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Abschied mit Herz, Hannover 96 und ein paar Tränen

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Von: Kathrin Plikat

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Erinnerungen: Sohn Bernd und Vater Klaus Frenzel mit einem historischen Foto
Erinnerungen: Sohn Bernd und Vater Klaus Frenzel mit einem historischen Foto des früheren Bahnhofsgebäude in Nörten-Hardenberg. © Kathrin Plikat

Familie Frenzel aus Nörten schreibt 150 Jahre Eisenbahner-Geschichte. Jetzt ist Sohn Bernd nach 50 Jahren bei der Deutschen Bahn in den Ruhestand gegangen.

Nörten-Hardenberg – Eine tolle Modelleisenbahn hatte Bernd Frenzel als kleiner Junge nicht. War er deswegen traurig? Nein. Warum auch? Der heute 65-jährige erlebte als Kind Züge, Loks, Stellwerk und 1000 andere Dinge sogar hautnah. Der Nörten-Hardenberger ist in einer Eisenbahner-Familie aufgewachsen und vor wenigen Tagen nach 50 Berufsjahren als Eisenbahner in den Ruhestand gegangen.

Schon sein Großvater Fritz war 50 Jahre lang in dem Beruf tätig, sein Vater Klaus fast 50 Jahre. Und mit dem Ruhestand von Bernd endet jetzt die knapp 150-jährige Eisenbahnergeschichte der Familie Frenzel. Traurig? „Natürlich ist auch schon die eine oder andere Träne geflossen. Aber richtig realisiert habe ich das noch nicht. Für mich fühlt sich alles noch wie Urlaub an“, sagt Bernd Frenzel lächelnd.

1973 hat er seine Ausbildung am Bahnhof Nörten-Hardenberg als „Bundesbahn-Aspirant“ begonnen. Später folgten mehrere Weiterbildungen, dann die Beamtenlaufbahn. Bernd Frenzel arbeitete unter anderem als Rangierleiter am Bahnhof Hannover-Seelze, war danach zuständig für verschiedene Stellwerke und landete später am Bahnhof Nörten-Hardenberg. „Und da hatte ich das große Glück, noch sechs Jahre mit meinem Vater zusammenzuarbeiten.“

Vater Klaus hat ihm das Eisenbahn-Gen offenbar vererbt. Kein Wunder, denn als der seine ersten Jahre bei der Bahn in Nörten verbrachte, wohnte Familie Frenzel in einer Dienstwohnung im alten Bahnhofsgebäude.

Auch als Bernds Eltern 1973 ein Haus in Nörten-Hardenberg bauten und die Familie umzog, war Bernd fast jeden Tag am Bahnhof, unter anderem, um seinem Vater das Mittagessen zu bringen.

Und auch der war, so erinnert er sich, regelrecht „eisenbahnverrückt“ – was er von seinem Vater Fritz vererbt bekommen hat: „Ich wollte am liebsten schon mit 15 meine Ausbildung beginnen. Das klappte aber nicht, weil es nicht genügend Ausbildungsplätze gab. Also ging das erst mit 16“, erinnert sich der heute 86-Jährige. Das war im Jahr 1953. Als Vater Klaus 1998 in den Ruhestand ging, war er natürlich froh, dass sein Sohn Bernd die Eisenbahner-Fahne in der Familie Frenzel hochhielt.

Ende voriger Woche hat Bernd nun seine Abschiedsparty gefeiert, mit seinen beiden Familien und vielen Freunden. Zwei Familien? „Ja, mit meiner echten Familie und mit meiner Eisenbahner-Familie“.

Und natürlich sind auch da viele Tränen geflossen. Denn eines ist unbestritten: Bernd Frenzel hat seine Arbeit geliebt. Als Zugbegleiter war er viele Jahre auf den Strecken der Deutschen Bahn unterwegs, hat viel gesehen und viel erlebt.

„Aber der Umgang mit Menschen hat mir immer am meisten Spaß gemacht. Und wenn ich Kunden helfen konnte, war das doppelt toll“, sagt Bernd Frenzel. Zuletzt war er im Service-Point des Göttinger Bahnhofs tätig.

Da ist es auch kein Wunder, dass viele Kunden „ihren Bernd“ mochten: In seinem letzten Dienstjahr erhielt er von seinem Arbeitgeber die Auszeichnung „Eisenbahner mit Herz“. Ein Kunde, dem er aus einer misslichen Lage geholfen hatte, hatte ihn dafür vorgeschlagen. Die Auszeichnung wird jährlich übrigens nur 30 Bahn-Mitarbeitern bundesweit verliehen.

Aber natürlich gab es auch Bahnreisende, die mit dem Service der Deutschen Bahn so überhaupt nicht einverstanden waren. Deren Frust traf dann Zugbegleiter Frenzel und dessen Kollegen, manchmal auch ganz schön heftig: „Ich wurde bedroht, beschimpft und bespuckt.“

Richtig gern hat er aber zum Beispiel Fußballfans begleitet – auch wenn deren Ruf oft alles andere als gut ist. Denn neben der Eisenbahn hat Bernd Frenzel noch eine zweite große Liebe, wie er sagt: Fußball. „Ich denke, ich konnte mich immer ganz gut in die Fußballfans hineinversetzen.“

Er selbst ist nämlich Fan von Hannover 96. Kein Wunder, dass er an seinem letzten Arbeitstag nach Feierabend nicht nach Hause gegangen ist, sondern sich umgezogen und in den Zug nach Hannover gesetzt hat, um dort „seine“ Mannschaft im Stadion anzufeuern. Apropos Fußball: Bernd Frenzel spielte selbst leidenschaftlich auch höherklassig Fußball, unter anderem in Göttingen und Nörten-Hardenberg, war als Trainer tätig.

Und, wie sollte es auch anders sein, er spielte in der Nationalmannschaft der Deutschen Bahn, nahm an Länderspielen teil, sogar an Deutschen und Europa-Meisterschaften. „Darauf bin ich echt stolz, denn das hat nicht jeder geschafft.“

Doch nun ist das Thema Eisenbahn bei Familie Frenzel „offiziell“ vorbei. Obwohl: „Einmal Eisenbahner, immer Eisenbahner“, sagt Vater Klaus. Denn warum sollte es seinem Sohn Bernd anders gehen, als ihm: Obwohl er im Ruhestand war, fragten ihn Bekannte noch Jahre später, wann welcher Zug auf welchem Gleis in Nörten startet. Und natürlich gab es immer eine präzise Antwort. (kat)

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