Zukunft des Klinikums: Öffentlichkeit in Hersfeld-Rotenburg muss noch auf Informationen warten

Die Zukunft des Kreis-Klinikums stand im Mittelpunkt der Sitzung des Kreistages am Montagabend, 27. März 2023, im Landratsamt.
Hersfeld Rotenburg – Der Kreistag hat am Montagnachmittag erstmals im neuen Sitzungssaal im Anbau der Kreisverwaltung getagt. Wir fassen die wichtigsten Themen der Sitzung zusammen. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit wurden die Parlamentarier von Geschäftsführer Rolf Weigel und den Architekten vom Büro Kirschner in Heringen informiert.
Aus Teilnehmerkreise hieß es im Anschluss, die Informationen zu den Plänen für den Anbau seien sehr detailliert gewesen, allerdings vermissten einige Abgeordnete Aussagen zur künftigen strategischen Ausrichtung des Klinikums, speziell vor dem Hintergrund der Krankenhausreformpläne von Gesundheitsminister Lauterbach.
In der öffentlichen Sitzung des Kreistages, die mit Verspätung erst um 16.30 Uhr begann, wollte Landrat Torsten Warnecke unter Hinweis auf die für eine GmbH geltende Verschwiegenheitspflicht zwei Anfragen der AfD und der Fraktion UBL/Bürgerherz zur Finanzlage des Klinikums nicht beantworten.
„Angenommene Insolvenz“: AfD-Anfrage erntet Kritik
So wollte die AfD wissen, welche finanziellen Belastungen „bei einer angenommenen Insolvenz der Klinikum Bad Hersfeld GmbH mit ihren Tochtergesellschaften“ auf dem Landkreis zukommen würden. UBL/Bürgerherz wollte Auskünfte über die finanzielle Lage, die Baukosten des Neubaus und die erwarteten Fördermittel aus dem Strukturfonds.
Unter Hinweis auf die „volatile“ (unbeständig, sprunghaft) Entwicklung in diesem Bereich wollte der Landrat keine näheren Informationen geben. Noch sei auch der 120-Millionen-Euro-Zuschuss aus dem Strukturfonds nicht offiziell gewährt worden. Deshalb wollte der Landrat auch „keine Spekulationen“ über das Klinikum in der Öffentlichkeit anstellen. Sobald der Zuschuss offiziell bewilligt sei, werde aber auch die Öffentlichkeit umfassend informiert, kündigte Landrat Warnecke an.
Der UBL-Abgeordnete Hans-Jürgen Schülbe kritisierte die Anfrage der AfD und nannte es „fatal“, wenn eine Kreistagsfraktion wie die AfD von einer möglichen Insolvenz des Klinikums spreche. „Wir lassen unser Klinikum nicht insolvent werden“, betonte Schülbe.
Auch Warnecke kritisierte die AfD und nannte es „nicht klug, so Politik zu machen.“ Der Land- und Kreistagsabgeordnete Gerhard Schenk (AfD) verteidigte die Anfrage und sagte, „wir müssen auch unbequeme Fragen stellen“.
Kreishaushalt bekommt grünes Licht vom Regierungspräsidium
Warnecke teilte mit, dass der Kreishaushalt, der auch einen Defizitausgleich für das Klinikum enthält, vom Regierungspräsidium genehmigt wurde. Im Dezember hatte der Kreistag, zum Teil mit „Bauchschmerzen“, das Zahlenwerk verabschiedet, in dem ein Defizit von 22 Millionen Euro zum Teil in investive Maßnahmen für das Kreisklinikum umgewandelt worden war. Mit diesem Geld sei die „Liquidität des Kreisklinikums in diesem Jahr sichergestellt“, sagte Warnecke.
Frauenförderung: Auf gutem Weg, aber noch nicht am Ziel
In der Aussprache zum 5. Frauenförder- und Gleichstellungsplan des Kreises betonten Olivia Stenda (SPD) und Nina Weise-Hübner (Grüne), dass der Kreis zwar auf einem guten Weg sei, man sich aber noch abstrampeln müsse, um zum Ziel zu kommen. Sie beklagten die immer noch bestehende Lohnungerechtigkeit. Diese entstehe auch dadurch, weil mehr Frauen als Männer in Teilzeit arbeiteten, um die Kinderbetreuung oder Pflegeaufgaben für Angehörige zu übernehmen.
Anja Zilch (FWG) sagte, eigentlich sei es gar nicht mehr zeitgemäß, dass überhaupt noch über Gleichstellung diskutiert werden müsse, räumte aber ein, dass in diesem Bereich noch viel zu tun sein. Gleichzeitig wehrte sie sich gegen Quotenregeln für Führungspositionen. „Ich jedenfalls möchte keine Quotenfrau sein“, sagte Zilch.
Der Bericht der Patientenfürsprecherinnen wurde vom Kreistag zur Kenntnis genommen. Manfred Koch (SPD) lobte die wichtige Arbeit der drei Frauen, die die Interessen der Patienten an den Kreiskliniken vertreten. Es sei erfreulich, dass keine größeren Beschwerden eingegangen seien. Die Grüne Christa von Baumbach sagte, die geleistete Arbeit sei gerade in der Corona-Zeit eine „echte Herausforderung“ gewesen. Sie hoffe darauf, dass der von vielen Patienten geäußerte Wunsch nach einer „gesünderen und vielseitigeren Ernährung“ im Klinikum umgesetzt werde.
Rentenversicherung: Kritik an fehlendem Beratungsangebot in Rotenburg
Erneute Kritik gab es am Rückzug der Deutschen Rentenversicherung mit ihrem Beratungsangebot aus Rotenburg: Nach der dortigen Stadtverordnetenversammlung fordert nun auch der Kreistag auf SPD-Antrag eine Rückkehr – vier Gegenstimmen gab es lediglich von der AfD. Das Angebot zur Beratung im 14-Tage-Rhythmus sei während der Corona-Zeiten eingeschlafen und im Herbst vergangenen Jahres komplett eingestellt worden, hieß es.
Die Rentenversicherung habe argumentiert, das Angebot des Landkreises in Bad Hersfeld sei ausreichend, und habe zudem auf digitale Angebote verwiesen.
Diesem Argument schlossen sich die meisten Abgeordneten ausdrücklich nicht an. SPD-Fraktionschef Manfred Fehr: „Qualifizierte Rentenberatung ist mehr als ein Chat auf irgendeiner Homepage.“
Laut Landrat Torsten Warnecke (ebenfalls SPD) sei die Rückmeldung der Rentenversicherung gewesen, die Nachfrage an einer Beratung in Rotenburg sei nicht ausreichend. Er unterstrich erneut, dass die Beratung im Kern eine Aufgabe der Rentenversicherung sei. (Kai A. Struthoff, Clemens Herwig)