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Hohe Spritpreise: Kunden und Tankstellenbetreiber im Kreisteil Melsungen sind enttäuscht

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Von: Rainer Schmitt, Fabian Becker, William-Samir Abu El-Qumssan

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Tankstellenbetreiber Andreas Rietschle wünscht sich ebenso wie seine Kunden günstigere Spritpreis, kann diese aber nicht beeinflussen.
Tankstellenbetreiber Andreas Rietschle wünscht sich ebenso wie seine Kunden günstigere Spritpreis, kann diese aber nicht beeinflussen. © William Abu El-Qumssan

Das Ziel war klar definiert: Mit einer gesenkten Energiesteuer sollten die Spritpreise sinken. Doch der Tankrabatt kommt kaum an. Wir haben bei den Tankstellen im Kreisteil Melsungen nachgefragt.

Kreisteil Melsungen – Seit Beginn des Ukraine-Kriegs sind die Spritpreise dramatisch ins Schwanken geraten. Zeitweise verteuerte sich Super E10 nach ADAC-Angaben um etwa 45 Cent pro Liter auf bis zu 2,19 Euro. Für einen Liter Diesel mussten Autofahrer in der Spitze sogar 2,29 Euro und damit rund 65 Cent mehr bezahlen. Dem wollte die Bundesregierung mit der Minderung der Energiesteuer entgegenwirken. Doch der Tankrabatt kommt an der Tankstelle nicht in vollem Umfang an.

„Wir merken nicht viel von dem Tankstellenrabatt“, sagt Felix Kirchhof, Aral-Tankstellenleiter in Guxhagen. „Die versprochenen 40 Cent weniger pro Liter sind es jedenfalls nicht geworden.“ Auch seine Kunden seien enttäuscht. „Manche vermuten sogar, dass die Kraftsoffanbieter bereits vor dem Rabatt absichtlich den Preis nach oben getrieben haben.“

Zwar bekämen auch die Mitarbeiter der Tankstelle gelegentlich den Frust der Kunden zu spüren. Diese wüssten aber, dass die Schuld für die Situation nicht bei den Tankstellenmitarbeitern liege, sondern bei den Kraftsoffanbietern.

„Ich verstehe natürlich den Frust der Kunden“, sagt Andreas Rietschle, der die Esso-Tankstelle in Felsberg betreibt. Die Kunden würden häufig fragen, wann denn endlich der Rabatt kommt. Aggressionen habe noch kein Kunde geäußert, aber die Beschwerden häufen sich. Rietschles Angestellten gehen dabei die Antworten aus.

Sie müssen immer wieder betonen, dass die Tankstellenbetreiber nichts für die Preise können. „Wir haben nichts von den hohen Spritpreisen“, sagt Rietschle. Tankstellen würden über die verkaufte Masse verdienen. Und die sei höher, wenn die Preise niedriger sind.

Hohe Spritpreise: Körler Tankstellenbetreiber ist sauer

Ibrahim Ajrab, Pächter der Q1-Tankstelle in Körle fragt sich: „Von was für einem Tankstellenrabatt sprechen wir hier“? Es sei eine einzige Enttäuschung, was aus der versprochenen Entlastung geworden ist. „Die Kunden sind sauer und ich bin auch sauer“, sagt Ajrab weiter. Es werde von den Politikern nur auf Zeit gespielt und viel geredet.

Nach Darstellungen von Verena Gölkel, Sprecherin der Westfalen-Gruppe, die unter anderem Tankstellen in Fritzlar und Unshausen betreibt, orientieren sich die Kraftstoffpreise im Wesentlichen am lokalen Marktgeschehen und hängen natürlich auch von Einkaufspreisen und Transportkosten ab. „Wir haben die Energiesteuersenkung vollumfänglich an unseren Stationen umgesetzt. So sei der Preis für Ottokraftstoffe in einem Zug um 30 Cent netto und Dieselkraftstoffe um 14 Cent gesenkt worden.

Eine Preissenkung war zu Monatsbeginn zu sehen, doch nun gehe er wieder nach oben. Dabei sind Preisschwankungen an der Zapfsäule nichts Ungewöhnliches. Auch Andreas Rietschle spricht von 25 bis 30 Preisänderungen am Tag. Dennoch: Erste Stimmen werden laut, den Tankrabatt wieder zu streichen, denn er verfehle seine Wirkung.

Hohe Spritpreise: Tankstellenverband sieht Tankrabatt als gescheitert an

„Der Rabatt sollte zurückgenommen werden, weil er politisch nicht das erreicht, was er sollte“, sagt der Sprecher des Tankstellen-Interessensverbandes, Herbert Rabl. Nach Ansicht des Verbandes bleibe ein „wesentlicher Teil bei den Mineralölgesellschaften hängen“. Der Tankstellenpächter könne den Preis nicht beeinflussen, denn bei Markentankstellen sei die Preisgestaltung zentral gesteuert.

Zum Vergleich: Vor dem Tankrabatt lag der Liter E10 im Mai im Schnitt nach Angaben des Allgemeinen Deutschen Automobilclubs (ADAC) bei 2,064 Euro und der Liter Diesel bei 2,033 Euro. Kurz vor der Einführung des Tankrabatts sei der Preis gestiegen. 2,151 wurde für E10 und 2,044 Euro für Diesel fällig. Laut ADAC habe sich der Rohölpreis zwar leicht erhöht. Es gebe aber „deutliches Potenzial für Preissenkungen“. 

Auch für den Geschäftsführer des Bundesverbands freier Tankstellen, Stephan Zieger, ist der Tankrabatt „nicht das richtige Instrument“. Die Tankstellen des Verbandes gäben den Preis weiter, den sie von Raffinerien und Importeuren erhalten. Und der Preis sei gestiegen. Schaue man nach den Preisen in Dänemark oder Luxemburg, dort müssten die Konzerne ihre Preise genehmigen lassen, werde deutlich, dass die Kraftstoffe dort teurer seien als in Deutschland.

Lange Zeit aber, sei das umgekehrt gewesen. Bei Preisunterschieden von 20 bis 40 Cent gäbe es einen Tanktourismus Richtung Deutschland. Dazu komme, dass Diesel aus Russland als Fertigprodukt geliefert werde, und die Nachfrage groß sei. Zwar gebe es keinen Mangel an Kraftstoff, doch eine hohe Nachfrage.

Den Kraftstoffpreis an der Zapfsäule müsse man europaweit beurteilen, sagt Ziegner weiter. Es sei zu einfach, nur den Rohölpreis und die Schwankungen des Dollarkurses einzubeziehen. So liege seit der Minderung der Energiesteuer der Preis für den Liter Kraftstoff in Deutschland unter dem in Dänemark. Vorher sei das umgekehrt gewesen. So gesehen greife der Tankrabatt.

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