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Biber sorgt für Konflikte: Dämme in der Region zerstört

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Von: Damai Dewert

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Biber breiten sich in der Region immer weiter aus. Gleich zwei Exemplare wurden im Raum Spangenberg fotografiert.
Biber breiten sich in der Region immer weiter aus. Gleich zwei Exemplare wurden im Raum Spangenberg fotografiert. © Privat

Die Biberpopulation im Schwalm-Eder-Kreis wächst. Carolin Bräuer, bei der Oberen Naturschutzbehörde zuständig für das Bibermanagement, schätzt die Zahl der Tiere auf 100, die sich auf 20 bis 30 Reviere im Landkreis verteilen.

Schwalm-Eder – So gut diese Nachricht aus Natur- und Umweltschutzsicht ist, birgt die Entwicklung auch Konfliktpotenzial. Für die Ansiedlung des streng geschützten Bibers brauche es viel Akzeptanz – insbesondere bei den Landwirten, sagt sie.

Der Biber greife regelmäßig umfangreich in seine Umwelt ein. Einen Großteil ihrer Arbeitszeit verbringe sie mit Informationsgesprächen und Mediation – also Krisenmanagement. Leider sei es in den zurückliegenden Monaten dennoch zu etwa zehn Fällen von Vandalismus im Regierungspräsidiumsbezirk gekommen. Das heißt, Dämme und Biberbauten seien mutwillig zerstört wurden – so jüngst auch in Spangenberg.

Das ist jedoch alles andere als ein Kavaliersdelikt: Die Zerstörung von Bauten und Dämmen ist verboten. Es handelt sich dabei um eine Ordnungswidrigkeit, die mit einer Geldbuße von bis zu 50 000 Euro oder bei vorsätzlichem Handeln um eine Straftat, die mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren geahndet werden kann.

Einen Biber zu töten ist eine Straftat

Wird ein Biber bei solch einem Vorfall tödlich verletzt, handele es sich sicher um eine Straftat und es werde direkt die Staatsanwaltschaft eingeschaltet, sagt Bräuer. Um es nicht so weit kommen zu lassen, seien vorbeugende Schritte möglich. So ließen sich beispielsweise Überschwemmungen mit Drainagen verhindern, sagt Bräuer.

Wegen der Ausbreitung des Bibers unterstützen die Forstämter die Bibermanagerin bei ihrer Arbeit. In den Forstämtern in Melsungen und Jesberg gibt es jetzt regionale Biberbetreuer – im Forstamt Neukirchen ist die Stelle vakant. Die Biberbetreuer sind in ihren Forstämter generell für den Natur- und Artenschutz zuständig.

Die Funktionsstellen sind recht neu und das Aufgabengebiet vielfältig. Die Biberbetreuer stehen als Ansprechpartner in der Region zur Verfügung.

Biber ist besonders streng geschützt

Der Biber gehört zu den streng geschützten Tierarten. Für diese Tierarten besteht ein Störungsverbot während der Fortpflanzungs-, Aufzuchts-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten. Die Biberdämme, -burgen und Erdhöhlen sind ebenfalls geschützt und dürfen nicht entfernt werden. Die Biberbetreuer stehen als Ansprechpartner zur Verfügung: Forstamt Melsungen, Jasmin Möller-Göbel, Tel. 0 56 61/73 78 40 und Jesberg, Hieronymus Pauli, Tel. 0 66 95/96 13 25.

Biberberater werben für Toleranz

Nur auf den ersten Blick possierlich: Der Europäische Biber kann bis zu 35 Kilogramm schwer werden und mächtige Veränderungen in seiner Umwelt vornehmen. Nicht jedem gefällt das. Im Bild ein Spangenberger Biber.
Nur auf den ersten Blick possierlich: Der Europäische Biber kann bis zu 35 Kilogramm schwer werden und mächtige Veränderungen in seiner Umwelt vornehmen. Nicht jedem gefällt das. Im Bild ein Spangenberger Biber. © Privat

Etwa 100 Biber leben im Landkreis. In Südhessen sind es bereits an die 2000 Tiere – Tendenz steigend. Der Biber ist wieder heimisch, jetzt brauchte es Wege für ein gemeinsames Miteinander.

Er ist scheu, kann mit Kelle über ein Meter lang und bis zu 30 Kilogramm schwer werden: Der Biber ist zurück. Seit etwa 2018 breitet er sich wieder in der Region aus. Vor allem aber war der streng geschützte Biber bis auf eine Ausnahme an der Elbe in Deutschland viele Hundert Jahre ausgerottet.

Dass er wieder da ist, macht er mit erheblichen Veränderungen in der Landschaft deutlich. Etwa 70 Zentimeter Wasserhöhe benötigt der Biber unter seinem Bauch, sagt Jasmin Möller-Göbel. Die 37-jährige Forstwissenschaftlerin ist die regionale Biberbetreuerin im Forstamt Melsungen.

Vorher: Ein intakter Damm in der Pfieffe. Der Biber staut sich das Wasser unter anderem für seinen Bau.
Vorher: Ein intakter Damm in der Pfieffe. Der Biber staut sich das Wasser unter anderem für seinen Bau. © Privat
Nachher: Der zerstörte Biberdamm – regelmäßig finden sich Hinweise auf eine mutwillige Zerstörung.
Nachher: Der zerstörte Biberdamm – regelmäßig finden sich Hinweise auf eine mutwillige Zerstörung. © Privat

Der Biber greife nur dort in die Natur beziehungsweise in den Gewässerverlauf ein, wo ihm die Wassertiefe nicht ausreiche. Heimisch ist er in der Region an Fulda, Schwalm und Eder. Wegen des Anstiegs der Population seien dort keine freien Plätze mehr für ihn zu finden. So habe er sich auch in Nebenarmen und Teichen niedergelassen.

Dort finde man dann auch die typischen Dämme. Zu den Hauptdämmen, die für den Biberbau benötigt würden, baue er auch Nebenarme. So kommt der Biber schwimmend an sein Futter – Bäume beziehungsweise Baumkronen.

Wie weitreichend die Eingriffe sind, schildert Carolin Bräuer. Sie ist bei der Oberen Naturschutzbehörde des Regierungspräsidiums zuständig fürs Bibermanagement.

Der Biber ist ein Umweltingenieur

So habe ein Biber im Landkreis Fulda den gleichnamigen Fluss so gestaut, dass sich über mehrere Hektar ein zusätzlicher Flusslauf gebildet habe. Der Biber sei Umweltingenieur und lenkt einen Fluss auch mal in dessen altes Bett zurück.

In Ausnahmesituationen würden Biberbauwerke auch zurückgebaut – beispielsweise wenn er drohe, einen Kläranlagenzufluss zu verstopfen. Ultima ratio sei die Umsiedlung. Zuvor würden alle Lösungen erörtert. So stehe Geld für Präventionsmaßnahmen zur Verfügung und auch für Grundstückskäufe. Viel gezahlt werden könne indes nicht, sagt Bräuer.

Es gebe auch Versuche, mit den Kommunen und den Landwirten Flächen zu tauschen, um einen Ausgleich zu schaffen. Insbesondere die Uferbereiche seien für die Landwirtschaft nicht mehr gut zu nutzen.

Suche nach einvernehmlicher Lösung

Felder sollten nicht zu nah an Gewässer grenzen, sagt Möller-Göbel. Der Biber hole sich Nahrung in einem etwa zehn Meter breiten Streifen – vereinzelt auch etwas weiter ins Landesinnere. „Wir wollen ein gutes Miteinander des Bibers und der umliegenden Landwirte“, sagt Möller-Göbel. Aktuell gebe es keinen Rechtsanspruch auf Entschädigungen.

Im Raum Spangenberg für Überschwemmungen gesorgt

Das große Ziel sei dennoch immer die einvernehmliche Lösung. Dazu brauche es aber auch Toleranz für den Biber. Die Eingriffe des Bibers seien vielfach nützlich, sagt Möller-Göbel. So trage der Biber entgegen der landläufigen Meinung auch zum Hochwasserschutz bei. Über die Schwemmflächen hilft er außerdem, dass sich die Grundwasserpegel erholen könnten. Ein aktuelles Beispiel veranschauliche das Vorgehen. Im Raum Spangenberg habe ein Biber jüngst für überschwemmte Wiesen gesorgt.

Jetzt würden mögliche Lösungen erörtert. So könnte die Stauhöhe durch ein Drainagerohr angepasst werden, es könnten Ausweichmulden gebaggert werden, Nebenläufe angelegt werden oder ein Tauschgrundstück gefunden werden.

Da der Biber mitunter dickköpfig sei, akzeptiere er nicht immer Änderungen an seinen Umbauten.

Im Schwalm-Eder-Kreis habe der Naturschutzbund (Nabu) mit Biber-Experte Gerd Teigeler in den vergangenen Jahren sehr geholfen, die Aktivitäten des Bibers zu erfassen und für das Tier zu werben. Der Nabu steht dem RP und dem Forstamt weiterhin beratend zur Seite. Hilfe gibt es auch aus Südhessen. Dort hat man mit mehr als 300 Revieren viel Erfahrung.
(Damai D. Dewert)

Biber leben in einem Mehrgenerationen-Bau

Biber haben es gerne trocken und warm in ihrem Bau am Gewässer. Dennoch liegt der Eingang laut Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) unter dem Wasser. Dieser sogenannte Wohnkessel besteht häufig aus einem Erdloch, das mit Stöcken und Ästen bedeckt ist. Dort leben die Biber in einem Familienclan von mehreren Generationen. Eltern und maximal zwei Generationen von Jungtieren bewohnen den Bau.

Biberweibchen bekommen jährlich ein bis vier Jungtiere. Sobald die Jungtiere im Alter von zwei bis drei Jahren geschlechtsreif werden, verlassen sie ihre Familie und suchen sich ein eigenes Revier. Die Reviere der Nagetiere erstrecken sich über eine Länge von 500 Metern bis zu sechs Kilometern entlang eines Gewässers, heißt es vom BUND weiter. Biberpaare bleiben ihr ganzes Leben lang zusammen und suchen sich nur einen neuen Partner, wenn der vorige gestorben ist.

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