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Geflüchtete aus der Ukraine kämpfen gegen Vorurteile

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Dankbar für die Hilfe in Deutschland: (von links) Familie Shevchyck (Serhii, Tetiiana, Daniel), Sina Elsässer und Yevheniia Dontsova.
Dankbar für die Hilfe in Deutschland: (von links) Familie Shevchyck (Serhii, Tetiiana, Daniel), Sina Elsässer und Yevheniia Dontsova. © johanna leinweber

„Flüchtlingshilfe Alheim“ und „Ukrainehilfe und Kulturverein Bad Hersfeld-Rotenburg“ bieten Hilfe an

Hersfeld-Rotenburg – Seit nun fast einem Jahr tobt der von Russland angeführte Angriffskrieg auf die Ukraine, der zur Flucht von mehreren Millionen Menschen führte. Auch im Kreis Hersfeld-Rotenburg wurden deshalb Geflüchtete untergebracht, die durch die „Flüchtlingshilfe Alheim“ und den „Ukrainehilfe und Kulturverein Bad Hersfeld-Rotenburg“ betreut werden. Mitte November vergangenen Jahres waren im Kreisgebiet bereits 1795 ukrainische Geflüchtete gemeldet. Seit dem letzten Jahr habe sich aber vor allem hinsichtlich der nun stattfinden Integrationskurse einiges getan.

Insgesamt sechs Kurse werden derzeit angeboten. Davon finden fünf in Bad Hersfeld und einer in Bebra statt, wobei die Gruppengröße etwa 20 Mitglieder umfasst. Fünf Stunden pro Tag wird den Ukrainern sechs Monate lang die deutsche Sprache nähergebracht. Es gehe vor allem darum, die Menschen auf die Arbeitswelt und den Alltag vorzubereiten. Da die Gruppengröße begrenzt ist, können aber nicht alle an einem solchen Kurs teilnehmen.

Yevheniia Dontsova (40) ist seit März 2022 mit ihren beiden Töchtern (17 Jahre und 8 Jahre) im Landkreis untergebracht. In der Ukraine lebte sie zusammen mit ihrem Mann und ihren Kindern in einem Haushalt und war als Bankkauffrau tätig. Sie besucht derzeit einen Integrationskurs in Bad Hersfeld und arbeitet seit fünf Monaten auf dem Jugendhof in Rotenburg.

Tetiiana Shevchyck (38) kam nach ihrer Flucht am zehnten März zusammen mit ihrem Mann und ihren drei Söhnen im Kreis Hersfeld-Rotenburg unter. Auch sie war als Bankkauffrau tätig und besucht nun zusammen mit ihrem Mann einen Integrationskurs in Bad Hersfeld und zusätzlich einen Deutschkurs im Heinebacher Familienzentrum. Außerdem leitet sie eine jeden Donnerstag stattfindende Bastelgruppe für die ukrainischen Kinder.

Auch Yevheniia Dontsova und Tetiiana Shevchyck sind Mitglieder eines Integrationskurses in Bad Hersfeld. Da Shevchyck jedoch immer noch keinen Kindergartenplatz für ihren jüngsten Sohn gefunden hat, musste die Familie die Hilfe anderer Geflüchteter in Anspruch nehmen, um das Kind betreuen zu können. Das Mitbringen des Kindes in den Integrationskurs ist untersagt. Daraus resultiere ein weiteres Problem, erklärt Elsässer. „Wo soll sich das Kind denn integrieren?“, fragt sie und fährt fort: „Der Junge hat nicht mal Freunde. Für das Kind ist das eine unheimliche Belastung.“

Eine zusätzliche Belastung für die geflüchteten ukrainischen Kinder sei oft die Distanz zu den in der Ukraine gebliebenen Vätern. So kommt es auch vereinzelt vor, dass trotz des Krieges über eine Heimreise nachgedacht oder diese angetreten wird. Viele hätten sich jedoch auch schon hier eingelebt und schauen aufgrund des anhaltenden Krieges realistisch in die Zukunft.

Natürlich ist der Gedanke daran, nicht mehr zurückkehren zu können, beängstigend. Umso ungerechter empfindet Elsässer manche Äußerungen, die sie des Öfteren von dem ein oder anderem Deutschen zu hören bekommt. „Wenn jemand zu mir kommt und darüber empört ist, dass eine Ukrainerin ein Auto hat oder darüber schimpft, dass es ihr dann ja nicht so schlecht gehen könne, kann ich nur jedes Mal das Gleiche erklären: Das sind Kriegsflüchtlinge. Die fliehen nicht aus Armut.“

Natürlich nehme man bei einer Flucht die wichtigsten Dinge mit. Außerdem hätten viele der Geflüchteten in der Ukraine auch gute Berufe gehabt und für diese Dinge gearbeitet. Elsässer erklärt, dass etwa Versicherungen ganz normal bezahlt werden müssten und man die Flüchtlinge auch nicht mit Geld überhäufen würde. Am Beispiel der Familie Shevchyck lässt sich ungefähr erkennen, was den Ukrainern zur Verfügung gestellt wird: Die fünfköpfige Familie erhält seit etwa zwei Monaten das Bürgergeld. Für ihre Wohnung bedeutet das 570 Euro, weshalb sie nun in einer Wohnung mit 60 Quadratmetern untergebracht sind. Darüber hinaus erhalten sie als Familie 1000 Euro plus Kindergeld.

Findet ein Geflüchteter Arbeit, fällt die staatliche Hilfe weg. Yevheniia Dontsova arbeitet in der Küche des Jugendhofes in Rotenburg und muss somit alle Kosten selbst zahlen, erhält aber weiterhin Kindergeld. (Johanna Leinweber)

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