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Bienenvölker in Gefahr: Klima, Parasiten und Versiegelung bedrohen heimische Bienen

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Von: Kerim Eskalen

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Eine Biene bestäubt eine Blüte: Im Inneren der Blüte befinden sich Pollen und Nektar, die für die Biene als Nahrung dienen. Dabei bleiben Pollen an der Biene haften, die sie so auf andere Blüten überträgt.
Eine Biene bestäubt eine Blüte: Im Inneren der Blüte befinden sich Pollen und Nektar, die für die Biene als Nahrung dienen. Dabei bleiben Pollen an der Biene haften, die sie so auf andere Blüten überträgt. © Carolin Hartung

Die heimische Bienenpopulation schrumpft bedrohlich. Vor allem die in der Natur lebenden Wildbienen sind stark gefährdet. Das sagt Berthold Langenhorst vom Naturschutzbund Hessen (Nabu).

Schwalm-Eder – Laut Nabu sind in Deutschland von 550 Wildbienenarten 31 akut vom Aussterben bedroht. 197 sind gefährdet, während 42 Arten auf einer Vorwarnliste stehen. Verantwortlich dafür seien viele Faktoren.

Ein Grund ist die Flächenversiegelung, die die Lebensräume und Nahrungsquellen der Insekten zerstört: „Täglich werden in Hessen etwa 26 000 Quadratmeter Fläche für Wohnraum und Straßen versiegelt“, sagt Dr. Miriam Dangel vom Hessischen Bauernverband. Das entspricht einer Fläche von dreieinhalb Fußballfeldern.

Pestizide wie Glyphosat töten Bienen

Doch auch Pestizide in der Landwirtschaft wie Glyphosat und die Auswirkungen des Klimawandels seien eine enorme Belastung: „Durch die Pestizide sterben viele Bienen“, sagt Michael Schermeier, Vorsitzender des Imkervereins Melsungen.

Um Honigbienen, die von Imkern betreut werden, nicht auch noch zu gefährden, ist laut Bauernverband eine gute Absprache zwischen Imkern und Bauern wichtig.

Varroamilbe saugt Bienen aus

Zwar gelten Bienen als Überlebenskünstler und können sich sogar dem Klimawandel besser anpassen als der Mensch, allerdings komme der milde Winter der Varroamilbe, einem Feind der Biene, zugute: „Diese Milbe saugt die Bienen aus“, erklärt Imker Schermeier. Sie vermehrt sich in der Brut und befällt die Bienen.

Wohl fühle sie sich vor allem bei milden Januar-Temperaturen. Um sicher vor den Milben zu sein, müssen die Bienen ab Dezember brutfrei sein. Dafür brauche es kühlere Temperaturen. Andernfalls töten die Milben das befallene Volk.

Landwirtschaft von Bienen abhängig

Dabei hätte ein weiteres Bienensterben oder gar ein Aussterben gravierende Folgen insbesondere auch für die Landwirtschaft. „Die Bestäubung durch die Bienen hat eine viel größere Dimension, als die der anderen Insekten“, sagt Schermeier. „Der Großteil unserer Landwirtschaft hängt davon ab.“

Deshalb versuchen Landwirte, Bienen zu schützen, sagt Dangel. Sie legten beispielsweise Blühstreifen an, um den Bienen Lebensräume zu bieten.

Ohne Klimaschutz sterben Bienen aus

Laut Michael Schermeier sichere das Überleben der Bienen jedoch nur eines: „Ohne Klimaschutz gibt es keinen Bienenschutz. Dann sterben die Bienen irgendwann ohne Imker aus.“

Honigbienen hegen und pflegen

Michael Schermeier
Michael Schermeier © Claudia Feser

Michael Schermeier, Vorsitzender des Melsunger Imkervereins, betreut mit seinen 100 Mitgliedern über 500 Honigbienenvölker. Er diene vielen Imkern zum Austausch, wo Bienenzüchter ihre Erfahrungen weitergeben und andere Imker bei Problemen um Rat fragen können. „Jeder kann Imker werden“, sagt Schermeier. „Vieles lernt man im Eigenstudium.“

Imker bewahren Honigbienen vor dem Aussterben

Anders, als die in der freien Natur bedrohten Wildbienen, dienen die Honigbienen als Nutztiere für die Imker. Sie geben mehrmals im Jahr Honig. Sie sind durch den Schutz der Imker nicht vom Aussterben bedroht. „Als Imker kümmern wir uns um die Bienen den Großteil des Jahres über“, sagt Schermeier.

Im März beginnt die Arbeit des Imkers. „Die Bienen werden zwischen fünf und zehn Grad Außentemperatur und viel Sonnenlicht aktiv“, so der Imker weiter. „Wir sorgen auch dafür, dass die Honigbienen gesund bleiben.“ Dafür müsse er mehrmals täglich nach den Bienennestern schauen. Dabei erschaffen die Bienen in ihrem Nest eine Art Superorganismus, dessen Temperatur bei 36 Grad Celsius liege.

In China bestäuben Menschen die Pflanzen

Mit Sorge betrachtet er jedoch die Entwicklung, dass immer mehr Wildbienenarten gefährdet sind: „Damit wir nicht Zustände wie in China bekommen, wo Arbeitskräfte als Bestäuber eingesetzt werden und per Hand Bäume bestäuben, müssen wir etwas tun“, sagt Schermeier.

Wichtig wären mehr Klimaschutz und weniger Pestizide in der Landwirtschaft“, sagt der Vorsitzende des Imkervereins. Zwar äußere er auch Verständnis für den Einsatz von chemischen Mitteln durch die Landwirte, weil die Erträge ihre Lebensgrundlage seien. Dies sei jedoch immer auf Kosten der in der Natur lebenden Insekten.
(Kerim Eskalen)

Wildbienen in China vielerorts ausgestorben: Bestäubung per Hand

In China ist der Albtraum bereits Wirklichkeit geworden: In ganzen Landstrichen gibt es dort laut Informationen des Naturschutzbundes Deutschland keine bestäubenden Insekten mehr. Wildbienen sind in China sogar weitestgehend ausgestorben. Diese leiden dort vor allem durch den exzessiven Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft. Diverse Pflanzengifte wie Neonikotinoide, die in Europa nicht erlaubt sind, sind in China nicht verboten.

In den Obstplantagen werden daher menschliche Bienen eingesetzt. Das sind Arbeiter, die mit langen Stangen und Pinseln Pollen per Hand auftragen beziehungsweise bestäuben. Dafür gehen diese von Pflanze zu Pflanze. Inzwischen werde sogar mit Drohnen experimentiert. Dennoch habe in China die Zahl der Bienenvölker zugenommen, was an der Honigproduktion liege. Knapp 300 000 Imker reisen mit ihren Bienenvölkern durch das Land, je nach Blütezeit der Obstplantagen.

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