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Nach Überfällen auf Getränkemärkte und Tankstelle: Haft für Niestetaler

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Von: Thomas Stier

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Provisorium: Unser Bild zeigt den Getränkemarkt in Sandershausen am 23. Februar 2016. Einen Tag zuvor hatte der Angeklagte dort zugeschlagen. Damals befand sich der Getränkemarkt aufgrund von Bauarbeiten in einem Container.
Provisorium: Unser Bild zeigt den Getränkemarkt in Sandershausen am 23. Februar 2016. Einen Tag zuvor hatte der Angeklagte dort zugeschlagen. Damals befand sich der Getränkemarkt aufgrund von Bauarbeiten in einem Container. © Archivfoto: Shuhaiber

Kassel/Niestetal. Ein 30-jähriger Niestetaler hatte drei Getränkemärkte und eine Tankstelle überfallen, um Geld für Drogen zu besorgen. Nun bekam er dafür die Quittung vor dem Kasseler Landgericht.

Zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren wegen räuberischer Erpressung hat die 5. Strafkammer des Landgerichts einen 30-jährigen Mann aus Niestetal verurteilt.

Dem Urteil war eine Verständigung zwischen allen Prozessbeteiligten vorausgegangen, die eine Mindeststrafe von fünf und eine Höchststrafe von sechs Jahren vorgesehen hatte. Weniger, so Richter Jürgen Stanoschek, sei auch deshalb nicht möglich, weil viele der überfallenen Angestellten bis heute stark traumatisiert seien.

Der junge Mann („Ich bin seit meiner Jugend ein Kiffer.“) hatte gestanden, in Niestetal und Waldau drei Getränkemärkte von Edeka und Rewe sowie die Jet-Tankstelle in Sandershausen überfallen zu haben. Dabei hatte er insgesamt rund 3600 Euro Bargeld erbeutet, die er direkt zur Finanzierung seiner Sucht und der seiner damaligen Freundin eingesetzt habe.

Nachdem er zum Prozessauftakt noch geschwiegen hatte, räumte er am Montag auf Anraten seines Verteidigers Bernd Pfläging alle Taten so wie angeklagt ein. Das ersparte dem Gericht eine aufwendigere Verhandlung und brachte dem Niestetaler einen Strafrabatt von bis zu zwei Jahren ein.

Zwischen Dezember 2015 und August 2016 hatte der Mann maskiert und mal mit einem Messer, mal mit einer Spielzeugpistole bewaffnet seine Beutezüge gestartet. Zudem brach er in die Räume der Niestetaler Feuerwehr und in das Bootshaus an der Marina ein, wo ihm neben kleinen Bargeldbeträgen ein großer Flachbildfernseher in die Hände fiel, den er nur unter großen Anstrengungen heimschleppen konnte.

Lebensgefährtin brachte Polizei auf die Spur

Auf seine Spur war die Polizei durch die Aussage der Lebensgefährtin des Angeklagten gekommen. Als die von einem Krankenhaus-Aufenthalt heimkam, fand sie Einbruchspuren an der Wohnungstür, ging zur Polizei und informierte die Beamten gleich auch noch über die Überfälle ihres Partners.

Der erzählte am Montag freimütig, dass er nichts gelernt, aber sein ganzes Leben Haschisch und Marihuana geraucht habe. Als das gemeinsame Kind geboren wurde, wollten die jungen Eltern die Illegalität verlassen und sattelten von Cannabis auf die sogenannten „Legal Highs“ um, die sie fortan per E-Zigarette konsumierten.

Anfangs hätten die in fester und flüssiger Form gekauften legalen Drogen für rund 60 Euro eine Woche gereicht, später nur einen Tag. Als das Geld knapp wurde, sei er einfach in der Sandershäuser Nachbarschaft auf Raubzug gegangen, sagte der 30-Jährige am Montag aus.

Der Entzug des Rauchmittels habe zu ständigem Erbrechen geführt, deshalb sei der Geldbedarf einfach zu drängend gewesen. Die Kammer ordnete am Montag die Unterbringung des Angeklagten, der seit über neun Monaten in Untersuchungshaft sitzt, in einer Entziehungsanstalt an.

Drogen bringt der Briefträger

Der Umstieg auf die legalen Drogen aus der E-Zigarette hat das Paar offenbar in eine neue Abhängigkeit getrieben. Der Unterschied: Die im Netz bestellten Liquide kommen frei Haus: „Die bringt der Briefträger bis zur Tür. Dass so was legal ist“, staunte der Angeklagte vor Gericht. Dabei wirkten die „Legal Highs“ stärker als Haschisch. „Ich dachte, das wäre legales Kiffen“. Nach zwei Zügen werde man weiß im Gesicht und falle um. Die Sucht käme schnell: „Man wird extrem süchtig und wenn man es absetzt, liegt man nur noch auf dem Boden und kotzt.“ Heute schäme er sich für seine Taten, sagte der nicht vorbestrafte Mann, aber: „Wenn man raucht, denkt man an nichts anderes mehr.“ Dann gehe es nur noch darum, Geld für die nächste Ration zu bekommen. 

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