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Terrorverdächtiger Spangenberger zu fast vier Jahren Haft verurteilt

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Von: Barbara Kamisli

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Der Angeklagte Marvin E. aus Spangenberg beim Prozessauftakt.
Der Angeklagte Marvin E. aus Spangenberg beim Prozessauftakt. © DPA/Arne dedert

Der mutmaßliche Rechtsextremist Marvin E. aus Spangenberg wurde zu drei Jahre und zehn Monaten Jugendstrafe verurteilt.

Spangenberg/Frankfurt - Der 21-Jährige tauschte sich im Internet über seine rechtsextreme Gesinnung aus, wollte in Hessen einen Ableger der US-amerikanischen rechtsterroristischen Atomwaffen Division gründen und einen Bürgerkrieg anzetteln. In seinem Kinderzimmer baute der Spangenberger funktionstüchtige Bomben und googelte nach Anschlagszielen, darunter auch Schulen in Kassel. Jetzt wurde der 21-Jährige vor dem Staatsschutzsenat am Oberlandesgericht Frankfurt zu einer Jugendstrafe von drei Jahren und zehn Monaten verurteilt.

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Tischlerlehrling versucht haben soll, eine terroristische Vereinigung zu gründen und einen Anschlag zu planen. Das Gericht blieb damit unter der Forderung der Bundesanwaltschaft von fünf Jahren Jugendstrafe. Die Verteidigung hatte drei Jahre und sechs Monate gefordert. Gegen das Urteil kann Revision eingelegt werden, Marvin E.s Verteidigung erklärte bereits, darauf zu verzichten.

Strafmildernd wirke sich aus, dass sich der 21-Jährige während des Prozesses positiv entwickelt habe und an dem Aussteigerprogramm für Rechtsextreme namens „Ikarus“ teilnehme, sagte der Vorsitzende Richter. Die schwierige Kindheit und eine Reifeverzögerung seien ebenfalls zu berücksichtigen.

„Wir sind aber zuversichtlich, dass Sie ihre positive Entwicklung fortführen und ihre technischen Fähigkeiten legal einsetzen“, sagte der Richter an den Angeklagten gewandt.

Bereits früh habe sich bei Marvin E. ein diffuser Hass aufgebaut. Freunde hatte er nicht, und vom Lehrer fühlte er sich wegen seiner schulischen Leistungen gemobbt. Liebe und Aufmerksamkeit für den geradezu unscheinbar wirkenden jungen Mann gab es zuhause offenbar nicht. Stattdessen Schläge und verbale Gewalt.

Der 21-Jährige experimentierte früh mit Pyrotechnik und spielte viele Stunden am Computer. Darauf wurden bei ihm Videos von Hinrichtungen und Amokläufen gefunden.

Mittlerweile habe Marvin E. sein Verhalten reflektiert und schäme sich für seine Gedanken, konstatierte der Richter. Er habe den Eindruck, die Hauptverhandlung habe ihm gutgetan. „Ich habe noch nie einen so positiv gestimmten Angeklagten gesehen.“

E. habe vor Gericht offenbar die Aufmerksamkeit bekommen, die er sonst in seinem sozialen Umfeld nicht bekam. (Barbara Kamisli)

AWD - Gefährliche Neonazi-Gruppe

Die Atomwaffen Division (AWD) gilt laut amerikanischer Berichte als eine der gefährlichsten Neonazi-Gruppen der Gegenwart. Erstmals öffentlich in Erscheinung trat die AWD 2015 in Florida. Mitglieder der Gruppe werden für mehrere Tötungsdelikte verantwortlich gemacht. Ableger der AWD gibt es bereits in mehreren Ländern – darunter auch die Atomwaffendivision Deutschland. Weltweit werden Mitglieder abgeworben – vornehmlich über das Internet. ddd

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