Innenminister Boris Pistorius bei der HNA: "Polizeiaufstockung wichtiges Ziel"

Northeim. Eine deutliche Personalaufstockung bei der Polizei in Niedersachsen: Das ist eines der wichtigsten Ziele, das Innenminister Boris Pistorius (SPD) derzeit verfolgt.
Das sagte er am Mittwoch bei einem Gespräch in der Northeimer HNA-Redaktion. Und sein Kabinett sei auch schon aktiv geworden: Bis 2018 sollen gut 500 Anwärter mehr für den Vollzugsdienst eingestellt werden, außerdem fast 500 Stellen mehr im Bereich Verwaltung. „Das ist die höchste Zahl an Polizeianwärtern, die es bislang im Land gab“, sagte Pistorius.
Natürlich müssten diese Anwärter erst einmal gut drei Jahre lang ausgebildet werden. Bis dahin gelte es, den Personalmangel, für den Pistorius die Schuld übrigens der vorherigen CDU/FDP-Landesregierung zuschiebt, zu überbrücken. „Wir sind die erste Landesregierung, die 150 Leute mehr einstellt, als ausscheiden“, sagte er stolz.
Dass parallel zu dieser Entwicklung in Uslar und Bad Gandersheim die Polizeidienststellen nachts nur noch mit drei Beamten besetzt sind, weiß der Innenminister. Er könne die Sorge der Bevölkerung deswegen verstehen. Er betonte aber, dass sich die Kriminalität im Laufe der Jahre dahingehend verändert habe, dass jetzt andere Schwerpunkte gesetzt werden müssten. Pistorius nannte das Beispiel Kinderpornografie: „Früher wurde das Schmuddelheft unter der Ladentheke verkauft. Heute haben die Täter Dateien mit Kinderpornos in Terabyte-Größe auf ihren Rechnern. Das ist bedeutende Kriminalität, die wir immer intensiver bekämpfen müssen.“

Aus diesem Grund seien Fachkommissariate, unter anderem für Internetkriminalität, personell verstärkt worden. Das bedeute aber, dass an anderer Stelle Personal abgezogen wurde. „Es gibt bei der Polizei nun mal keinen Transfermarkt wie im Fußball. Wir können nur über das Personal verfügen, das aktuell im Land vorhanden ist.“
Pistorius betonte, dass ihm klar sei, dass jedes Dorf gerne eine eigene Polizeistation hätte. „Wir tun alles, was wir können. Aber nicht immer kann die Dienststärke in den Dienststellen aufrechterhalten werden.“
Pistorius zum Thema Salafismus
Südniedersachsen ist kein Sammelbecken für Salafisten.“ Das sagte Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) mit Blick auf die Festnahme eines der Salafisten-Szene zuzuordnenden Verdächtigen in Northeim vor zwei Wochen. Das gelte auch für die Festnahme der beiden sogenannten „Gefährder“ kurz zuvor in Göttingen. „Das hat nach unseren Erfahrungen nichts mit den Städten zu tun, sondern damit, wo sich radikale Menschen gerade zufällig niedergelassen haben“, sagte Pistorius. Viel mehr Sorgen mache ihm die Tatsache, dass sich junge Leute immer schneller als noch vor zwei oder drei Jahren radikalisieren. Dabei spiele das Internet eine große Rolle.
„Da gibt es einfache Antworten auf komplexe Fragen.“ Auffällig sei, dass der Anteil der jungen Mädchen zunehme. Der Verfassungsschutz beobachte die Entwicklung sehr aufmerksam. Laut Pistorius sei Salafismus nicht nur eine Folge gescheiterter Integration in Deutschland: „Viele Anhänger der Szene sind in Deutschland geboren.“ Die Radikalisierung von Jugendlichen habe auch weniger ihre Wurzel in einer gescheiterten Integration, sondern häufig in Perspektivlosigkeit.
Pistorius zum Thema Feuerwehren
Die Landesregierung beabsichtigt vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung nicht, die Sollstärke für die Aktivenzahl der Ortsfeuerwehren, die derzeit in Niedersachsen bei 22 liegt, zu senken. „Wir überlegen aber, die Altersgrenze für Aktive in den Feuerwehren auf generell 67 anzuheben“, so Pistorius. Derzeit liegt sie bei 63 und kann bei Bedarf bei medizinischer Eignung verlängert werden. Zur Kritik aus den örtlichen Feuerwehren auch aus dem Landkreis Northeim, dass es derzeit kaum freie Plätze für Ausbildungskurse in den Landesfeuerwehrschulen gebe, sagte der Innenminister, dass dies die Folge von Versäumnissen der vorherigen Landesregierung sei. Weder die Feuerwehrschulen seien ausgebaut worden, noch habe man auf ausreichend Lehrpersonal geachtet. Dies solle nun anders werden. Die Landesregierung investiere derzeit 80 Millionen Euro in den Ausbau der Landesfeuerwehrschulen in Celle und Loy. Das Land wende dafür erstmals sogar 40 Millionen Euro aus eigenen Haushaltsmitteln auf. Weitere 40 Millionen Euro kommen aus dem Topf der Feuerschutzsteuer. Pistorius: „2018 ist alles fertig und dann wird der Engpass in der Ausbildung beendet sein.“
Zur Person:
Boris Pistorius (SPD), geboren 1960 in Osnabrück, ist seit 2013 Innenminister von Niedersachsen. Von 2006 bis 2013 war er Oberbürgermeister von Osnabrück. Der heute 56-Jährige wechselte nach einer kurzen Tätigkeit als Anwalt 1991 in den Landesdienst, unter anderem ins Innenministerium. Pistorius war verheiratet und hat zwei Kinder. Seine Frau starb 2015 an Krebs, Ende 2016 wurde bekannt, dass Pistorius mit Doris Schröder-Köpf liiert ist.