungsangebotes, könnten Jäger eingreifen. Auch dann, wenn das Wild krank ist. „Für die Tiere gibt es schließlich keinen Tierarzt.“

Mit dem bestenfalls tödlichen Schuss durch Herz und Lunge geht die Arbeit aber erst richtig los, sagt Schefski. Aufbrechen und nicht gewünschte Organe herausnehmen, die andere Tiere fressen können und diese verstecken. Das restliche Tier mitnehmen, zuhause aufhängen und sauber machen, ausbluten lassen, zerwirken (grobe Teile abschneiden) und veredeln (feine Stücke abschneiden). Dann alles verarbeiten und einfrieren. Was für andere eklig klingen mag, ist für Schefski mittlerweile Routine. „Da hilft mir vielleicht auch, dass ich ein FSJ in der Pathologie gemacht habe.“

Für ihr Erjagtes hat die 26-Jährige eine eigene Tiefkühltruhe. Besseres Fleisch bekomme man nur schwer: „Es ist regional, saisonal und ohne Chemie.“

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