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Der Richter und sein Helfer: Das macht ein Schöffe

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Von: Raphael Digiacomo

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Dietmar Speckmann sitzt an seinem Schreibtisch. Der 81-Jährige ist Vorsitzender des Ortsgerichts Elgershausen. Zusätzlich war der pensionierte Offizier der Bundeswehr viele Jahre Schöffe am Amtsgericht Kassel.
Dietmar Speckmann sitzt an seinem Schreibtisch. Der 81-Jährige ist Vorsitzender des Ortsgerichts Elgershausen. Zusätzlich war der pensionierte Offizier der Bundeswehr viele Jahre Schöffe am Amtsgericht Kassel. © Raphael Digiacomo

Menschen stehen im Mittelpunkt: Dietmar Speckmann teilt Erfahrungen als Schöffe und Ortsgerichtsvorsteher in Elgershausen.

Schauenburg – In immer mehr Städten und Kommunen werden händeringend Schöffen gesucht. Doch was macht ein Schöffe eigentlich? Wie haben Dietmar Speckmann gefragt, der 15 Jahre Schöffe am Amts- und Landgericht in Kassel war. Heute ist der pensionierte Oberstleutnant der Bundeswehr zudem Vorsitzender des Ortsgerichts Elgershausen in Schauenburg.

„Als Schöffe begleitet man circa sechs Gerichtsprozesse im Jahr und entscheidet letztlich zusammen mit einem weiteren Schöffen und vor allem dem Richter über das Urteil, beziehungsweise das Strafmaß“, erklärt Dietmar Speckmann. Worum es im Prozess geht, erfahre der Schöffe erst am Tag des Prozessauftaktes im persönlichen Gespräch mit dem Richter. „Bei den meisten Fällen gibt es ein Spektrum möglicher Urteile“, sagt Speckmann. „Haftstrafen können beispielsweise von sechs bis acht Jahren reichen. Wie das Urteil dann ausfällt, das besprechen und entscheiden die Schöffen dann vor der Urteilsverkündung gemeinsam mit dem Richter.“

Den können sie im Zweifelsfall auch mal überstimmen, was allerdings eine seltene Ausnahme darstelle. „Manchmal dauert dieser Prozess zwei, drei Stunden, aber in Extremfällen auch mal ein Jahr“, sagt der 81-Jährige. Für das Amt müsse man „sattelfest sein und den Rechtsstaat verteidigen wollen“. Über das Schicksal von Menschen mitzuentscheiden erfordere Mut, Augenmaß und Verantwortungsbewusstsein. Daher muss eine Person für das Ehrenamt geeignet sein.

Und wie wird man Schöffe? „Man meldet sich bei der Gemeinde, die den Vorschlag ins Parlament einbringt. Stimmt die Gemeindevertretung zu, wird man dem Gericht vorgeschlagen.“ Dieses prüfe den Bewerber und teile ihn anschließend beispielsweise dem Amts-, Land- oder Jugendgericht zu.

Seit nunmehr 28 Jahren kümmert sich Speckmann zudem als Vorsitzender des Ortsgerichts Elgershausen nahezu täglich im Dorf um Amtshandlungen und rechtliche Angelegenheiten seiner Mitbürger. „Über 6500 Fälle habe ich in dieser Zeit bereits bearbeitet“, sagt Speckmann. „Die meisten davon waren Beglaubigungen, Sterbefälle und Schätzungen.“

Anfang des Jahres wurde Speckmann für sein außergewöhnliches Engagement das Bundesverdienstkreuz am Bande verliehen. Ob er die zugehörige Ehrennadel auch trägt? „Bei seltenen, besonderen Anlässen, aber ich bin keiner, der sowas gerne zur Schau stellt.“ Viel mehr ginge es ihm darum, seinen Mitmenschen in der Bearbeitung von rechtlichen Angelegenheiten zur Seite zu stehen, ihnen in schweren Momenten zu helfen. „Die Menschen stehen im Mittelpunkt, ihnen zu helfen und zur Seite zu stehen ist Sinn und Zweck des Amtes“, erklärt Speckmann sein Ehrenamt. Juristische Beratung bleibe jedoch Anwälten und Notaren vorbehalten.

Ohne seine Frau hätte Dietmar Speckmann die Ämter nie wahrnehmen können. Sie erledigt die Schreibarbeit. Noch für zwei Jahre, denn „dann überlasse ich jüngeren den Platz“.

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