Familie Frank: Der Zirkus Arena ist ihr Leben

Mit ihrem Zirkus Arena gastiert die traditionsreiche Familie Frank derzeit auf dem Festplatz am Hallenbad in Bad Hersfeld. Ein Blick hinter die Kulissen.
Bad Hersfeld – Zwei Stunden vor der großen Show kommt rund um den Zirkus Arena auf dem Festplatz in Bad Hersfeld keine Hektik auf. Jeder weiß, was zu tun ist. Zeit für eine Zigarette oder einen kleinen Schabernack mit den Kollegen findet sich auch noch.

Dann ist es Zeit zum Aufzäumen. Allerdings nicht nur für die Pferde, auch den Hochland- und Watussirindern werden die Halfter angelegt. Und das ist gar nicht so einfach. Zirkusmitarbeiter „Fino“ versucht gleichzeitig die Verschlüsse zu sichern und den langen Hörnern auszuweichen, die seinem Gesicht gefährlich nahekommen, wenn ein Rind neugierig den Kopf dreht.

Mitten auf der matschigen Wiese steht Markus Frank und krault eines der Rinder hinter den wuchtigen Hörnern. „Gefährlich sind die Tiere nicht, die sind ja jeden Tag mit uns zusammen“, sagt der Zirkusdirektor gelassen. Die Tiere und die „Zirkus-Familie“, wie Frank seinen Betrieb aus 30 Mitarbeitern und Familienmitgliedern nennt, haben sich längst aneinander gewöhnt. „Wenn wir an einem Ort ankommen, lassen wir die Tiere so schnell es geht auf die Wiese“, sagt Frank. Dann grasen die Tiere gleich neben den Wohnwagen der Zirkusleute, dazwischen spielen Kinder. Vor den Tieren haben sie keine Angst, nur ein bisschen Respekt vor den Rindern mit den großen Hörern, gibt Enkel Santino Frank verschmitzt zu.
Der Zehnjährige sitzt barfuß und mit löchriger Jeans auf einem Gatter, in dem rot-weiß gestreiften Stall-Zelt. Dahinter stapft Kamel Ahorn zutraulich heran und nuckelt glücklich an Santinos Finger. Einige Meter weiter balgen sich gerade die Shetlandponys ums frische Heu, das Fino mit einer großen Metallgabel über das kleine Gatter schaufelt.
Da biegt auch schon Markus Frank um die Ecke und grinst. „Das ist die Rasselbande. Die hebeln auch mal den Zaun auf und suchen sich eine Stelle, wo das Gras grüner ist.“ Auf dem Festplatz neben dem Aqua Fit in den Fuldawiesen haben die winzigen Ponys dabei aber schlechte Karten. Nebenan locken zwar fette Wiesen, die stehen aber unter Naturschutz. Doch das nehmen die kaum einen Meter großen Tiere ungern hin und büxen immer mal wieder aus, um zumindest rund um das Zirkuszelt zu grasen. „Aber Zirkustiere ruft man einfach und schon sind sie wieder im Stall“, sagt Markus Frank fröhlich.
Während der Zirkusdirektor die Zeit vor der Show nutzt und – nicht ganz ernst gemeint – noch ein bisschen mit den Rindern schimpft, weil die kurz vor der Show in den tiefsten Matsch gestiegen sind und jetzt aufwendig gestriegelt werden müssen, macht sich Sohn Emilio Frank wenige Meter weiter für seinen Auftritt bereit.

Der 25-Jährige wohnt mit seiner Familie in einem großen Wohnwagen mit elektrischem Kamin und schneeweißer Küche. Vor den Fenstern hängen schwere Vorhänge. Emilio Frank ist der Clown in der Manege und schminkt sich, über den Küchentisch gebeugt, die Nase knallrot. Neben ihm auf dem Boden sitzt Ehefrau Celina, die schon ihr weißes Glitzer-Kostüm anhat und schnell noch Tochter Grace wickelt. Die Kinder der Franks sind überall mit dabei. Beim Zelt-Aufbau, bei den Vorbereitungen zur Show und, wenn sie etwas älter sind, auch in der Manege.
Die Kleinen werden von allen Seiten umsorgt. „Jeder der vorbeikommt, hat sich zu kümmern,“, sagt Georg Frank, der seinen Vornamen gerne englisch ausspricht und der hier früher einmal der Zirkusdirektor war. Längst hat der 79-Jährige die Leitung des Zirkus Arena jedoch an Sohn Markus Frank weitergegeben. Trotzdem ist Georg Frank immer mit großer Freude mitten im Getümmel. „Wenn ich mich nicht bewege, werde ich ja ganz steif“, sagt Frank senior gut gelaunt. Überhaupt lacht der ehemalige Zirkusdirektor gern. Wenn er die Karten am Eingang abreißt, lächelt und winkt er herzlich, sobald ihm ein Kind die Eintrittskarte reicht. Er posiert mit stolz geschwellter Brust und in akkurater Uniform für Bilder mit Besuchern – und schäkert gerne mit den Damen.
Georg Frank ist der Zirkus und für ihn gibt es nichts Schöneres. Das kann er gar nicht oft genug sagen. Mit seien Eltern, dreizehn Geschwistern und dem Zirkus Frankello, dem Vorgänger des „Circus Arena“ war Frank unterwegs, seit er auf der Welt ist. Auch nach Spanien zog es die große Zirkus-Familie. Als junger Mann setzte Frank mit dem Zirkus und Elefant Sahib im Schlepptau sogar bis auf die Philippinen über.

Frank Senior liebt das Zirkusleben immer noch. „Aber manchmal war es sehr schwer und dann fragt man sich im Nachhinein, wie man das überhaupt meistern konnte“, sagt der 79-Jährige nachdenklich. Geholfen hat ihm all die Jahre seine große Familie – und Frank hilft seiner Familie. „Opa ist der Beste von allen und ich hab ihn ganz doll lieb. Er macht immer Mathe-Hausaufgaben mit mir, das kann ich nämlich nicht so gut“, sagt Urenkel Santino, und drückt den Uropa erst mal. Dann verkauft der 10-Jährige, der inzwischen seine Jeans gegen eine Uniform getauscht hat, weiter geschäftig Leuchtspielzeuge. Immerhin sind die ersten Gäste jetzt da und die Show beginnt in Kürze.
Hektik kommt bei Familie Frank aber auch kurz vor der Vorstellung nicht auf. In ihren glänzenden Uniformen und von Besuchern umringt, nutzen sie trotz allem jede Chance, sich im Vorbeigehen zu necken, sich gegenseitig kurz auf die Schulter zu klopfen oder etwas ins Ohr zu wispern. Menschen, Tiere, Sensationen, das ist der Alltag von Familie Frank. In geschäftsmäßiger Routine lässt Georg Frank den Vorhang vor den Eingang fallen, als der letzte Gast eilig seinen Platz eingenommen hat. Dann beginnt die Show. „Lampenfieber habe ich aber immer noch, das gehört dazu“, sagt Georg Frank. (Kim Hornickel)