1. Startseite
  2. Lokales
  3. Melsungen
  4. Morschen

Roland Zobel über die ersten 100 Tage als Morschens Bürgermeister

Erstellt:

Von: Barbara Kamisli

Kommentare

Morschens Bürgermeister Roland Zobel
Morschens Bürgermeister Roland Zobel © Barbara Kamisli

Roland Zobel (FDP) ist seit 100 Tagen Bürgermeister der Gemeinde Morschen. Bis zum Wahlkampf im vergangenen Jahr war der 50-Jährige, der in Eubach lebt, politisch nicht in Erscheinung getreten.

Morschen – Für viele Mörscher hatte er sich überraschend um das Amt des Bürgermeisters beworben. Wir sprachen mit ihm jetzt darüber, wie er seine ersten Monate als Verwaltungschef erlebt hat.

Wie fühlt sich das sicher ungewohnte Leben als Person des öffentlichen Lebens mittlerweile an?

Es fühlt sich gut an. Es macht mir wirklich Spaß. Es ist ungewohnt, dass das jetzt dauernd so ist – in meinem vorherigen Job kam das halt mal kurzfristig vor, bei Messen oder Ähnlichem. Aber ich mache das wirklich gern. Ich kaufe gern in Morschen ein und freue mich, wenn ich angesprochen werde, und das spiegeln mir die Menschen auch. Die Rolle funktioniert gut für mich. Und ich wäre ja auch in dieser Position falsch, wenn ich das nicht gern machen würde.

Bei Ihnen geht es nun nicht mehr um Marketingstrategien, sondern um Vorschriften für Feuerwehrhäuser. Dinge, die nicht täglich auf Ihrer Agenda standen. Müssen Sie als Bürgermeister in allen Bereichen Experte sein?

Es ist für mich sehr wichtig, die Themen, die in der Gemeinde anstehen, alle zu kennen. Ich bin aber bei Weitem kein Experte in allen Bereichen. Dafür habe ich ein tolles Team, das kompetent und bereitwillig Auskunft gibt und die für mich neuen Sachverhalte und Abläufe geduldig erklärt. Ich glaube, entscheidend ist dabei auch, dass das Team merkt, dass ich mich für die Dinge interessiere und gern lerne.

Das heißt Sie haben sich gut eingelebt und das Bürgermeistersein auch so vorgestellt?

Ja, das habe ich tatsächlich. Ich war in der ersten Zeit seit November viel unterwegs in den Ortsteilen, auf Veranstaltungen und in Jahreshauptversammlungen. Dort habe ich viel kennengelernt und mitbekommen. Schon im Wahlkampf habe ich gesagt, dass in Morschen vieles nur über Ehrenamt möglich sein wird. Genau da erlebe ich eine sehr große Bereitschaft. Gerade hatten wir die Rundgänge in den Ortsteilen für das Kommunale Entwicklungskonzept. Trotz des schlechten Wetters waren viele dabei, haben ihr Interesse gezeigt und ihre Ideen beigetragen. Auch Kritik war dabei, aber es waren konstruktiv kritische Anregungen.

Nun haben Sie wahrlich keine leichte Aufgabe übernommen. Die Kassen sind leer, aber es stehen auch einige Pflichtinvestitionen wie in die Kanalsanierung, bei der Feuerwehr und den Kitas an. Wie kann das finanziert werden?

Echte Probleme machen uns tatsächlich die Auflagen, die die kommunalen Pflichtaufgaben extrem teuer machen. Dazu kommt, dass es dafür kaum Förderung gibt. Gerade bei den Kindergärten müssen wir sehen, wie wir das stemmen können. Wir freuen uns ja, dass wir in Morschen so viele Kinder haben, aber wir müssen jetzt auch sehen, wie diese gut betreut werden können. Der andere Brocken sind die Feuerwehren: Die Mängel, die der Tüv festgestellt hat, sind nicht ohne und vor allem teuer. Dafür brauchen wie eine Lösung.

Wäre es nicht denkbar, Feuerwehren zusammenzulegen?

Wir sind eine Flächengemeinde und Feuerwehren haben mehr Aufgaben, als Feuer zu löschen. Es ist wichtig, eine Kommunikationsstelle vor Ort zu haben. Die ist nun mal das Feuerwehrhaus. Außerdem muss man sich vor Augen führen, was eine Zusammenlegung für das Vereinsleben der Orte bedeuten würde. Wir werden eine Feuerwehr-Kommission gründen, in der aus jedem Ortsteil ein Mitglied der Feuerwehr teilnimmt sowie der Gemeindebrandinspektor, ein Vertreter aus jeder Fraktion und der Bürgermeister. Unsere Aufgabe wird sein, zu ermitteln, wo die Perspektiven liegen und was in Zukunft möglich ist.

Bei allen Wünschen bleibt ja immer die Frage, woher soll das Geld dafür kommen?

Ich denke, es ist dringend nötig, finanziell handlungsfähig zu werden. Das heißt, die Jahresabschlüsse aus den vergangenen Jahren müssen erledigt werden, um bald die Chance auf einen genehmigten Haushalt zu haben, mit dem wir arbeiten können. Da es mit der Förderung für Pflichtaufgaben nicht üppig aussieht, müssen wir trotz sparsamer Ausgabenpolitik dringend die Einnahmeseite der Gemeinde verbessern: Ich denke hier an Tourismus und damit an die Ansiedlung kleinerer Dienstleistungsbetriebe. Als Wohnkommune hoffe ich auf den flächendeckenden Glasfaserausbau, wodurch Morschen für ortsunabhängiges Gewerbe interessant werden wird.

Es stehen viele Pflichtaufgaben im Raum. Aber was ist Ihr Herzensprojekt, das Sie trotz aller finanziellen Hürden umsetzen wollen?

Ich will das, wovon ich auch im Wahlkampf immer gesprochen habe: Kommunizieren und die Vernetzung zwischen den Ortsteilen ausbauen. Auch als Kulturstandort soll Morschen gefestigt werden. Jetzt nach Corona legt der Kulturring im Kloster Haydau wieder los. Wir sind im Kontakt mit der Erlebnisregion Mittleres Fuldatal und führen da gute Gespräche. Die Fuldabrücke für Radfahrer kann jetzt gemeinsam mit Malsfeld geplant werden und es ist mir wichtig, dass bei den Rad- und Wanderwegen eine Vernetzung der Ortsteile stattfindet. Nicht nur für den Tourismus, sondern auch im Sinne der Nahmobilität.

Jugend und Senioren waren in Ihrem Wahlkampf ja auch explizite Themen. Was ist da bislang passiert?

Wir sind dabei einen Jugendbeirat oder auch ein Jugendparlament zu etablieren. Was gewollt und umgesetzt wird, liegt auch an den Jugendlichen. Es wurde viel darüber gesprochen, aber wenig mit den Jugendlichen. Aber ich habe aus Richtung einiger Jugendlicher das Signal bekommen, dass die Bereitschaft zur Mitarbeit besteht.

Und im Seniorenbereich?

Was die Belange von Senioren und Menschen mit Behinderung angeht, sind wir im engen Austausch mit dem VdK hier vor Ort. Außerdem planen wir zum Beispiel mit dem TSV Altmorschen ein Gymnastikangebot für über 70-Jährige im Gemeindesaal, weil es dort auch wegen der Fußbodenheizung für die Senioren angenehmer ist. Jetzt wollen wir zeitnah mit dem VdK eine Sprechstunde für Menschen mit Behinderung im Rathaus anbieten. Derzeit ist der Jugendraum noch für die Rechnungsprüfung unserer Jahresabschlüsse belegt. Was aber auch richtig und wichtig ist, denn geprüfte Jahresabschlüsse sind Schritte auf dem Weg in die finanzielle Handlungsfähigkeit und genehmigte Haushalte.
(Barbara Kamisli)

Zur Person

Roland Zobel (50) ist als Quereinsteiger in die Kommunalpolitik gekommen. Die Stationen seines Berufslebens führten den Hundeliebhaber über die Marktforschung, die geschäftsführende Arbeit als Vorstand einer mittelständischen Aktiengesellschaft bis in die Position des Marketingleiters bei der Nürnberg-Messe GmbH. Aufgewachsen ist Zobel in Limburg an der Lahn und lebt seit 2006 in Nordhessen. Ende 2008 zog er nach Eubach, wo er mit seiner Lebensgefährtin, Benia Hüne, lebt.

Auch interessant

Kommentare