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Es fehlt an Aktiven: Verein für Internationale Jugendarbeit in Bad Hersfeld löst sich auf

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Von: Christine Zacharias

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Der Verein für internationale Jugendarbeit löst sich auf: Vorsitzende Roswitha Alterhoff zeigt Fotos von früheren Aktivitäten.
Der Verein für internationale Jugendarbeit löst sich auf: Vorsitzende Roswitha Alterhoff zeigt Fotos von früheren Aktivitäten. © Christine Zacharias

Nach 70 Jahren der Hilfe für Kinder, unter anderem aus Tschernobyl, muss sich der Verein für Internationale Jugendarbeit aus altersbedingtem Mangel an Aktiven auflösen.

Bad Hersfeld – Kindern helfen – das war 70 Jahre lang das Anliegen der Mitglieder des Vereins für Internationale Jugendarbeit. Jetzt muss sich der Verein aus einem altersbedingten Mangel an Aktiven auflösen.

„Diese Nachricht macht ganz viele Menschen – hier und in Weißrussland – sehr traurig“, ist sich Roswitha Alterhoff bewusst. Sie ist die Vorsitzende des Vereins und musste jetzt feststellen, dass sich weder genug Personen finden, die Aufgaben im Vorstand übernehmen würden noch ausreichend Aktive vorhanden sind, die die zahlreichen Aufgaben des Vereins stemmen könnten.

Größtes Projekt war 30 Jahre lang der jährliche Erholungsurlaub für Kinder aus dem weißrussischen Mogilew. 36 Kinder und Jugendliche aus der nach dem Reaktorunfall durch radioaktive Strahlung belasteten Region Tschernobyl und vier Betreuerinnen kamen Jahr für Jahr zu einem dreiwöchigen Erholungsurlaub nach Bad Hersfeld. Mehr als 30 000 Euro mussten dafür jedes Jahr an Spendengeld gesammelt werden, unter anderem durch Flohmärkte, Waffelbackaktionen, die karitative Hütte auf dem Weihnachtsmarkt und durch „Bettelbriefe“ an Firmen in der Region, erzählt Alterhoff.

Außerdem galt es, ein abwechslungsreiches Programm für die Kinder zu organisieren mit Ausflügen, Begegnungen aber auch Aktivitäten vor Ort. In den ersten Jahren fuhr Irene Adolph, eine der tragenden Säulen der Vereinsarbeit, noch selbst nach Weißrussland, um die Kinder dort abzuholen.

Alterhoff liest aus einem Brief von Betreuerin Irina vor, die jahrelang Ansprechpartnerin in Mogilew war. Sie seien alle sehr traurig, schreibt Irina. Die Sommer in Bad Hersfeld seien für die Kinder immer wie eine Reise ins Märchenland gewesen und hätten ihnen so gutgetan. Irina dankt noch einmal allen, die diese Aufenthalte ermöglicht haben. In Deutschland ist der Verein, der ursprünglich „Freundinnen junger Mädchen“ hieß, vor 140 Jahren gegründet worden, mit dem Ziel, junge Frauen zu unterstützen, die auf der Suche nach Arbeit in die Städte kamen und oft ausgebeutet wurden.

In Bad Hersfeld wurde der Verein für internationale Jugendarbeit auf Initiative von Erika Schmidt-Glintzer gegründet und fand immer wieder neue Aufgaben. Die Betreuung koreanischer Krankenschwestern, zum Beispiel, die ins Land geholt wurden, um dem Mangel an Pflegekräften zu begegnen, Unterstützung für Spätaussieder-Kinder und ihre Familien und schließlich jahrzehntelang Schulaufgabenhilfe für Kinder, deren Muttersprache nicht deutsch war.

Viele dieser Kinder haben später Karriere gemacht und noch jahrelang Kontakt zu ihren Unterstützern gehalten. „Ohne die Schulaufgabenhilfe hätte ich es nie geschafft“, sagten viele von ihnen. Insgesamt, so schätzt Alterhoff, müssen es an die 1000 Kinder gewesen sein, die vom Verein Hilfe erhielten.

Neben dem Lernen sollten die Kinder auch Eindrücke vom Leben in Deutschland und den hiesigen Traditionen erhalten. Besonders beliebt, so Alterhoff, sei immer das gemeinsame Plätzchenbacken gewesen. Aber auch Ausflüge wurden organisiert.

Die Mütter der Kinder wurden ebenfalls betreut. Es wurde gemeinsam gekocht und gehandarbeitet, um sich kennenzulernen.

Die Mitgliederversammlung, bei der die Auflösung des Vereins beschlossen werden soll, findet am 29. September um 15 Uhr in der Jugendbildungsstätte auf dem Frauenberg statt. Alterhoff hofft, dass an diesem Tag noch einmal möglichst viele Mitglieder und Helfer zusammenkommen. (Von Christine Zacharias)

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