Ein Leben lang Musik - Franz Purkhart für 60 Jahre Sängerkreis Heiligenberg geehrt

Franz Prukhart ist ein besonderes Vorbild für das Chorwesen, das sagten der Präsident des Mitteldeutschen Sängerbundes (MSB), Volker Bergmann, und die Vorsitzende des Sängerkreises Heiligenberg, Monika Asthalter.
Günsterode/Kirchhof – Der 83-Jährige wurde auf dem Kreissängertag in Günsterode zweifach ausgezeichnet: Für 65 Jahre Singen im Männergesangverein Kirchhof und für 60 Jahre Chorleitertätigkeit. „Für die vielen Verdienste gibt es gar keine Nadel“, sagte Bergmann.
An Auszeichnungen mangelt es Purkart wahrlich nicht. Er erhielt das Sonderehrenzeichen in Gold des MSB, die silberne Chorleiter Ehrennadel des Deutschen Sängerbundes, die Ehrennadel des Deutschen Chorverbandes, die Ehrenplakette der Stadt Melsungen, die Bundesverdienstmedaille des Verdienstordens, den Ehrenbrief des Landes Hessen sowie fünf Ehrenmitgliedschaften.
Purkart war sichtlich gerührt über die zwei neuen Auszeichnungen. „Es gab liebe Menschen, die meinen musikalischen Werdegang sehr positiv beeinflusst haben“, sagte er. Als Sechsjähriger wurde er aus seiner Heimat in Preßnitz im Sudetenland vertrieben, musste mit seiner Mutter flüchten.
Er ist der Sohn des Berufsmusikers und Kapellmeisters Alois Purkart und dessen Frau Amalia. Sein Vater war bereits 1945 gestorben. Auch zwei Brüder seines Vaters und die Schwester waren Berufsmusiker in Unterhaltungsorchestern, die in ganz Europa auftraten, wie Purkart berichtet.
Als Zehnjähriger zum Posaunenchor gekommen
„Es war eine glückliche Fügung, dass ich nach der Vertreibung mit meiner Mutter nach Oberbeisheim kam. Wir wurden von der Familie Kegelmann sehr gut und freundlich aufgenommen“, sagte er. Kegelmann war Vorsitzender des MGV Oberbeisheim und ernannte Purkart 1948 beim Neuanfang des Chores zum Vereinsboten. Durch den Sohn der Familie sei er schon als Zehnjähriger zum Posaunenchor gekommen, als 16-Jähriger wurde er aktiver Sänger.
Etwas später, so Purkart, sei ihm „das größte Glück auf Erden“ begegnet. Er lernte seine Frau Erika kennen, die seit frühester Jugend „ein Leben lang Chorsängerin in Kirchhof und dann auch noch viele Jahre in Kehrenbach war“. Sie sei immer eine großartige Unterstützerin gewesen – nicht nur im Chorgesang.

Purkarts Tätigkeiten bis hin zum Kulturbeirat der Stadt Melsungen füllen ein Din-A-4-Blatt. Neben seiner Chorleitertätigkeit in Kirchhof ab 1963 wurde er 1968 Leiter des MGV Deutsche Eiche in Günsterode und der Gemischten Chöre der SG Kirchhof 09 sowie des FTSV Kehrenbach, „die er bis heute mit seinen musikalischen Fähigkeiten prägt“, wie Bergmann und Asthalter würdigten.
Purkart war auch Sänger der Melsunger Musikantengilde und mehrere Jahrzehnte Chorleiter des Sängerbezirks Oberes Fuldatal, stellvertretender Kreischorleiter, er organisierte und leitete Chorhelfer-Seminare. „Ich bin stolz und dankbar, dass ich das alles geschafft habe“, sagte Purkart.
Auszeichnungen
Gerhard Salzmann: „Ein vielseitiger Mann“, sagte Monika Asthalter bei der Ehrung für 60 Jahre singen im Chor und 55 Jahre Vorstandsarbeit. Er trat 1963 in den MGV Deutsche Eiche Güsterode ein, war Schriftführer. Im Volkschor Günsterode, in dem er singt, war er 16 Jahre stellvertretender Vorsitzender, seit 1988 ist er Vorsitzender.
Erika Möller: Sie wurde für 50 Jahre singen im Volkschor Günsterode geehrt. Davor hatte sie im Kirchenchor Melsungen gesungen. Als gute Alt-Sängerin habe sie sich bei vielen Festen auch ohne Funktion und Posten immer engagiert und sei zum Ehrenmitglied ernannt worden, lobte die Sängerkreis-Vorsitzende.
Jürgen Bodenhorn: Er ist seit 40 Jahren Sänger im MGV 1875 Altmorschen. Er war Beisitzer und 14 Jahre Vorsitzender. 13 Jahre war er stellvertretender Geschäftsführer des Sängerkreises Heiligenberg.
Singen für Frieden und Freiheit
Während der dreijährigen Pandemie fanden keine Veranstaltungen statt, und es sei vielleicht gar nicht aufgefallen, „dass der ein oder andere Verein nicht mehr existiert“. Das sagte die Vorsitzende des Sängerkreises Heiligenberg, Monika Asthalter, beim jüngsten Kreissängertag.
Der gemischte Liederkranz 1906 Neumorschen und der MGV Liederkranz Wolfershausen hätten sich aufgelöst. „Es wird nicht einfacher für die Chöre, neue Sängerinnen und Sänger sind seit Jahren Wunschträume“, sagte Asthalter. Die Altersstruktur steige, was sich nicht nur auf den Gesang auswirke, sondern auch auf die Mitarbeit in den Vorständen. Den Kopf in den Sand zu stecken, sei aber nicht ihre Art.
24 Stunden Singen im Chor
Sie schlug vor, an einem Samstag in Melsungen 24 oder vielleicht zwölf Stunden mit den Chören zu singen und um Spenden für Flüchtlinge aus der Ukraine zu bitten. „Eine verrückte Idee“, gab sie zu, die aber im Sängerkreis-Vorstand „auf wohlwollendes und zustimmendes Interesse stieß“.
20 Chöre des Sängerkreises könnten allein oder in Chorgemeinschaften vielleicht jeweils eine halbe Stunde singen. Asthalter schlug vor, diese Veranstaltung auch für andere Chöre und Gesangsgruppen anzubieten – zum Beispiel für Kirchen-, Gospel- und Shanty-Chören.
24 Stunden singen sei wahrscheinlich utopisch, sagte Asthalter, „aber vielleicht ist das ja auch für jüngere Chöre und Gesangsgruppen eine Herausforderung und Abwechslung vom Alltäglichen“.
Die große Aufgabe des Sängerkreises sei, Perspektiven zu entwickeln, aktiv und mit Begeisterung zu gestalten, um alte und neue Melodien auch in Zukunft erklingen zu lassen, betonte Asthalter. Dazu brauche man auch die jüngeren Mitglieder. Als ein Beispiel, das Schule machen sollte, würdigte sie die Zusammenarbeit zwischen Günsterode, Kirchhhof und Kehrenbach. Unter ihrem gemeinsamen Chorleiter Franz Purkart gebe es eine Chorgemeinschaft.
„Den Chorgesang wird es weiter geben“
„Es geht wieder aufwärts, das ist erfreulich“, betonte Berthold Weber. Der stellvertretende Sängerkreisvorsitzende berichtete über die wieder begonnenen Aktivitäten im Sängerbezirk Unteres Fuldatal, dem Chöre aus Ellenberg, Grifte, Guxhagen, Körle, Röhrenfurth und Wollrode angehören. In den Chören seien von 174 Aktiven 85 älter als 66 Jahre.
Der Gesangverein Wollrode habe einen neuen kleinen Chor mit dem Namen „Kleiner Dienstagschor“ unter Leitung von Yevgeniya Schott ins Leben gerufen. Er kenne die neuesten Zahlen für den Mitteldeutschen Sängerbund in Nordhessen, Westthüringen und Südniedersachsen noch nicht, sagte Volker Bergmann, Präsident des Mitteldeutschen Sängerbundes. Die guten Zeiten seien vorbei, „aber den Chorgesang wird es weiter geben“.
Sängerkreis in Zahlen
10 Jugendliche gehören derzeit dem Sängerkreis Heiligenberg an, vier mehr als im Jahr 2021.
20 Vereine bilden den Sängerkreis, drei weniger als im Jahr davor.
23 Kinder singen, zwei mehr als 2021.
431 Erwachsene sind derzeit aktiv, in 2021 waren es noch 483.
495 Chorproben fanden im Vorjahr statt.
795 fördernde Mitglieder wurden Ende des Jahres gezählt, im Jahr davor waren es noch 870.
(Manfred Schaake)