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Gleise in Bad Gandersheim, Nörten-Hardenberg und Bodenfelde sind nicht barrierefrei

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Von: Rosemarie Gerhardy

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Nur am Gleis 2 am Bad Gandersheimer Bahnhof gibt es einen barrierefreien Zugang. Rollifahrer können deshalb nur hier ein- und aussteigen. Zu Gleis 3 führt eine Unterführung (hinten), die nur über Treppen erreichbar ist.
Nur am Gleis 2 am Bad Gandersheimer Bahnhof gibt es einen barrierefreien Zugang. Rollifahrer können deshalb nur hier ein- und aussteigen. Zu Gleis 3 führt eine Unterführung (hinten), die nur über Treppen erreichbar ist. © Hubert Jelinek

Bahnfahren stellt Rollifahrer immer wieder vor große Herausforderungen: Gleise sind nicht zu erreichen, Fahrstühle sind defekt, Mobilitätshilfen nicht verfügbar, um nur einige Probleme zu nennen. Damit wird ihnen die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben erschwert, wie zum Beispiel der Besuch der Domfestspiele in Bad Gandersheim.

Landkreis Northeim – Gleis 3 am Bahnhof Bad Gandersheim ist nicht barrierefrei zu erreichen. Ein Fahrstuhl ist nicht vorhanden, sondern nur eine Treppe. Diese ist für Rollstuhlfahrer aber nicht zu überwinden. Was das für Folgen bei einer Bahnreise beispielsweise zu den Domfestspielen hat, macht Marco Schnyder deutlich.

Bad Gandersheim

Er berichtet, dass die Rollstuhlfahrer vom Rollstuhltraining Göttingen einen Ausflug mit der Bahn zu den Domfestspielen machen wollten. Aber da der Zug aus Göttingen am Gleis 3 ankommt, wurde ihnen seitens der Deutschen Bahn empfohlen, zunächst bis nach Seesen zufahren, dort in den Zug gen Süden umzusteigen, um dann in Bad Gandersheim am barrierefreien Gleis auf der Bahnhofsseite anzukommen. Dadurch verlängere sich die Fahrzeit von 40 Minuten auf 1 Stunde und 38 Minuten, erklärt Schnyder und betont: „Im Jahr 2022 geht das einfach nicht mehr!“. Er erinnert an die UN-Behintertenrechtskonvention, die eine gleichberechtigte Teilhabe verankert habe.

Die Deutsche Bahn plant, die Station Bad Gandersheim voraussichtlich 2026 zu modernisieren und barrierefrei auszubauen, teilt sie auf HNA-Nachfrage mit. Dazu zähle insbesondere die Erneuerung des Haus- und Zwischenbahnsteigs, die Erhöhung der Bahnsteige auf 55 Zentimeter, der Neubau der Beleuchtungsanlage sowie der Rückbau nicht mehr benötigter Bahnsteiganlagen.

Möglicherweise früher umsetzbare Alternativlösungen, die dann schon für die Landesgartenschau 2023 gelten könnten, wie die Verlegung der Station an einen anderen Punkt an der Strecke und Provisorien, wie ein Behelfsbahnsteig, wurden gemeinsam mit Kommune, Landesnahverkehrsgesellschaft und Bahn verworfen, teilt die Deutsche Bahn mit.

„Wir wissen um diese unbefriedigende Situation und haben schon viele Gespräche mit der Bahn geführt“, so Bürgermeisterin Franziska Schwarz. Sie hätte sich vorstellen können, dass alle Züge am barrierefreien Gleis ankommen oder eine Querung über die Gleise eingerichtet würde. Das habe die Bahn aber abgelehnt.

Mit Blick auf die Landesgartenschau (LAGA) 2023 sagt die Bahn, dass die barrierefreie Anreise über die direkten Busverbindungen zum LAGA-Gelände unter anderem von den Bahnhöfen Kreiensen sowie Seesen gewährleistet sei. Bürgermeisterin Franziska Schwarz berichtet auf HNA-Nachfrage, dass man zudem versuchen werde, einen Shuttle oder andere ÖPNV-Angebote anzubieten.

Ärgert sich, wenn Gleise nicht barrierefrei zu erreichen sind: Marco Schnyder.
Ärgert sich, wenn Gleise nicht barrierefrei zu erreichen sind: Marco Schnyder. © Schnyder/nh

Die LAGA werde barrierefrei sein und sie hoffe auf viele Besucher auch mit Rolli. Sie bedauere sehr, dass die Situation am Gandersheimer Bahnhof vorher nicht mehr zu ändern sei.

Nörten-Hardenberg

Die gleichen Probleme mit einem nicht barrierefreien Gleis gibt es in Nörten-Hardenberg. Aktuell sehen die Planungen der Bahn einen Beginn des barrierefreien Ausbaus inklusive Neubau von Personenaufzügen für 2026 vor, teilt die Deutsche Bahn mit.

Bodenfelde

Auch der Bahnhof Bodenfelde stellt für Rollifahrer eine Herausforderung dar, da auch hier nicht alle Gleise barrierefrei sind. Marco Schnyder aus Göttingen nennt noch weitere Fallstricke, mit denen er sich hier auseinandersetzen muss. So müsse er auch für eine Fahrt nach Bodenfelde bei der Mobilitätszentrale der Bahn mindestens 24 Stunden vorher eine Fahrt anmelden. Dann würde er, wenn verfügbar, einen Fahrdienst bekommen, der ihn nach Bodenfelde bringen würde. „Ich fahre dann parallel zum Zug mit dem Fahrdienst, das ist ökologisch eigentlich nicht sinnvoll“, so Schnyder.

Hinzu komme in Bodenfelde ein weiteres Problem. Hier verkehre an dem barrierefreien Gleis die Nord-West-Bahn, aber anders als bei DB-Regio und Metronom gebe es keine ausreichend lange Rampe in den Zügen, um auch die Stufen im Zugeingang zu überwinden. Spontan mit der Bahn zu reisen, sei für ihn und andere Rollifahrer nur schwer möglich, bedauert er.

Defekte Fahrstühle

Auch Monika Nölting, Vorsitzende des Beirats für Menschen mit Behinderungen im Landkreis Northeim, kennt die Probleme an den Bahnhöfen. Zudem könne man sich leider auch nicht darauf verlassen, dass immer alle Fahrstühle funktionieren, da das nicht immer zeitnah von der Bahn über die App oder die Homepage kommuniziert werde. „Man reist immer mit einem etwas mulmigen Gefühl“, sagt sie.

Auf einen funktionierenden Fahrstuhl angewiesen: Monika Nölting am Northeimer Bahnhof. Archi
Auf einen funktionierenden Fahrstuhl angewiesen: Monika Nölting am Northeimer Bahnhof. Archivfoto © Michael Caspar

Schienenersatzverkehr

Beim Schienenersatzverkehr gebe es für Rollstuhlfahrer ebenfalls immer wieder Probleme, berichtet sie. Nicht immer würden Niederflurbusse eingesetzt. „Sie glauben gar nicht, wie oft ich schon dem Busfahrer erklären musste, wie die Rampe ausgeklappt wird“, sagt Nölting.

Neun-Euro-Ticket

Das Neun-Euro-Ticket mache es für Rolli-Fahrer in der Bahn auch nicht einfacher. Die Züge seien jetzt oft so voll, dass weniger Platz für die Rollstuhlfahrer sei. Wer seine Fahrt mit Rollstuhl nicht angemeldet habe, werde dann zum Teil nicht mitgenommen, schildert sie die Erfahrungen der letzten Wochen. (Rosemarie Gerhardy)

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