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Erster reiner Waldkindergarten im Landkreis entsteht in Bad Hersfeld

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Das Bild zeigt die beiden Initiatoren Lisa Simla und Julia Blum (rechts) auf dem Gelände des ehemaligen Schulgartens am Solztalweg.
Eine Wiese für die Waldfüchse: Die beiden Initiatoren Lisa Simla und Julia Blum (rechts) auf dem Gelände des ehemaligen Schulgartens am Solztalweg. © Kai A. Struthoff

Auf einer Wiese am Rande des Solztal-Kinderwegs in Bad Hersfeld soll ab August der erste reine Waldkindergarten des Kreises eröffnen.

Bad Hersfeld - „Es hat sich leider alles sehr lange hingezogen“, berichten die beiden Initiatorinnen des Projekts Julia Blum und Lisa Simla vom privaten Trägerverein Naturleben Waldhessen e.V. Es gebe bereits viele Interessenten, denn die naturnahe Waldpädagogik werde bei Eltern und Kindern immer beliebter.

Für die „Waldfüchse“ wird derzeit ein alter Bauwagen als Unterkunft aufgearbeitet. Geplant werde zunächst mit einer Gruppenstärke von 22 Kindern, die von zwei Erzieherinnen und einem Erzieher betreut werden sollen.

Vorangegangen war eine lange Suche nach einem geeigneten Grundstück für den Waldkindergarten. Der ursprüngliche Standort am Wald in der Nähe des Schützenhauses in Kathus musste aus praktischen und rechtlichen Gründen aufgegeben werden, weil es sowohl mit der Zuwegung als auch den Fördergeldern Probleme gegeben habe. Nun wurde im ehemaligen „Schulgarten“ in Sorga eine geeignete Fläche gefunden.

Der Wiesenstreifen wird von einem Feld, der Solz und dem Solztalweg begrenzt und ist über eine asphaltierte Straße zu erreichen. Parkmöglichkeiten stehen am nahen Schützenhaus in Sorga zur Verfügung. Über eine Notfallunterkunft bei Extremwetterlage werde sowohl mit dem Schützenverein als auch mit der nahen Grundschule verhandelt, erklären Julia Blum und Lisa Simla.

Der Bauwagen als Unterkunft wurde mit Mitteln der Stadt gebraucht bei E-Bay erworben. Alle notwendigen Genehmigungsverfahren laufen. Die Untere Naturschutzbehörde sowie die Kita-Fachaufsicht des Landkreises sind in das Verfahren eingebunden. Die Bad Hersfelder Stadtverordneten unterstützen mehrheitlich das Projekt. Dafür sind im Haushalt 106 000 Euro vorgesehen.

Die „Waldfüchse“ sind der erste reine Waldkindergarten im Kreis. In Breitenbach am Herzberg ist seit vielen Jahren eine Waldkindergruppe an die örtliche Kita angegliedert. Den nächsten reinen Waldkindergarten gibt es in Oberaula, wo sich viele Kommunalpolitiker und Interessierte über die dortigen Erfahrungen informiert haben.

Idee aus dem Land der Wälder

Die Idee der Wald- oder Naturkindergärten stammt aus Skandinavien, wo 1950 die ersten Kitas dieser Art entstanden. In Deutschland gewinnt die Waldpädagogik seit den 1990er-Jahren großen Anklang. Studien zeigen, dass Kinder aus Waldkindergärten gesundheitlich stabiler und motorisch besser entwickelt sind. Auch die Stress- und Lärmbelastung ist niedriger. Zudem sind sie auf schulische Anforderungen nicht weniger gut vorbereitet als Kinder aus Regelkitas. (kai)

Naturparadies für die „Waldfüchse“

Vögel zwitschern, die Sonne scheint vom blauen Himmel, auf der Wiese am Rande des Solztalwegs glitzert noch der Morgentau. In der Ferne murmelt das Flüsschen Solz an jener Furt, die angeblich schon Luther auf seinem Weg von Worms zur Wartburg nutzte.

Schon bald sollen hier ausgelassen die kleinen „Waldfüchse“ im ersten reinen Waldkindergarten des Kreises im Bad Hersfelder Ortsteil Sorga toben. Vor ihrem inneren Auge sehen Lisa Simla und Julia Blum schon einen alten Bauwagen, aus dessen Schornstein Rauch vom wärmenden Ofen aufsteigt. Weidentipis, Beete, Obstbäume und Beerensträucher – „wir wollen alles gemeinsam mit den Kindern und ihren Eltern aufbauen“, erzählen die beiden Initiatorinnen des ehrgeizigen Projekts, das nach längerem Anlauf nun endlich Fahrt aufnimmt.

Lisa Simla, die als Schulsozialarbeiterin am Obersberg arbeitet, hat sich im Zuge ihrer Diplomarbeit intensiv mit der Waldpädagogik auseinandergesetzt. „Die Gruppendynamik ist dort viel stärker ausgeprägt, die Kinder achten aufeinander und helfen sich gegenseitig“, erzählt Lisa Silma. Julia Blum machte bei ihrer Arbeit in einem Optiker- und Hörgerätefachgeschäft bei Routine-Untersuchung von Kita-Gruppen erste Erfahrungen mit Waldkita-Kindern, die viel ruhiger und ausgeglichener wirkten.

So entstand bei den beiden jungen Frauen der Wunsch, ihre eigenen kleinen Kinder in einer Waldkita unterzubringen. Sie gründeten 2019 den gemeinnützigen Trägerverein „Naturleben Waldhessen e.V.“ mit dem Ziel einen Waldkindergarten zu eröffnen. Das war gar nicht so einfach, doch inzwischen sind die rechtlichen und bürokratischen Hürden genommen. Von 7.30 Uhr bis 15 Uhr sollen bei den „Waldfüchsen“ zunächst bis zu 22 Kinder von drei Erzieherinnen betreut werden. Wie in einer „normalen“ städtischen Kita sind dabei die ersten sechs Stunden gebührenfrei.

Das Kita-Leben findet vornehmlich im Freien statt – im Sommer wie im Winter. Als Rückzugsort dient ein acht mal 2,50 Meter großer umgebauter Bauwagen mit Ofen, eine Naturtoilette werde in einem kleinen Häuschen errichtet. Wasser muss in Kanistern herangeschafft werden. Auch ein warmes Mittagessen soll möglichst bald angeboten werden. Zum Start müssen die Kinder aber noch selbst Essen mitbringen, das dann im Bauwagen warm gemacht werden kann.

„Von den Eltern wird erwartet, dass sie sich stärker einbringen, als das in einer städtischen Kita der Fall wären“, betonen Lisa Simla und Julia Blum. Doch genau das reizt offenbar viele an einem Waldkindergarten. Rund 40 Familien stünden derzeit bereits auf einer Warteliste. (Kai A. Struthoff)

Kontakt: waldfuechse@waldkindergarten-hersfeld.de; Facebook: Naturleben Waldhessen e.V.

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