Nach der neuen Erhebung hätten 202 von 318 befragten Unternehmen gern neue Mitarbeiter gewonnen, fanden sie aber nicht. Insgesamt summierte sich der Arbeitskräftebedarf auf 845 Personen. Das größte Problem gab es bei Fachkräften mit 363 vakanten Positionen im gewerblich-technischen Bereich. Aber auch ungelernte Arbeitnehmer wurden gesucht. 75 der befragten Unternehmen gaben an, dass sie Platz für 266 ungelernte Arbeitskräfte gehabt hätten.
Weniger gefragt waren Akademiker. 60 Personen mit Hochschulabschluss wurden gesucht. Auf der Wunschliste standen zudem 156 Ausbildungswillige. Allerdings ist die Ausbildungsquote der befragten Firmen mit nur 39,5 Prozent ausbaufähig. Dewald: „Es gibt Bedarf bei allen Qualitätsniveaus.“
Um dem Mangel zu begegnen, haben die meisten Firmen mit einer attraktiveren Bezahlung reagiert. 190 hatten sich dazu durchgerungen, 27 planten es, 38 verneinten die Möglichkeit. Beliebt waren auch Angebote zur flexiblen Arbeitszeitgestaltung zum Beispiel mit Arbeitszeitkonten (184, 8, 81), Mobilitätsangebote mit Jobticket, Bahncard, Tankgutscheinen (123, 33, 104) sowie Homeoffice (101, 6, 160). Für den Referenten resultierte daraus die Frage: „Wenige Maßnahmen trotz hoher Not?“
Landrätin Astrid Klinkert-Kittel, verband mit der Unternehmensbefragung die Hoffnung, „den Landkreis weiter voranbringen zu können“. Sie kündigte an, verstärkt Betriebe zu besuchen.
Die vom Landkreis in Auftrag gegebene Betriebsbefragung ergab Ergebnisse in verschiedenen Bereichen:
Baustelle Gewerbefläche: Bei der Herbstbefragung von Unternehmen im Landkreis Northeim kam heraus, dass es eine akute Nachfrage für Gewerbeflächen gibt.
Jeder vierte Betrieb hat nach den Worten des Geschäftsführers der Marburger Gesellschaft für angewandte Kommunalforschung (GEFAK), Dr. Ulrich Dewald, Bedarf. 61,4 Prozent suchen insbesondere Lagerflächen, 51,8 Prozent Gewerbegrundstücke, 39,8 Prozent Büroflächen und 32,5 Prozent Produktionsflächen. Die Größenordnung wurde mit rund 21 Hektar ermittelt, mit einem Schwerpunkt von knapp sieben Hektar auf Lagerflächen - offenbar auch eine Reaktion auf gestörte Lieferketten, die Betriebe dazu gebracht haben, über größere Lager nachzudenken.
Verbessert hat sich in den vergangenen Jahren in vielen Bereichen die Internetanbindung. Weitgehend zufrieden sind vor allem die befragten Unternehmen in Northeim, Einbeck und Uslar. Ausbaubedarf besteht nach den Erhebungen jedoch noch in Bad Gandersheim und Umgebung. Wie bei den Arbeitskräften klaffen Wichtigkeit und Zufriedenheit in diesem Punkt bei den Unternehmen am weitesten auseinander. Immerhin um rund zwei Punkte auf einer Skala von eins bis fünf. Auf dieser Skala der Zufriedenheit bewerten die Betriebe die Standortfaktoren im Landkreis mit der Note 2,57. Für Gefak-Geschäftsführer Dewald bedeutet dieser Wert eine „hohe Gesamtzufriedenheit“.
Am besten schneiden die örtlichen Straßenanbindungen (2,10), die überregionale Straßenanbindung (2,22), die Nahversorgung unter anderen mit Einzelhandel und medizinischer Grundversorgung (2,39) und das Schulangebot (2,54) ab. Nicht mehr ganz so üppig werden die Kinderbetreuungsangebote (2,73) bewertet. Am schlechtesten schneidet die Flughafenanbindung (4,16) ab. Keinen Blumentopf gibt es auch mit der Ladeinfrastruktur für E-Autos (3,80), qualifizierten Arbeitskräften (3,79), sonstigen Arbeitskräften (3,57) und der Verfügbarkeit von Gewerbeflächen (3,32) zu gewinnen.
Eher negativ werden zudem die überregionale Schienenanbindung (3,31) und der öffentliche Nahverkehr (3,17) gesehen. Für Arbeitnehmer und Arbeitgeber gleichermaßen wichtig ist die Verfügbarkeit von Wohnraum und dessen Preisniveau. Da liegen die Werte bei 3,08 und 2,82, aber im Vergleich mit süddeutschen Kommunen, so Dewald, sei die Lage immer noch wesentlich günstiger. Allerdings waren diese Werte bei der Befragung 2011 schon erheblich besser. Damals lagen sie bei 2,59 und 2,64. Zunehmend Bedeutung gewinnen Maßnahmen zur betrieblichen Nachhaltigkeit. Dazu zählen unter anderen Fahrrad-Leasing (96 Betriebe ja, 37 geplant, 124 Nein), die Installation von PV Anlagen (93, 68, 89), die Umstellung auf erneuerbare Energien (75, 73, 98), die Umstellung der Fahrzeuge auf alternative Antriebe (75, 73, 102) und die Errichtung beziehungsweise der Betrieb von E-Ladesäulen. Dewald: „Daran gibt es hohes Interesse.“ Die Ergebnisse der Unternehmensbefragung können auf der Homepage landkreis-northeim.de unter „Bildung und Wirtschaft“ nachgelesen werden. (Hans-Peter Niesen)
Die Marburger Gesellschaft für angewandte Kommunalforschung (Gefak) hatte im Herbst 2022 einen Fragebogen insbesondere zu den Themen Standortzufriedenheit, Fachkräfte, Gewerbeflächen und Herausforderungen zur regionalen Entwicklung an 1070 Betriebe verschickt. Ein Drittel der Fragebögen kam ausgefüllt zurück, wenn auch nicht immer vollständig. Laut Gefak-Geschäftsführer ist das eine „sehr gute Quote“. Der Durchschnitt bei Befragungen liege bei 25 Prozent. (zhp)