2000 Frauen und Kinder fanden Schutz im Frauenhaus des Kreises

Zahlreiche Gäste aus Politik und Gesellschaft sind zusammen gekommen, um anlässlich zu 35 Jahren Frauenhaus im Landkreis eine Bilanz zu ziehen.
Bad Hersfeld – Ein Grund zum Jubeln ist es nicht, dass das Frauenhaus in Bad Hersfeld jetzt bereits seit mehr als 35 Jahren besteht. Das merkte bei der Feierstunde im Buchcafé unter anderem Christel Zimmermann vom Frauen- und Gleichstellungsbüro des Landkreises an.
Es ist aber ein Anlass, Bilanz zu ziehen und eine Gelegenheit, die Leistung derjenigen zu würdigen, die das Haus gegründet und über all die Jahre trotz oft widriger Umstände am Laufen gehalten haben.
2000 Frauen und ebensoviele Kinder haben seit der Gründung des Frauenhauses dort Zuflucht gefunden. Sie alle waren an einem kritischen Punkt in ihrem Leben, haben einen Ausweg gesucht und auch gefunden, erklärte Rosi Ernst vom Vorstand des Vereins „Frauen helfen Frauen“, die gemeinsam mit Gründungsmitglied Sabine Schütt-Dörrbeck die Veranstaltung moderierte.
Dass Frauenhaus und Frauenberatungsstelle auch in einer ländlichen Region wie dem Kreis Hersfeld-Rotenburg nötig sind, das sei inzwischen allgemein anerkannt und müsse nicht immer wieder aufs Neue diskutiert werden, stellten die Frauen mit einer gewissen Erleichterung fest.
Nicht erreicht ist jedoch – und das gilt für ganz Deutschland und nicht nur das Hersfelder Haus – eine finanzielle Absicherung der Frauenhäuser, und das, obwohl die vor vier Jahren auch von Deutschland ratifizierte Istanbul-Konvention die sichere Finanzierung vorsieht.
Der Bundesjustizminister arbeite daran, erklärte der Erste Kreisbeigeordnete Dirk Noll. Und er kündigte an, dass die Mitarbeiterinnen des Frauenhauses bei der nächsten Bürgermeisterdienstversammlung Gelegenheit erhalten werden, ihre Arbeit vorzustellen.

Ziel sei, dass alle Gemeinden ihre freiwilligen Beiträge für das Frauenhaus auch zahlten, und zwar nicht nur 25 Cent pro Einwohner, wie überwiegend bisher, sondern einen Euro. „Wir wollen eine langfristige, verlässliche Finanzierung erreichen“, betonte Noll und stellte fest: „Der Landkreis zahlt immer pünktlich.“
Das gelte auch für die Stadt Bad Hersfeld, machte Stadträtin Antje Fey-Spengler deutlich. Hier sei ein fester Betrag vertraglich vereinbart worden. „Es ist wichtig, dass bedrohte Frauen Hilfe finden können“, sagte Fey-Spengler.
Wie wichtig das ist und wie sehr Frauen bedroht sind, das berichteten nicht nur Rosi Ernst und Sabine Schütt-Dörrbeck aus der Arbeit des Frauenhauses, wo inzwischen übrigens ein Generationenwechsel stattgefunden hat und junge Frauen die Arbeit fortführen, das machte auch die Autorin Julia Cruschwitz deutlich, die aus ihrem gemeinsam mit Carolin Haentjes verfassten Buch „Femizide – Frauenmorde in Deutschland“ las.
Frauenmorde, das betonten alle Sprecherinnen, sollten nicht verharmlosend als Verbrechen aus Leidenschaft, als Familiendrama oder Beziehungstat bezeichnet werden, sondern als Femizid, als Mord an Frauen, weil sie Frauen sind.
Das zugrunde liegende gesellschaftliche System patriarchaler Strukturen mit dem Verständnis, das die Frau das Eigentum des Mannes sei, müsse dringend verändert werden, waren sich die Frauen einig.
(Christine Zacharias)