1. Startseite
  2. Lokales
  3. Rotenburg / Bebra
  4. Bad Hersfeld

Zwischen den Zeilen: Zivilcourage, Streit und Nostalgie

Erstellt: Aktualisiert:

Von: Jan-Christoph Eisenberg

Kommentare

Redakteur Jan-Christoph Eisenberg.
Redakteur Jan-Christoph Eisenberg. © Nadine Maaz

Von stillen Helden und schrägen Aktionen berichtet Jan-Christoph Eisenberg in der Kolumne Zwischen den Zeilen.

Im Deutschen Technikmuseum in Berlin ist in dieser Woche eine besondere Wanderausstellung eröffnet worden, die auch bis in unsere Region wirkt.

Bad Hersfeld - Die Ausstellung beleuchtet die kritisch die Rolle der Deutschen Reichsbahn bei der Deportation und Ermordung der jüdischen Bevölkerung in der NS-Zeit. Warum ich im Lokalteil unserer Zeitung darauf hinweise? Im Zentrum steht ein Einwohner der Stadt Heringen. „Wer war Fritz Kittel – ein Reichsbahnarbeiter entscheidet sich – zwei Familien 1933 bis 2022“ lautet der Titel der Schau. Kittel war Güterbodenarbeiter der Reichsbahn in Sorau, dem heutigen Zary in Polen, später in Heringen. Im September 1944 traf er auf die Jüdinnen Hella und Hannelore Zacharias, denen er gefälschte Reichsbahnausweise beschaffte und sie in Sorau und Heringen versteckte. Er rettete sie so vor dem sicheren Tod.

Seiner eigenen Familie hat Kittel von seinem beherzten Handeln und seinen Motiven nach 1945 nie berichtet. Er blieb Eisenbahner in Heringen und starb im Jahr 1980. Zur Ausstellung gehören zehn dokumentarische Filme, in denen die Tochter von Hella Zacharias, die Schriftstellerin Esther Dischereit, sich gemeinsam mit Kittels Nachkommen Ernestine Dickhaut, Peter Kittel und Karin Pfaff in Berlin, Zary und in Heringen auf Spurensuche begibt.

Wer regelmäßig aus Richtung Werratal oder Kuppenrhön in die Kreisstadt fährt, dem ist vermutlich aufgefallen, dass die Baustelle auf dem Ausbauabschnitt Bad Hersfeld-Ost der Autobahn 4 bei Sorga seit geraumer Zeit verwaist war. Die Arbeiten seien witterungsbedingt eingestellt gewesen und würden seit Dienstag fortgeführt, teilte die zuständige Autobahn-GmbH des Bundes dazu auf Nachfrage mit. Auf die geplante Bauzeit habe das keinen Einfluss. Das ist allerdings offenbar nur ein Teil der Wahrheit, denn nach Informationen unserer Zeitung soll bei dem Baustopp auch ein Streit ums Geld zwischen Auftraggeber und Baufirma eine Rolle gespielt haben, der dem Vernehmen nach noch nicht endgültig beigelegt ist.

Auf große Resonanz stößt weiterhin unsere Serie Nachtfieber. Die Fotos und Anekdoten aus der Disco-Ära wecken offenbar bei vielen Menschen Erinnerungen. So auch bei ehemaligen Bedienungen der berühmt-berüchtigten Arena in Lengers. Die haben nach Erscheinen des Artikels ihren früheren Chef in seiner Wahlheimat Finnland angerufen, um dessen Schilderung eines ohnehin schon beeindruckenden Rekordversuchs nach oben zu korrigieren: Keine zwölf, sondern ganze zwanzig Tage sei damals am Stück geöffnet gewesen, schrieb mir „Norbert Beatle-Bone“ Heinz kürzlich per E-Mail – was ich unseren Lesern an dieser Stelle der Vollständigkeit halber nicht vorenthalten möchte. „480 Stunden Party, da sieht man mal, was die Lengerser Leute ohne Murren erduldet haben“, kommentiert der Kult-DJ seine schräge Aktion vor knapp fünf Jahrzehnten rückblickend – womit er zweifelsohne recht hat. (Jan-Christoph Eisenberg)

Auch interessant

Kommentare