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Frau getötet: Verteidiger fordert Bewährungsstrafe

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Von: Heidi Niemann

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Justitia Symbolbild
Justitia (Symbolbild) © Peter Steffen/dpa

Staatsanwalt bleibt bei Mord-Vorwurf und fordert lebenslange Haftstrafe für 51-Jährigen aus Einbeck.

Einbeck/Göttingen – Der seit mehr als zwei Jahren am Landgericht Göttingen laufende Prozess um den gewaltsamen Tod einer 27-jährigen Frau in Einbeck befindet sich nun offensichtlich endgültig auf der Zielgeraden: Am Mittwoch haben die Verteidiger ihre Plädoyers gehalten. Ihrer Ansicht nach hat sich der Vorwurf des Mordes nicht bestätigt.

„Es wurde weder eine vorsätzliche Tötung nachgewiesen noch ein Mordmotiv festgestellt“, sagte Rechtsanwalt Florian Melloh. Zu dem tödlichen Vorfall sei es vielmehr dadurch gekommen, dass der Angeklagte unsachgemäß mit seiner Pistole umgegangen sei.

Beim Reinigen der Waffe habe sich ein Schuss gelöst, der tragischerweise dessen Ehefrau getroffen habe. Der 51-Jährige sei wegen fahrlässiger Tötung und unerlaubten Waffenbesitzes zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren zu verurteilen, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt werden sollte.

Zuvor hatte Staatsanwalt Jens Müller den Antrag wiederholt, den er bereits in seinem ersten Plädoyer im November gestellt hatte: lebenslange Freiheitsstrafe wegen Mordes. Nach seiner Ansicht hat der 51-Jährige seine Ehefrau durch einen gezielten Schuss aus einer illegal erworbenen Pistole heimtückisch getötet, weil sie sich von ihm trennen wollte. Die Vertreter der Nebenklage plädierten ebenfalls auf eine lebenslange Freiheitsstrafe, außerdem sei die besondere Schwere der Schuld festzustellen.

Nach Ansicht der Verteidigung ist die Version des Angeklagten, dass sich der Schuss versehentlich gelöst habe, nicht zu widerlegen. Zur Begründung verwiesen die Anwälte auf eigene Versuche, die sie mit der sichergestellten Pistole angestellt hatten. Die Staatsanwaltschaft hatte argumentiert, dass die Waffe drei unabhängige Sicherungssysteme habe, was eine versehentliche Schussabgabe sehr unwahrscheinlich mache. Die Versuche hätten jedoch gezeigt, dass sich ein Schuss lösen könne, wenn die Drehsicherung an der Seite nicht arretiert sei, sagte Verteidigerin Gabriele Heinecke.

Sie kritisierte das Vorgehen der Polizisten, die damals in die Wohnung gekommen waren. Sie hätten wichtige Spuren nicht gesichert, sagte Heinecke. So seien ein Feuchttuch und ein verknülltes Taschentuch neben der Leiche weggeworfen worden.

Die Polizisten hätten ohne Rücksprache mit der Staatsanwaltschaft Fakten geschaffen, dies sei ein grundlegender Fehler zu Lasten des Angeklagten. Auf einem Foto der Polizei war auf dem Couchtisch neben der Waffe ein gelb verfärbtes Tuch zu sehen. Die Beamten hatten dem allerdings keine Bedeutung beigemessen, weil sie von einem Unfall ausgingen.

Warum die Ermittler später auf ein vorsätzliches Tötungsdelikt umschwenkten, darüber könne man nur spekulieren, meinte Rechtsanwalt Melloh. Schon kurz nach der Tat hatten kurdische Frauenorganisationen auf einem Internet-Portal verbreitet, dass die 27-jährige Mutter von drei Kindern einem Femizid zum Opfer gefallen sei.

Die aus dem Irak stammende 27-Jährige war die zweite Frau des Angeklagten – von seiner ersten Frau war er geschieden, diese soll zeitweilig in einem Frauenhaus Schutz gesucht haben. Behauptungen, der Angeklagte sei gegenüber seiner zweiten Frau gewalttätig gewesen, beruhten nur auf Hörensagen. „Das Narrativ einer unterdrückten Frau, die von einem deutlich älteren Mann als Dienerin gehalten wird, ist widerlegt“, sagte der Verteidiger. Das Gericht will sein Urteil Anfang März verkünden.   (pid)

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