Vellmarer Dokumentarfilmer ist auf Spur von gesunkener MS Georg Büchner

Vellmar. Das Schiff MS Georg Büchner sank 2013 vor der polnischen Küste. Ein Vellmarer befasst sich mit den mysteriösen Umständen des Vorfalls.
Langsam verschwindet das 154 Meter lange und 20 Meter breite Schiff am Horizont der Ostsee im Nebel. Es sind die letzten Bilder, die es von der MS Georg Büchner auf hoher See gibt. Aufgenommen hat sie Merlin Franke. Jedes Mal, wenn der Vellmarer seinen Laptop öffnet, sieht er dieses Bild. Ein Sehnsuchtsbild.
Elf Jahre lang ist Franke zur See gefahren. „Schon als Kind wusste ich, dass ich Seemann werden will.“ Vom Kadett zum Matrosen und Offizier durchläuft er alle Stationen, ist ausgebildeter Diplom-Ingenieur Seeverkehr. „Ich hatte eine super Zeit“, sagt Franke. Die jedoch aus gesundheitlichen Gründen ein Ende nimmt. Heute arbeitet er als freischaffender Mediengestalter in Vellmar, moderiert eine Sendung im Offenen Kanal und arbeitet an seinem ersten Dokumentarfilm.
Als er vom Schicksal der MS Georg Büchner erfährt, ist ihm sehr schnell klar: „Das ist mein Thema.“ Und so steht der 41-Jährige am 28. Mai 2013 auf einem der Schlepper, der das ehemalige Fracht- und Ausbildungsschiff auf seine letzte Reise schicken soll. Nach vielen Protesten und langem Hin und Her soll das Traditionsschiff nach Klaipeda in Litauen gebracht werden, wo es an einer Pier seine vorerst letzte Station finden soll. Doch dort ankommen wird das Schiff nie.

Die MS Georg Büchner hat zu diesem Zeitpunkt schon ein sehr bewegtes Leben auf See hinter sich. 1950 in Belgien gebaut, war es ein sogenanntes Kongo-Boot, ein kombiniertes Passagier- und Frachtschiff, das unter dem Namen Charlesville zwischen Belgien und dem Kongo verkehrt. 1967 wird das Schiff in die ehemalige DDR verkauft und in Georg Büchner umbenannt. Es wird zehn Jahre lang als Fracht- und Ausbildungsschiff genutzt, bis es 1977 in Rostock festgelegt wird. Dort fungiert es eine Zeit als stationäres Ausbildungsschiff und Internat und wird zu einem Wahrzeichen der Stadt.
Anfang der 2000er-Jahre wird die Georg Büchner vom Förderverein Traditionsschiff übernommen und zum Hotelschiff umgebaut. Ende 2012 wird bekannt, dass der Trägerverein insolvent ist und die Georg Büchner verkauft werden soll. Der Insolvenzverwalter verkauft das Schiff an „eine ominöse Firma“, wie Franke erzählt. Bis heute sei nicht klar, wer dahinter steckt.
Er erlebt die Proteste gegen den Verkauf vor Ort in Rostock. „Das war eine riesige Debatte in der Stadt“, sagt der Vellmarer. Zu dieser Zeit absolviert er seine Ausbildung zum Mediengestalter an einer privaten Schule in Rostock. Merlin Franke ist zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort. Denn Seefahrt und das Filmen – das sind seine zwei großen Lebensthemen. Schon als Kind habe er eigene Theaterstücke auf Video gebannt. Deshalb fällt ihm auch der Schritt von der Seefahrt zum Filmen leicht, ist für ihn eine logische Weiterentwicklung.

Er filmt die Protestaktionen im Vorfeld der Verschiffung, spricht mit Menschen, die Zeit auf der Georg Büchner verbracht haben. Überredet den Kapitän des Schleppers, ihn mitzunehmen, wenn das Schiff seine letzte Reise antritt.
In Litauen kommt das Schiff nie an. Zwei Tage, nachdem es am Morgen des 28. Mai den Rostocker Hafen Richtung Osten verlassen hat, sinkt das Schiff aus bisher ungeklärter Ursache vor der Küste Polens. „Es gibt tausend Spekulationen, was genau passiert ist“, sagt Franke. Sogar von Versicherungsbetrug ist die Rede und von ominösen Briefkastenfirmen auf den Seychellen, wie es in der Presse zu der Zeit heißt.
Franke hat sich die vergangenen sechs Jahre intensiv mit dem Thema befasst und weiß, dass es vermutlich nie eine abschließende Antwort geben wird. Aber eins ist für ihn ganz klar: Er will einen Dokumentarfilm über das Leben und das Ende der Georg Büchner drehen. Es ist ein Herzensprojekt, dass er nicht aus der Hand geben will, deshalb möchte er auch ungern mit einer Produktionsfirma zusammenarbeiten. „Die nehmen einem das Heft aus der Hand.“ Polen hat die Ermittlungen in dem Fall, die unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfanden, mittlerweile eingestellt. „Die ruhen genauso wie die Georg Büchner auf dem Grund des Meeres“, sagt der Filmemacher. Vielleicht kann er irgendwann das Geheimnis heben.
Crowdfunding-Kampagne für Dokumentarfilm
Bisher hat Merlin Franke die gesamten Kosten für sein Dokumentarfilm-Projekt aus eigener Tasche bezahlt, aber die Ersparnisse sind mittlerweile aufgebraucht. Für weitere Crewmitglieder, für Postproduktion und Technik, die gemietet werden muss, fehlt ihm das Geld. „Die Interviews sind die letzten Puzzel-Teile für den Film“, sagt Franke. Aus diesem Grund hat er eine Crowdfunding-Kampagne auf Startnext ins Leben gerufen. Er hofft, so 10.000 Euro zusammenzubekommen. Wer das Projekt finanziell unterstützen möchte, kann dies noch bis Sonntag, 31. März, auf Startnext tun: www.startnext.com/charlesville-georgbuechner Wer in anderer Art und Weise, zum Beispiel unentgeltlich das Projekt unterstützen möchte, kann sich per Mail bei Merlin Franke melden unter: GeorgBuechner-Charlesville@myriamfrankeproductions.de