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Einbecker Mordprozess zieht sich hin

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Von: Heidi Niemann

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Der Eingang zum Landgericht Göttingen.
Der Eingang zum Landgericht Göttingen. © Bernd Schlegel

Im Prozess um den gewaltsamen Tod einer 27-jährigen Frau in Einbeck ist noch kein Ende absehbar. Dabei hat die Staatsanwaltschaft bereits vor drei Monaten ihr Plädoyer gehalten.

Einbeck - Dass sich der Prozess vor dem Landgericht Göttingen weiter in die Länge zieht, liegt insbesondere daran, dass die Verteidigung die Plädoyers von Staatsanwaltschaft und Nebenklage zum Anlass genommen hat, weitere Beweisanträge zu stellen.

Normalerweise läuft ein Strafprozess nach dieser Reihenfolge ab: Erst wird die Anklage verlesen, dann kann der oder die Angeklagte sich dazu äußern, danach steigt das Gericht in die Beweisaufnahme ein. Sind alle Zeugen befragt, alle sonstigen Beweismittel eingeführt, etwaige Beweisanträge abgearbeitet und Sachverständige gehört, wird die Beweisaufnahme geschlossen.

Es folgen die Plädoyers von Staatsanwaltschaft, Nebenklage und Verteidigung, zum Schluss hat der Angeklagte das letzte Wort. Danach zieht sich das Gericht zur Beratung zurück und verkündet anschließend das Urteil.

Schon vorher hatte dieser Prozess sich ungewöhnlich lange hingezogen. Inzwischen sind seit dem Start im Januar 2021 mehr als zwei Jahre vergangen. Nun war der 51. Verhandlungstag.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem 51 Jahre alten Angeklagten vor, am 14. April 2020 seine Ehefrau durch einen gezielten Schuss aus einer illegal erworbenen Pistole vorsätzlich getötet zu haben. Der Angeklagte habe seine mehr als 20 Jahre jüngere Ehefrau heimtückisch erschossen, weil diese sich von ihm trennen wollte. Der Vertreter der Staatsanwaltschaft forderte in seinem Mitte November gehaltenen Plädoyer, den 51-jährigen wegen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe zu verurteilen.

Die Ermittler hatten anfangs allerdings keinen dringenden Tatverdacht wegen eines vorsätzlichen Tötungsdelikts gesehen. Der Mann hatte selbst den Notruf gewählt und mitgeteilt, dass er glaube, seine Ehefrau versehentlich beim Waffenreinigen erschossen zu haben. Erst fünf Monate später nahm ihn die Polizei unter Mordverdacht fest, seitdem sitzt er in Untersuchungshaft.

In vielen Strafprozessen rügen Verteidiger, dass die Polizei einseitig zu Lasten ihres Mandanten ermittelt habe. In der Verhandlung am Mittwoch ging deren Kritik indes in eine andere Richtung: Die Verteidiger bemängelten, dass sich die Polizei frühzeitig auf den Verdacht der fahrlässigen Tötung festgelegt habe, ohne ein vorsätzliches Tötungsdelikt in Betracht zu ziehen. Deshalb seien potenzielle Spuren nicht gesichert worden. Unter anderem hätten die Ermittler ein feuchtes Tuch auf dem Couchtisch nicht untersucht, das zum Waffenreinigen benutzt worden sein könnte.

Tatsächlich hatten die Ermittler dem Tuch keine große Beachtung geschenkt. Man habe dieses vom Beweiswert her damals für nicht relevant gehalten und auf dem Tisch liegenlassen, sagte am Mittwoch ein als Zeuge geladener Polizist. Nach Ansicht der Verteidigung sei dies ein erhebliches Versäumnis. Denn nun lasse sich nicht mehr feststellen, ob sich daran Waffenöl befand. Der Prozess wird in der kommenden Woche fortgesetzt.  (Heidi Niemann/pid)

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