Ex-Intendant Holk Freytag legt Kulturkonzept vor: Bad Hersfeld soll in die 1. Liga

Unter dem Titel „Unsere kleine Stadt“ hat der ehemalige Festspiel-Intendant Holk Freytag „eine Anregung zur Stadtentwicklung“ verfasst.
Bad Hersfeld - In dem elfseitigen Papier schlägt er vor, Bad Hersfeld im kulturellen Bereich als eine „Stadt der vielen Jahreszeiten in die erste Liga der Kulturorte unsere Landes, ja Europas zu führen“, heißt es in dem Papier, das unserer Zeitung vorliegt. Trotz seiner unfairen Entlassung als Intendant durch den ehemaligen Bürgermeister Thomas Fehling und die daraus entstandenen Verletzungen, lässt Holk Freytag im Gespräch keinen Zweifel daran, wie sehr ihm Bad Hersfeld am Herzen liegt. „Es macht mich verrückt, dass diese Stadt, die so viele Möglichkeiten hat, sie nicht nutzt“, sagt der 79-jährige Theatermann. „Ich wohne hier“, laute daher auch die schlichte Begründung, warum er einen erneuten Anlauf nimmt, die Kulturszene der Stadt besser aufzustellen.
Dabei geht es Freytag gar nicht darum, alles neu zu erfinden. „Wir haben hier schon so viel zu bieten, wir müssen es nur besser vernetzen“, sagt er mit Blick auf die bereits vorhandenen kulturellen Events und die vielen engagierten Menschen in diesem Bereich. Bad Hersfeld habe alle Möglichkeiten, nach einem „Jahrzehnt der Stagnation“ zu einem der attraktivsten Orte Hessens zu werden, meint Holk Freytag und knüpft damit auch an die gegenwärtige Diskussion um die Zukunft der Bad Hersfelder Innenstadt an. Auch er sorgt sich wegen der „drohenden Verödung“ der Innenstadt, die aber kein Hersfeld-spezifisches Problem sei.
Im Unterschied zu anderen Städten habe die Festspielstadt allerdings viele Mittel, um gegenzusteuern. „Nur Sport und Kultur sind in der Lage, die Menschen wieder in die Innenstädte zu bringen“, schreibt Holk Freytag in seinem Papier und sieht dabei Kultur und Wirtschaft nicht als Widerspruch, sondern eine Chance.
Konkret schlägt der Ex-Intendant vor, ab Februar jeden Jahres jeden Monat ein überregional ausstrahlendes kulturelles Ereignis in Bad Hersfeld zu veranstalten. Dabei knüpft er an bestehende traditionelle Events an, entwickelt aber auch neue Ideen.
Es macht mich verrückt, dass diese Stadt ihre vielen Möglichkeiten nicht besser nutzt.

Konkret schlägt Holk Freytag vor, im Februar eine Bad Hersfelder Chorwoche unter dem Motto „Demokratie singen – die Gedanken sind frei“ in Zusammenarbeit mit der Adam von Trott Stiftung, Kantorei, Chorverein, sowie Chören aus der Region und dem Deutschen Chorverband zu veranstalten. „Das würde auch wieder frischen Wind in die örtliche Chorszene bringen“, sagt Freytag, dessen Ehefrau Brigitte Sura-Freytag selbst aktive Sängerin im Chorverein ist.
Im März könnte eine Kinder- und Jugendtheaterwoche stattfinden. Dazu böten sich Schilde-Halle und Stadthalle an, wo Aufführungen von professionellen Kinder- und Jugendtheatern gezeigt werden könnten. Als Partner sieht er dabei Schulen, Schulamt und Bühnenverein.
Im April regt Freytag eine Orgelwoche in der Stadtkirche an, im Mai soll dann das „Swing & Wine“-Festival folgen, bevor dann von Juni bis August natürlich die Bad Hersfelder Festspiele im Mittelpunkt des Kulturkalenders stehen. Hier plädiert Freytag dafür, auch wieder an das unter seiner Intendanz eingeführte „Jugendforum“ im Rahmen der Festspiele anzuknüpfen, um auch junge Menschen aus ganz Europa an das Theater heranzuführen. Freytag regt auch an, im Zuge der Festspiele eine „Barock-Oper“ oder Opernaufführungen im Stile der 1920er-Jahre anzubieten, um sich von anderen Opernspielorten abzuheben.
An die Festspiele könnte im September eine Woche des Straßentheaters anschließen, bevor die Stadt dann im Oktober beim Lullusfest kopfsteht. Im November würde die erfolgreiche Aktion „Bad Hersfeld liest ein Buch“ mit ihren vielen Veranstaltungen folgen, bevor dann der Weihnachtsmarkt das kulturelle Jahr krönen würde. Dabei sollte unbedingt auch das „Fest der 30 000 Lichter“ wiederbelebt werden, und der Weihnachtsmarkt von der Stiftsruine bis auf den Linggplatz führen. „Mit unserer einzigartigen Stiftsruine und der Bekanntheit durch die Festspiele könnte Bad Hersfeld beim Weihnachtsmarkt sogar Dresden und Nürnberg Konkurrenz machen“, ist Freytag überzeugt.

Ein Stückchen Eigennutz steckt auch in dem Kulturkonzept des Ex-Intendanten, gibt Holk Freytag schmunzelnd zu. Er wirbt nämlich dafür, den Ratskeller als Kultur- und Begegnungsstätte wie eine Art „Offenes Rathaus“ für ganzjähriges Theater, Kleinkunst und als Ausstellungsort für den Kunstverein zu öffnen. Dort würde er dann auch gern selbst seine Veranstaltungen fortführen, die früher im Grebe-Keller stattgefunden haben.
Von Kai A. Struthoff