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Den Michel an der Leine: Mit Alpakas auf Wanderschaft

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Von: Carolin Hartung

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Angelockt von Futter rennen Birk (von links), Michel und Ron direkt los. Fotos: 2 Carolin Hartung / Ute Schütz

Familie Schütz aus Spangenberg bietet seit zwei Jahren Spaziergänge mit ihren Alpakas an, jetzt hat die Saison wieder begonnen. Für unsere Rubrik „Mitgemacht“ hatten wir Alpaka-Männchen Michel an der Leine.

Spangenberg – Ute Schütz drückt mir die Leine in die Hand. Los geht’s. Michel starrt mich mit seinen riesigen braunen Augen noch etwas skeptisch an, setzt sich aber dann doch bereitwillig in Bewegung. Puh, die erste Hürde ist geschafft. Alpaka-Männchen Michel lebt mit seinen Artgenossen Birk, Ron und Miro seit drei Jahren bei Familie Schütz in Spangenberg. Und wer dort oben von der Weide am Scheideweg mal seinen Blick hat schweifen lassen, der weiß: Hier lässt es sich als Alpaka ziemlich gut aushalten.

Seit zwei Jahren bieten Ute (54) und Michael Schütz (59) Wanderungen mit den Alpakas an. „Auf viele wirken die Tiere entschleunigend“, sagt Ute Schütz. Und tatsächlich. Wie Michel so brav und im eleganten Schritt neben mir hertrabt, wie ihn anscheinend gar nichts aus der Ruhe bringen kann, wirkt enorm entspannend. Der Weg durch den Wald ist für die neugierigen Tiere offensichtlich äußerst interessant. Die Ohren sind dauerhaft in Bewegung, drehen sich nach links und rechts, um jedes Geräusch einzufangen. Als ein Hund bellt, bleibt Michel stehen und dreht sich um 180 Grad, um mal nachzusehen, was hinter ihm passiert. „Alpakas sind sehr aufmerksame Tiere. Sie nehmen ihre Umgebung mit allen Sinnen wahr“, sagt Ute Schütz. Sie und ihr Mann Michael sind fasziniert von den Tieren und wollen ihre Faszination durch die Wanderungen mit anderen Menschen teilen.

Und dabei war es eigentlich nur Zufall, dass die vier Alpaka-Männchen bei den Schütz’ ein Zuhause gefunden haben. „Unser Grundstück ist 3500 Quadratmeter groß. Und wir haben nach einer Möglichkeit zur Rasenpflege gesucht“, erzählt Michael Schütz.“ Ziegen und Schafe seien den beiden sofort in den Sinn gekommen, zumal „ich schon immer Zwergziegen haben wollte“, verrät Ute Schütz. Durch eine Bekannte seien die beiden dann auf Alpakas gestoßen – es war Liebe auf den ersten Blick und die Lösung für das Grasproblem war gefunden.

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Aber mit den vier Tieren kam auch viel Arbeit auf die das Ehepaar zu. „Die Tiere waren extrem scheu und sofort gestresst, wenn man sie angefasst hat“, erzählt die 54-Jährige. Zu diesem Zeitpunkt sei gar nicht daran zu denken gewesen, ihnen ein Halfter anzulegen. Mithilfe von Lehrgängen eignete sich Ute Schütz jede Menge Alpaka-Wissen an. Und mit ganz viel Zuspruch und Geduld ließen sich die Alpakas auch schließlich das Halftern, Scheren und die regelmäßige Fußpflege gefallen. „Aber das war wirklich ein steiniger Weg.“

Was ich bei meinem Besuch lerne: Alpakas sehen zwar zum Knuddeln süß aus, aber sie sind keine Kuscheltiere. Sie tolerieren zwar, wenn man ihnen mal über den flauschigen Hals streicht, aber von genießen kann keine Rede sein. „Alpakas sind Berührungen von Geburt an nicht gewöhnt“, erklärt Ute Schütz. Die Zunge der Alpaka-Mutter sei zu kurz, um die Fohlen abzulecken, deswegen trocknen Alpakas nach der Geburt an der Luft. Deshalb sind Alpakas auch untereinander keine großen Schmuser.

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Unterwegs mit Michel: Redakteurin Carolin Hartung testete, wie es sich anfühlt, mit einem Alpaka spazieren zu gehen. Fazit: Extrem entschleunigend.

Unseren Spaziergang hingegen genießen die Alpakas in vollen Zügen. Damit das auch so bleibt, bieten die Schütz’ die Touren mit den Tieren nur ein- bis zweimal die Woche an. Meinem Michel – der übrigens nicht umsonst so heißt wie der freche Bub aus Lönneberga – geht es am Ende des Spaziergangs aber dann doch etwas zu langsam voran. Immer wieder trabt er ein paar Schritte vor und ich brav hinterher, um das Alpaka nicht zu verärgern. Die großen Tiere flößen nämlich trotz ihres süßen Aussehens ordentlich Respekt ein.

Aber keine Angst: Normalerweise treten Alpakas nicht aus – nur wenn sie wirklich verärgert sind oder an der falschen Stelle berührt werden – beispielsweise am Hinterteil. Da Alpakas zu den Kamelen gehören, spucken sie auch. „Aber das machen sie nur unter Artgenossen“, beruhigt mich Michael Schütz. Deswegen macht es auch nichts, wenn Michel durch einen leichten Ruck an der Leine merkt, dass er doch etwas langsamer gehen soll.

Wieder im Scheideweg angekommen, warten auf mich und wohl auch die Alpakas der Höhepunkt des Ausflugs: Leckerchen. Und da wirft auch der freche Michel jegliche Scheu ab und frisst mir aus der Hand.

Erlebnisse im Waldgarten

Neben den vier Alpakas leben bei Ehepaar Schütz in Spangenberg unter anderem auch Hühner, Kaninchen, Meerschweinchen, Hunde und Frettchen. Unter dem Namen „Tier mit mir“ bieten sie Tiererlebnisse, ein Tieratelier und eine Papierwerkstatt an. Außerdem soll Ende des Jahres eine Eule einziehen – der Platz für die Voliere steht schon fest.

2015 zogen Michael und Ute Schütz aus Süddeutschland nach Spangenberg. Das Paar hat drei erwachsene Kinder, die nicht mit nach Nordhessen kamen. Das Paar erfüllt sich mit dem tierischen Waldgarten einen Lebenstraum. „Wir wollten noch mal etwas Neues starten, etwas, wo man gesund alt werden kann“, sagt Ute Schütz. Die artgerechte Haltung der Tiere steht bei den beiden an erster Stelle. Neben den normalen Alpakawanderungen bietet das Paar auch Kräuterwanderungen mit Alpakas an. Ute Schütz zeigt dabei den Teilnehmern Kräuter, die man beispielsweise Kaninchen füttern kann. „Ich möchte mein Wissen weitergeben.“

Service: Ein zweistündiger Alpaka-Spaziergang kostet 35 Euro. Der nächste findet am 7. Juni statt.

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