Die Geschäftsführung von Asklepios bestätigt diesen Termin nicht, teilt aber mit: „Für die Jobgarantie unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben wir nach wie vor die Rückendeckung unseres Vorstandes und arbeiten aktuell gemeinsam mit dem Betriebsrat an der Umsetzung. Wir sind hierzu mit den Mitarbeitenden in Melsungen im Austausch, sodass gute Lösungen gefunden werden können – und mit vielen Mitarbeitenden haben wir diese bereits gefunden“, so die Geschäftsführung.
„Der Versorgungsauftrag mag zwar bei Asklepios liegen – ist aber ohne Ärzte und Pflegekräfte nicht zu erfüllen“, sagt Bölling. Und die gebe es nicht mehr: Die meisten der 120 Angestellten hätten nach der Verunsicherung der vergangenen Monate neue Stellen angenommen.
In der Kreistagssitzung am Montag (5.12.2022) hatte Gesundheitsdezernent Jürgen Kaufmann (SPD) mitgeteilt, dass eine Klage gegen Asklepios nur sehr geringe Erfolgsaussichten habe. Er könne sie daher nicht empfehlen. Für den Umbau des Standortes in ein sogenanntes Intersektorales Gesundheitszentrum seien nun viele Akteure gefordert: Kaufmann nannte den – noch fehlenden – Betreiber, die Stadt Melsungen, das Hessische Sozialministerium, die Kassenärztliche Vereinigung und die Kostenträger. Man sei in Gesprächen und wolle zeitnah eine Lösung finden, sagt Kaufmann.
Unabhängig vom Krankenhaus werde es die Notfallversorgung per Notarztwagen in Melsungen geben: Asklepios werde diese 2023 sicherstellen. Von Asklepios heißt es dazu: Patienten werden je nach Standort und Diagnose in das nächste geeignete Krankenhaus transportiert. „Auch ein ärztlicher Bereitschaftsdienst wird in Melsungen vorhanden sein, hierzu bestehen auch Verträge.“ Die geriatrische Versorgung werde laut Asklepios ab dem 1. Januar am Standort Bad Wildungen erfolgen.
„Ich bin sprachlos.“ Von einem konkreten Schließungsdatum zum Ende des Jahres habe er bislang nichts gehört, sagte Melsungens Bürgermeister Markus Boucsein. Auch die Asklepios-Geschäftsführung hat dieses Datum auf Nachfrage nicht bestätigt. Der Betriebsratsvorsitzende von Asklepios, Klaus Bölling, sagt hingegen, dann seien weder Ärzte noch Pflegekräfte da, die den Betrieb aufrecht erhalten könnten.
Gesundheitsdezernent Jürgen Kaufmann sagte in der jüngsten Kreistagssitzung auch, dass alle Fraktionen es befürwortet hatten, die Verhandlungen mit der Gesundheit Nordhessen Holding (GNH) als möglichem Betreiber zu beenden: Ein Neubau eines Krankenhauses der Grund- und Regelversorgung sowie dessen Betrieb seitens der GNH sei für den Landkreis mit „erheblichem finanziellen Risiko“ verbunden. Er nannte die Summe von 55 Millionen Euro. Zuletzt war im Gespräch die Verhandlung des Landkreises mit der Orthopädischen Klinik Hessisch Lichtenau. Doch zu deren Stand sagte Kaufmann nichts.
Auf HNA-Nachfrage betonte er, dass man grundsätzlich zeitnah eine Lösung finden wolle und daran arbeite. Konkreter könne er aber noch nicht werden.
Ein Intersektorales Gesundheitszentrum (IGZ) biete die Möglichkeit, ein Pilotprojekt der Versorgung im ländlichen Raum aufzustellen, sagt Gesundheitsdezernent Jürgen Kaufmann. Ein IGZ habe auch Bettenabteilungen. Inhalte: Rettungsstelle mit Notarzt und -einsatzfahrzeug, zentrale Notaufnahme, ÄBD, ambulantes OP-Zentrum, orthopädisch-chirurgische Praxis mit e-Arzt-Versorgung, geriatrische Tagesklinik sowie internistische und weitere Angebote.
Sei das Krankenhaus erst mal geschlossen, bestünde wenig Chance, einen neuen Betreiber zu finden, sagt Boucsein. Er habe das Gefühl, dass sich die Dinge ständig änderten und wenig Verbindlichkeit in der Diskussion vorhanden sei.
Seitens der Stadt Melsungen sei man, was die Krankenhausgeschichte angeht, mittlerweile desillusioniert. Man habe gehofft, dass der Standort erhalten bleiben könnte. Vonseiten der Stadt gab es, wie berichtet, auch ein Angebot, wie der Erhalt möglicherweise umgesetzt werden könnte.
Diese Möglichkeit fand keinen Anklang beim Kreis und dem möglichen Investor GNH. „Wir fühlen uns allein gelassen“, sagt Boucsein. Er habe Sorge, dass alles, was versprochen werde, immer kleiner werde. Der Bürgermeister habe dennoch die Hoffnung, dass der kleine weiße Fleck Melsungen auch künftig medizinisch ausreichend betreut werden könne.
Im schlimmsten Fall, sagt Boucsein, wäre es auch denkbar, dass die Stadt das Gelände mit den Krankenhausgebäuden übernimmt und eine Art Gesundheitszentrum dort einrichten könnte. „Wir wollen natürlich die Gesundheitsversorgung auf jeden Fall gewährleisten.“ Dennoch wäre die Situation, dass die Stadt dafür sorgen müsse, das Worst-Case-Szenario. Für Bölling ist der Fakt, dass sich nun die zweite ehemalige Kreisklinik auflöst, ein Desaster.
„In Homberg kam die Schließung des Krankenhauses schnell. In Melsungen kam sie schleichend.“ Sein Vorwurf an den Kreis: Er habe von der vollfunktionsfähigen Klinik nichts übrig gelassen außer einem Rettungswagen, der dort stationiert ist.
Ein Klinikneubau durch den Landkreis ist endgültig vom Tisch: Mit einem Antrag hatte die Fraktion Die Linke einen Neubau gefordert, um die stationäre Notfall- und Grundversorgung der Menschen in Melsungen und der Umgebung zu sichern. Dieser Antrag wurde jedoch mehrheitlich abgelehnt. (Barbara Kamisli/Maja Yüce/Claudia Brandau)