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Umstrittenes Windrad-Projekt vorerst gestoppt - Genehmigung rechtswidrig

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Von: Christopher Ziermann

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Die Bäume sind schon gefällt: Ingo Kühl (links) aus Metzebach und Aribert Kirch aus Heinebach setzen sich gegen den Bau des Windparks Katzenstirn ein. Im Hintergrund ist der Alheimer zu sehen.
Die Bäume sind schon gefällt: Ingo Kühl (links) aus Metzebach und Aribert Kirch aus Heinebach setzen sich gegen den Bau des Windparks Katzenstirn ein. Im Hintergrund ist der Alheimer zu sehen. © Christopher Ziermann

Die vier Windräder auf der Katzenstirn in Spangenberg bei Melsungen dürfen vorerst nicht gebaut werden. Das hat das Verwaltungsgericht Kassel beschlossen.

Die vier Windräder auf der Katzenstirn in Spangenberg bei Melsungen dürfen vorerst nicht gebaut werden. Das hat das Verwaltungsgericht Kassel beschlossen.

Anlagenbauer PNE Wind AG hat an den geplanten Standorten seit Januar bereits großflächig gerodet. Der Beschluss bedeutet noch nicht das endgültige Ende des Windparks.

Die Naturschutzinitiative, die gegen den Bau der Windräder geklagt hatte und nach dem Beginn der Rodungen zusätzlich einen Eilantrag stellte  sieht in dem Gerichtsbeschluss einen eindeutigen Fingerzeig für das Vorhaben. 

Rodungen auf der Katzenstirn - hier mit Blickrichtung Bergheim.
Rodungen auf der Katzenstirn - hier mit Blickrichtung Bergheim. © Christopher Ziermann

„Da die Genehmigung rechtswidrig erteilt wurde, fordern wir PNE auf, den Antrag für den Bau der Windräder umgehend zurückzunehmen“, sagt Ingo Kühl aus Metzebach. Er ist Mitglied im Länder- und Fachbeirat Hessen der Naturschutzinitiative.

Windräder auf Katzenstirn: Gericht stellt sich gegen Regierungspräsidium Kassel

Konkret beschlossen hat das Gericht in Kassel in dem Eilverfahren, dass die aufschiebende Wirkung der Klage der Naturschutzinitiative wieder hergestellt wird. Das Regierungspräsidium Kassel (RP) hatte den Bau der Windräder am 8. November genehmigt, die Klage folgte am 27. November. 

Da das RP aber einen Sofortvollzug angeordnet hatte, wie es laut RP-Sprecher Michael Conrad bei solchen Verfahren üblich ist, durfte PNE schon mit den Arbeiten beginnen. Der Sofortvollzug hat zur Folge, dass PNE das Risiko trägt, bei einer erfolgreichen Klage der Windkraftgegner die Kosten für die Wiederaufforstung zu tragen.

Hier sollen die Windräder gebaut werden.
Hier sollen die Windräder gebaut werden. © HNA

Windräder auf der Katzenstirn: Gericht in Kassel sieht gute Chance für Klage der Windkraftgegner

Das Verwaltungsgericht in Kassel führt auf einem 25 Seiten langen Bericht, der dieser Zeitung vorliegt, aus, dass es dem Eilantrag der Naturschutzinitiative stattgibt, weil dieser auch im Hauptverfahren gute Aussichten auf Erfolg hat. 

Die Genehmigung für den Bau der Windräder sei „offensichtlich rechtswidrig“. Die Naturschutzinitiative hat in ihrer Klage die negativen Auswirkungen des Windparks auf zahlreiche bedrohte Tierarten dargelegt – das Gericht hat sich nun ausschließlich mit dem Wespenbussard beschäftigt. 

Rodungen auf der Katzenstirn.
Rodungen auf der Katzenstirn. © Christopher Ziermann

Horste dieser Vogelart in einem Umkreis von weniger als einem Kilometer um geplante Windräder sind ein eindeutiges Ausschlusskriterium.

Windräder auf der Katzenstirn: Gericht in Kassel kritisiert Schäden für die Umwelt

Dennoch genehmigt werden können Windräder dann nur, wenn geeignete Ausweichflächen für die Wespenbussarde geschaffen werden. Mehrere Seiten lang moniert das Gericht in Kassel, dass die Schaffung dieser Flächen nicht konkretisiert werde. 

Wespenbussarde im direkten Umfeld der Anlagen müsste man in Zukunft „vergrämen“. Dazu das Gericht: „Es wird nicht deutlich, wer dies unter welchen Voraussetzungen und auf welche Art und Weise auszuführen hat.“

Rodungen auf der Katzenstirn - hier mit Blickrichtung Bergheim.
Rodungen auf der Katzenstirn - hier mit Blickrichtung Bergheim. © Christopher Ziermann

Das Hauptverfahren zur Klage der Naturschutzinitiative hat laut Ingo Kühl noch nicht begonnen. Das Gericht geht in seiner Begründung für den Eilantrag allerdings davon aus, dass die Klage der Windkraftgegner „voraussichtlich erfolgreich sein wird“. 

Auf Nachfrage sagt RP Kassel-Sprecher Michael Conrad, dass es grundsätzlich möglich sei, Verwaltungsentscheidungen vor einem Hauptverfahren noch abzuändern – also zum Beispiel die Schaffung der Ausweichräume für die Wespenbussarde zu konkretisieren. 

Genaueres konnte Conrad gestern noch nicht sagen. PNE reagierte auf die Frage unserer Zeitung, ob man die Pläne für Windräder die Katzenstirn nun auf Dauer einstellen werde, bislang nicht.

Windräder auf dem Katzenstein von Gericht in Kassel gestoppt: Kommentar von HNA-Redakteur Christopher Ziermann

Die Bäume auf der Katzenstirn sind schon gefällt – auf Grundlage einer rechtswidrigen Entscheidung des Regierungspräsidiums in Kassel. Nun sind die Arbeiten erst mal gestoppt. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts fügt sich ein in die Reihe der vielen Hindernisse, die zunehmend dazu führen, dass in Nordhessen kaum noch neue Windparks entstehen – wie zuletzt auch bei Richelsdorf, wo das RP den Bau gar nicht erst genehmigte. Was ist da los? 

Man muss den Argumenten von Windkraftgegnern nicht folgen, die etwa eine Verspargelung der Landschaft und Hemmnisse für den Tourismus sehen. Diskussionen gibt es über eventuell gesundheitsschädigenden Infraschall und darüber, wie wirksam Windräder im Mix der regenerativen Energien überhaupt sind. Man kann den Windkraftgegnern auch vorwerfen, dass sie nach dem Sankt-Florian-Prinzip die Windräder eben einfach nur nicht vor der eigenen Haustür haben wollen. 

Windräder auf dem Katzenstein von Gericht in Kassel gestoppt - Kommentar: Rechtsstaat funktioniert

All das kann aber über eines nicht hinwegtäuschen: Bürgerinitiativen sorgen im Bereich Windkraft dafür, dass der Rechtsstaat funktioniert. Das ist ebenso erfreulich, wie auch bedenklich ist, dass das überhaupt nötig ist. 

Kurios ist, dass Initiativen mit dem Wort Naturschutz im Namen beim Thema Windkraft regelmäßig ausgerechnet mit den Grünen aneinandergeraten, die klarer Verfechter dieser Form der Energiegewinnung sind. Hessen hat 2011 – allerdings unter Schwarz-Gelb – beschlossen, auf zwei Prozent seiner Fläche Windräder zu ermöglichen. Dann hat sich die Realität bitteschön auch diesem politischen Ziel zu fügen. 

Windräder auf dem Katzenstein von Gericht in Kassel gestoppt -Kommentar - Vorschriften müssen eingehalten werden

Die Realität ist aber, dass hierzulande viele seltene Tierarten leben. Nun, wenn ein paar Vögel von den Windrädern getötet werden, sind das eben Kollateralschäden – kann man argumentieren. 

Doch Vorschriften wie das Bundesnaturschutzgesetz müssen eben eingehalten werden. Solange Windräder nicht mit geltendem Recht vereinbar sind, braucht man gar nicht erst in Grundsatzfragen über diese regenerative Energie einzusteigen. 

Dass die Gesetze eingehalten werden, ist unseren unabhängigen Gerichten zu verdanken – und den Ehrenämtlern, die die Probleme in diesem Fall überhaupt erst ans Licht befördert haben.

Windräder auf dem Katzenstein von Gericht in Kassel gestoppt: Umweltschutz gegen Windkraftanlagen

In der Region wurden mehrere Projekte aufgrund des Naturschutzes ausgebremst: Die Entwicklung der geplanten Windparks Katzenstirn und auf dem Höhenzug Franzosenstraße ist auf Eis gelegt worden. In beiden Fällen werden Gründe des Naturschutzes angeführt. 

Damals war der Ausgang der Klage ungewiss: Die Naturschutzinitiative hat gegen den geplanten Bau von vier Windrädern auf der Katzenstirn Klage eingereicht.

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