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Die Mühlen des Gesetzes mahlen

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Von: Mario Reymond

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Mario Reymond.
Mario Reymond. © Archiv

Über die Mühlen des Gesetzes und historische Dampflokomotiven schreibt Mario Reymond in unserer HZ-Wochenkolumne.

Große Aufregung herrscht seit einiger Zeit bei einer Familie in Bad Hersfeld. Denn einer 39 Jahre alten Kurdin droht die Abschiebung in die Türkei, da sie über keinen gültigen Aufenthaltstitel verfügt. In das Land, das sie als politisch Verfolgte im März 2021 fluchtartig verlassen hatte. So schildert es jedenfalls eine ihrer Stieftöchter.

Die 39-Jährige wurde am frühen Morgen des 4. Januar auf Anordnung des Regierungspräsidiums Kassel von Polizeikräften aus der Wohnung der Familie geholt, um sie in Frankfurt in einen Flieger in die Türkei zu setzen.

Die Abschiebung wurde wohl in letzter Sekunde über den Eilantrag eines Rechtsanwalts der Familie verhindert.

Wieder zurück in Bad Hersfeld, kehrte bei der Familie jedoch keine Ruhe ein. Die 39-Jährige habe immer wieder von Suizid gesprochen. Und so wurde sie am 7. Januar für elf Tage stationär in der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie aufgenommen.

Mittlerweile habe sich die Situation kaum verändert, erklärt die Stieftochter. Die 39-Jährige wache nachts immer wieder auf und schreie. Das sei auch nicht verwunderlich, da sie in der Türkei aufgrund ihrer politischen Vergangenheit nicht gerne gesehen sei. Auch ihr Vater sei als Kurde politisch verfolgt worden und habe die Türkei bereits 1993 verlassen.

Jetzt hofft die Familie darauf, doch zusammenbleiben zu dürfen. „Wer soll sich denn sonst um meine Geschwister kümmern“, erklärt die erwachsene Stieftochter. Völlig absurd empfindet sie das Verhalten der deutschen Behörden im Fall ihrer Stiefmutter. „Mein Vater und meine Stiefmutter sind seit November 2021 standesamtlich verheiratet. Auch wenn uns immer wieder vorgeworfen wird, es handele sich um eine Scheinehe. Das ist absurd. Sie kümmert sich doch um alles und nun soll sie weg. Wer ist denn dann für meine fünf Geschwister da?“, fragt sie.

Ihr Vater, nach einer Gallenoperation selbst gesundheitlich noch angeschlagen, will auch weiterhin alle rechtlich möglichen Mittel ausschöpfen. Eine neue Anstellung als Koch hat er gefunden. Beruflich will er ab dem 1. Februar einen Neustart wagen. Immer in der Hoffnung, dass die Familie doch zusammenbleiben darf. Derzeit warten alle im Abschiebefall der Stiefmutter auf ein neuerliches Gerichtsurteil.

Die mit dem aktuellen Abschiebeprozedere betrauten Behörden wollten sich mit Hinweis auf das schwebende Verfahren gegenüber unserer Zeitung nicht äußern.

Aller guten Dinge sind drei. Das scheinen sich am Dienstag dieser Woche wohl auch die Beteiligten an einem Verfahren vor dem Schöffengericht am Amtsgericht in Bad Hersfeld gedacht zu haben. Denn bereits zum zweiten Mal ist nun ein Verfahren gegen einen aus Rumänien stammenden Angeklagten ausgefallen. Der Mann muss sich wegen des Vorwurfs gefährlich in den Straßenverkehr eingegriffen zu haben, vor Gericht verantworten.

Nun wird im Februar ein dritter Anlauf unternommen. Nachdem der erste Prozesstermin wegen einer Erkrankung der Richterin ausfallen musste, war diesmal eigentlich alles bestens vorbereitet. Alle Prozessbeteiligten waren vor Ort. Selbst an eine Dolmetscherin war gedacht worden, die den Angeklagten auf rumänisch unterstützen sollte. Doch genau das war diesmal das Problem. Der Angeklagte ist zwar in Rumänien geboren, spricht aber nur ungarisch. Und weil seine Deutschkenntnisse nicht ausreichend sind, um die Prozessinhalte auch wirklich verstehen zu können, musste das Verfahren abermals verschoben werden. Diese Entscheidung war auch im Interesse des Verteidigers, der sich nun noch einmal intensiv mit seinem Mandanten auf das Verfahren vorbereiten kann. Als Übersetzerin wird ihm da die Ehefrau des Angeklagten helfen. Für den neuen dritten Anlauf vor dem Schöffengericht wird dann aber ein vereidigter Dolmetscher bereitstehen, der ungarisch spricht.

Mancher Anwohner der Bahnstrecke durchs Werratal hat sich am vergangenen Sonntag überrascht die Augen gerieben: Zwei Dampflokomotiven zogen zwischen Gerstungen und Heimboldshausen lautstark zischend und schnaufend Güterzüge. Die historische Technik musste aber nicht etwa einspringen, weil der Deutschen Bahn der Diesel ausgegangen wäre. Vielmehr handelte es sich um eine vom Verein Eisenbahn-Nostalgiefahrten-Bebra organisierte Foto-Sonderfahrt. Weil bei dieser Art von Nostalgiezügen der Fahrkartenverkauf als Einnahmequelle für die entstehenden Kosten und den Erhalt der Fahrzeuge wegfällt, werden sie von zahlenden Eisenbahnfans finanziert, die im Gegenzug exklusiv die Fahrpläne erhalten, um sich mit ihren Kameras entlang der Strecke postieren zu können. Öffentlich angekündigt worden war der Einsatz der Dampfloks deshalb im Vorfeld nicht. (Mario Reymond)

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