Die Telenotfallmediziner bewähren sich

Das Pilotprojekt Telenotfallmedizin der Landkreise Goslar und Northeim war erfolgreich. Auf Basis der dabei gemachten Erfahrungen soll die Telenotfallmedizin nun niedersachsenweit etabliert werden. Das wurde bei der Sitzung des Brand- und Katastrophenschutzausschusses des Kreistags am Dienstagabend bekannt.
Northeim – Die Sitzung fand zu diesem Tagesordnungspunkt und zum Thema Leitstellenverbund online gemeinsam mit dem entsprechenden Ausschuss des Goslarer Kreistags statt. Die beiden Ärztlichen Leiter Rettungsdienst, Dr. Tobias Steffen (Goslar) und Dr. Bodo Lenkewitz (Northeim), zogen ein positives Fazit der Pilotphase. Mehr als 3609 Einsätze sind von den Telenotfallmedizinern zu bewältigen gewesen. Nur in 1,9 Prozent der Fälle musste aus medizinischen Gründen nachträglich ein Notarzt an den Einsatzort geschickt werden, weil sie von den Rettungssanitätern auch unter Anleitung des Telenotfallmediziners nicht zu bewältigen waren. Technisch seien die Einsätze zu 73 Prozent problemlos verlaufen. Bei 25 Prozent habe es geringe Störungen gegeben, die aber keinen Einfluss auf den Einsatz gehabt haben. Nur in zwei Prozent der Fälle musste wegen technischer Probleme der Einsatz des Telenotfallmediziners abgebrochen werden. Nach den Worten der beiden Mediziner ist der Telenotarzt vor allem für Patienten geeignet, die nur gering erkrankt oder verletzt sind. Dadurch werden die übrigen Notärzte entlastet und stehen für schwerere Fälle zur Verfügung. Außerdem könne der Telenotarzt Notärzte im Einsatz beratend unterstützen – und somit eine Art Oberarztfunktion übernehmen.
Der Telenotfallmediziner hat seinen Arbeitsplatz in einem separaten Raum in der Rettungsleitstelle in Goslar. Von dort leitet er die Rettungssanitäter vor Ort an – inzwischen nicht nur in den Landkreisen Goslar und Northeim, sondern auch in der Stadt Hildesheim. Ihm werden auf Monitoren Vitaldaten wie EKG, Herzfrequenz und Blutdruck angezeigt, die über eine gesicherte Internetverbindung übertragen werden. Er kann ferner auf Informationen aus Datenbanken und dem Internet zugreifen und so den Sanitäter auch mit zusätzlichem Wissen unterstützen.

Der Notfallsanitäter trägt im Einsatz einen sogenannten Harnisch vor der Brust, in dem ein Handy eingeklinkt wird, mit dem das Bild des Patienten übertragen wird. Die Sprachverbindung wird über einen Ohrhörer hergestellt.
Ziel ist nun die flächendeckende Ausbreitung der Telenotfallmedizin in Niedersachsen. An ausgesuchten Rettungsleitstellen landesweit sollen Telenotfallmediziner etabliert werden. Aus Basis der Erfahrungen in den Kreisen Goslar und Northeim hat der Landesausschuss „Rettungsdienst“ dazu im Herbst ein Konzeptpapier erarbeitet. (Olaf Weiss)
Ausschüsse sagen ja zu Leitstelleneverbund
Die Zusammenarbeit der beiden Landkreise im Bereich des Rettungswesens soll noch intensiver werden.: Sie sollen die Vorbereitungen für einen Verbund der beiden Rettungsleitstellen treffen. Das haben die beiden zuständigen Ausschüsse der beiden Kreistag am Dienstag in einer online gemeinsam geführten Sitzung jeweils einstimmig empfohlen.
Der Kostendruck, den die Krankenkassen machen, die die Leitstellen finanzieren, ist nicht der einzige Grund für den geplanten Verbund. Vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels, der sich auch im Rettungsdienst und den Leitstellen dramatisch bemerkbar machen werde, geht es nach den Worten des Ärztlichen Leiters Rettungsdienst im Kreis Northeim, Dr. Bodo Lenkewitz, auch um die Frage: „Wie stellen wir uns für die Zukunft auf?“
Hinzu komme, dass sich die Arbeit der Leitstellen in den nächsten Jahren stark verändern werde. Sie seien keine Telefonzentralen mehr, sondern entwickelten sich allmählich zu Gesundheitsleitstellen, in den nicht nur Krankentransporte, Rettungsdienst- und Notarzteinsätze koordiniert werden, sondern die künftig beispielsweise Altennotrufe abarbeiten, psychosoziale Akuthilfe leisten und Ärztevermittlung übernehmen sollen.
Die beiden Landkreise seien prädestiniert für einen solchen Leitstellenverbund. Sie arbeiteten im Bereich der Telenotfallmedizin bereits hervorragend zusammen. In beiden Kreisen gelten nach seinen Worten bereits seit einigen Jahren die gleichen Standards bei der Abarbeitung eines Rettungseinsatzes: „Der Patient in Bad Harzburg wird genauso behandelt wie der in Bodenfelde.“
Im Regelbetrieb sollen die beiden Leitstellen in ihren jeweiligen Landkreisen die Notrufe wie bisher abarbeiten (HNA berichtete). Bei größeren Schadenslagen sollen sie sich jeweils unterstützen. Wenn eine ausfällt, soll die Leitstelle des Nachbarkreises einspringen. (ows)