An der Melsunger Gesamtschule gibt es einen akuten Raummangel. Ohne die Campus-Situation mit der Geschwister-Scholl-Schule (GSS) und der Radko-Stöckl-Schule (RSS) stünden am Melsunger Schulstandort wohl längst Container, waren sich Schulleiter Dr. Matthias Bohn und Landrat Winfried Becker während eines Ortstermins einig.
Immerhin fünf Klassen werden am benachbarten Oberstufengymnasium (GSS) unterrichtet, zwei weitere an den Beruflichen Schulen.
Diese Kapazitätsprobleme plagten aktuell nur die Gesamtschule Melsungen. An den drei anderen weiterführenden Schulen im Altkreis in Guxhagen, Felsberg und Spangenberg gebe es keinen Raummangel, teilt die Kreisverwaltung mit.
Erstaunlich ist das Kapazitätsproblem insofern, als das die GSM von 2014 bis 2016 saniert und teils neugebaut wurde. „Wir haben den Neubau 2013 zu klein gedacht“, sagt Becker dazu. Damals habe es wegen G8 eine große Schülerwanderung in Richtung Spangenberg gegeben. Schülerströme seien nur schwer steuerbar, sagt Becker dazu.
Das bestätigt Bohn: Betrug 2008 vor G8 die Schülerzahl noch etwa 1100, lag sie 2013 nur noch bei etwa 660. Mittlerweile betrage sie 1060 – darunter seien 30 ukrainische Schüler. Die Kapazität nach der Erweiterung liege dann bei etwa 1000 Schülern.
Er wisse nicht, ob dies dauerhaft ausreiche, sagt Bohn. Wie viele Kinder zu einem Zeitpunkt in einer Stadt eine Schule besuchten, hänge von Faktoren wie dem Arbeitsplatzangebot, verfügbarem und bezahlbarem Wohnraum und einigen Faktoren mehr ab.
Es lasse sich ohnehin nicht mit Puffer bauen, sagt Becker. Dazu seien sowohl die Baukosten als auch die Energiekosten zu hoch.
Es komme dann auf die Variabilität eines Gebäudes an, sagt Ulrike Nagel, Architektin beim Landkreis. So ließen sich geplante Freiflächen auch in Klassenräume umwandeln. Außerdem hat der Landkreis am neuen Erweiterungsbau vorgesorgt: Alle Anschlüsse und Leitungen lägen für eine mögliche künftige Erweiterung bereit.
Lichtdurchflutet, und viel Transparenz zwischen den Klassenzimmern und Lernflächen: Der Erweiterungsbau der Gesamtschule Melsungen (GSM) soll den Schülern eine motivierende Lernumgebung bieten. Unterrichtet werden vornehmlich Schüler der Jahrgänge 5 und 6.
Diese bekommen dort laut Kreisverwaltung ein zentrales Zuhause. Der durch den Neubau entstehende Innenhof wird künftig ein Pausenhof für diese Jahrgänge werden – mit altersgerechten Spielmöglichkeiten.
Der Anbau umfasst auf drei Etagen 1300 Quadratmeter. Es entstehen acht Klassenzimmer sowie Teamräume. Lernflächen und Nebenräume. Im Anbau werden dann sowohl individuelle Arbeitsbereiche für die Intensivklassen (Deutsch als Zweitsprache) als auch für Inklusionsräume entstehen.
In beiden Bereichen besteht besonderer Absprachebedarf. Die Teamräume ermöglichen außerdem das Arbeiten in kleineren Gruppen. Ganztagsangebote erhalten dort ebenfalls erstmals eine eigene Heimat. Es entsteht laut Schulleiter Dr. Matthias Bohn „ein kleines Nachhilfezentrum“.
Das Gebäude wird über einen eigenen Eingang erschlossen – wird aber über den Altbau erreichbar sein. Das Flachdach des Gebäudes wird mit einer Fotovoltaikanlage ausgerüstet.
Unterrichtet werden im Erweiterungsbau die Jahrgänge 5 und 6. Sie bekommen im neuen Innenhof einen eigenen Bereich. Der mit Hackschnitzeln ausgelegte Hof bekommt altersgerechte Kletter- und Spielmöglichkeiten. Im Außenbereich der Gebäude sind weitere Bewegungsflächen vorgesehen sowie Möglichkeiten für Unterricht im Freien – grüne Klassenzimmer.
Bereits im jüngsten Neubau gibt es Lernflächen vor den Klassenräumen. Das Besondere ist, dass die Flächen durch Scheiben aus den Klassenzimmern einsehbar sind. Es besteht Sichtkontakt.
Diese Transparenz erschließt die Flächen auch für alltägliche Nutzungen. Das Konzept wird auch im neuen Erweiterungsbau umgesetzt. Diese Freiflächen können bei Bedarf als Lernflächen genutzt werden.
Der Bau soll im Frühjahr 2024 fertig sein. Puffer wäre bis zum Schuljahresbeginn 2023/24. Diesen Fall möchten aber Schule und Landkreis unbedingt vermeiden. Unter anderem wegen dreier bei den Erdarbeiten entdeckten Heizöltanks hatten sich die Arbeiten bereits früh verzögert.
Die Kosten für Ausbau und Entsorgung von mehr als 115 000 Euro belasten zusätzlich das Budget. Limitierender Faktor sei aktuell das Baugewerbe, sagt Stefanie Fuchs, Fachbereichsleiterin Grundstücks- und Gebäudewirtschaft bei der Kreisverwaltung.
Man könne das Geld leider nicht so schnell ausgeben, wie man gerne möchte – es gebe Gewerke mit Wartezeiten. Im Zuge des Erweiterungsbaus saniert der Landkreis außerdem im Bestand. So wurde der Pausengang zur Turnhalle abgerissen und die elektroakustische Anlage wird erneuert.
Ausdrücklich loben müsse er die Zusammenarbeit mit dem Landkreis, sagte Bohn. Die Absprachen mit Landrat Winfried Becker, Fachbereichsleiterin Fuchs und Architektin Ulrike Nagel liefen toll. „So gelingt es uns, einen pädagogischen Mehrwert für die Schüler zu bekommen.“ Das sei bei allen pragmatischen Entscheidungen immer Ziel. (Damai D. Dewert)
Für die aktuelle Erweiterung belaufen sich die Baukosten auf 4,1 Millionen Euro und die Planungskosten auf 700 000 Euro. Auf 1300 Quadratmetern entstehen auf drei Etagen zwölf Räume und Lerninseln.
Die Gestaltung orientiert sich am Bestandsgebäude. Von dort gibt es einen direkten Zugang. Von 2014 bis 2016 wurde die Gesamtschule bereits modernisiert. B. Braun hatte zwölf Millionen Euro investiert. Der Landkreis beteiligte sich mit zwei Millionen Euro.