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Charlotte Schwab über ihre Rolle als König Lear bei den Festspielen 2023

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Von: Christine Zacharias

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Beeindruckt von der Stiftsruine: Charlotte Schwab wird bei den Festspielen 2023 den König Lear spielen. Beim ersten Besuch in Bad Hersfeld lässt sie sich von Intendant Joern Hinkel den Spielort zeigen.
Beeindruckt von der Stiftsruine: Charlotte Schwab wird bei den Festspielen 2023 den König Lear spielen. Beim ersten Besuch in Bad Hersfeld lässt sie sich von Intendant Joern Hinkel den Spielort zeigen. ©  Ina Rumpf/Bad Hersfelder Festspiele

König Lear ist kein sympathischer Mann. Er ist machtgierig, stur, kritikunfähig, überheblich, unempathisch und blind für andere Menschen. So beschreibt die Schauspielerin Charlotte Schwab die Figur, die sie in diesem Sommer bei den Bad Hersfelder Festspielen verkörpern wird.

Bad Hersfeld – Könnte der Lear mit diesen Eigenschaften auch eine Frau sein? „Ja, grundsätzlich schon“, glaubt Charlotte Schwab. „Ich bin aber felsenfest davon überzeugt, dass eine Frau sich nicht so in ihren Kindern täuschen und nicht so wie König Lear auf ihre Heuchelei hereinfallen würde.“

Was sich beim Lear durchs ganz Stück ziehe, sei seine Blindheit, erklärt Schwab. Er sehe die Falschheit seiner Töchter nicht, er nehme nicht wahr, dass sich ein vermeintlich Getreuer gegen ihn wende und reiße durch seine Sturheit und Kritikunfähigkeit alle Menschen mit sich ins Unglück. Erst als er wahnsinnig wird, komme er zu seinem Kern, da sei dann etwas Pures, Wahres in seiner Person zu sehen.

Den Lear als Frau zu spielen, das sei eine echte Herausforderung, sagt Schwab, „aber ich habe eine irre Lust darauf, diesen Versuch zu unternehmen“. Und sie ist sicher, dass es gelingen kann, dabei ein neues Bild des alten Königs zu entwickeln und den Blick der Zuschauer auf eine vermeintlich bekannte Figur zu erneuern.

Schwab freut sich jedenfalls auf die Probenarbeit mit Regisseurin Tina Lanik, mit der sie schon öfters zusammengearbeitet hat, und mit dem Ensemble, um die Rolle gemeinsam zu gestalten. „Es ist ein Versuch, wie jede Theateraufführung“, sagt Charlotte Schwab. Auf jeden Fall ist es ihr ein Anliegen, die Menschen zu berühren mit ihrer Darstellung der Rolle.

Wie interessant es sein kann, wenn Frauen Männerrollen spielen und umgekehrt, das hat Charlotte Schwab schon mehrfach erlebt, zuletzt in einer Inszenierung von Wedekinds „Lulu“ am Münchner Residenztheater. Dort wird die Lulu in der Inszenierung von Bastian Kraft von drei Schauspielerinnen verkörpert, die auch alle anderen Figuren des Stücks spielen.

„Da wird der männliche Blick bloßgestellt, die männlichen Verhaltensweisen“, erzählt Schwab. Offensichtlich spielten die drei Frauen auch die Männerrollen so überzeugend, dass es schon mal vorkomme, dass beim Schlussapplaus gefragt werde, wo denn die Männer blieben.

Jetzt also Shakespeare. An seinen Stücken schätzt Schwab die große Menschenkenntnis, die allumfassende Darstellung des menschlichen Wesens, im Guten wie im Schlechten. Das sei auch heute noch aktuell.

Aktuell ist es jedenfalls, so erläutert Intendant Joern Hinkel, patriarchalische Strukturen aufzubrechen. „Das ist gerade jetzt das große Thema.“ Vor allem jüngere Menschen fragten sich, was typisch männlich und typisch weiblich sei und ob diese Rollenbilder nicht aufgebrochen werden könnten. „Ich will dazu beitragen, dass Frauen anders gesehen werden“, betont Schwab. Dass sich in der Gesellschaft gerade viel ändere, findet sie sehr positiv. „Wenn Rollen vertauscht werden, ist der Blick ein ganz anderer“, hat sie festgestellt.

Charlotte Schwab ist im kommenden Jahr 50 Jahre im Beruf. Die ersten 24 Jahre habe sie ausschließlich Theater gespielt, dann habe sie 20 Jahre vor allem gedreht und nur zwischendurch Theater gespielt und sei dann vor sechs Jahren wieder ins Theaterspielen eingestiegen. Zurzeit ist sie am Residenztheater in München engagiert.

Es gibt viele Rollen und Inszenierungen, an die sie sich gerne erinnert, zum Beispiel an „Kabale und Liebe“ von Friedrich Schiller am Düsseldorfer Schauspielhaus. Die Inszenierung sei so intensiv gewesen, dass es regelmäßig zu Tumulten im Publikum gekommen sei, erzählt Schwab.

(Christine Zacharias)

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