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Nach Beleidigung von Özil und Gündogan: Stadtrat Holzhauer tritt zurück

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Von: Clemens Herwig

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Fußball, Bernd Holzhauer, Kreisjugendausschuss, Foto: Eyert
Hat seinen Rücktritt als Stadtrat erklärt: Bernd Holzhauer. © Eyert

Bebra. Mit seiner Beleidigung der Fußball-Nationalspieler Ilkay Gündogan und Mesut Özil als "Ziegenficker" hatte Bernd Holzhauer für Empörung gesorgt. Jetzt ist Bebras Stadtrat zurückgetreten.

Aktualisiert um 11.58 Uhr - Holzhauer hatte sich auf seiner privaten Facebook-Seite zu den vieldiskutierten Fotos von Mesut Özil und Ilkay Gündogan mit dem türkischen Präsidenten Erdogan geäußert. Nach der Bekanntgabe des WM-Kaders schrieb er: "Das vorläufige Aufgebot zur WM - 25 Deutsche und zwei Ziegenficker". 

Daraufhin regte sich bundesweit Empörung, der Stadtrat wurde auf Facebook massiv angegangen. "Ich glaube schon, dass ich persönlich die weiteren Anfeindungen hätte aushalten können",  teilt Holzhauer unserer Zeitung mit. "Ob meine Parteigenossen in Bebra dies hätten können, weiß ich nicht, aber ich wollte es ihnen nicht zumuten."

"Wir hätten das ausgehalten", sagt Gerhard Schneider-Rose, Fraktionsvorsitzender und stellvertretender Stadtverbandsvorsitzender der Bebraer SPD, auf Anfrage. "Aber zu 100 Prozent hinter ihm stehen war uns nicht mehr möglich." 

Die Entscheidung von Bernd Holzhauer verdiene großen Respekt - die Fraktion sei aber weiterhin zerrissen: "Es ist klar, dass eine Entschuldigung bei solch einer Äußerung nicht reicht", so Schneider-Rose. "Aber Bernd Holzhauer hat viel Gutes für unsere Partei und Bebra getan."

"Mit seinem Rücktritt verlieren wir einen außergewöhnlich erfahrenen, redegewandten, streitbaren und kompetenten Mitstreiter", teilt die SPD Bebra daher mit. Die Personaldecke sei nicht so groß, dass der leidenschaftliche Kommunalpolitiker leicht zu ersetzen sei, ergänzt Schneider-Rose. 

Entsetzt zeigten sich die Sozialdemokraten allerdings über die "Lawine von Hässlichkeiten bis hin zu Morddrohungen", die in Folge der Entgleisung auf Facebook in den sozialen Medien über Bernd Holzhauer hereingebrochen ist. "Gerade die jungen Stadtverordneten unter uns fragen sich jetzt, ob man sich ehrenamtlich solche Feindseligkeiten anhören muss", teilt die SPD mit.    

Holzhauer: Entscheidung fiel vor der Fraktionssitzung

Ausschlaggebend sei letztlich die Situation in Bebra gewesen, so Holzhauer über seine Entscheidung zum Rücktritt. Auf absehbare Zeit werde keine Ruhe einkehren - dies wolle er seiner Heimatstadt ersparen. 

"Mir ist es wichtig, dass Bebra vorankommt", betont er. Die anhaltende Empörung über seinen Fehler stehe dem im Weg. "Damit war für mich die Entscheidung klar", sagt Bernd Holzhauer, "ich habe sie schon vor der Sitzung der SPD-Fraktion getroffen." Die Entscheidung über einen Rücktritt habe die Fraktion Bernd Holzhauer überlassen, heißt es von der Bebraer SPD. 

"Wir haben aber auch die Konsequenzen deutlich gemacht", sagt der Vorsitzende Schneider-Rose. Die Beleidigung der beiden Nationalspieler würde nicht nur an Bernd Holzhauer selbst, sondern auch der Fraktion hängen bleiben und sei eine Belastung für die SPD.

"Wir haben das Vertrauen verloren, dass so etwas nicht noch einmal passiert", so Schneider-Rose. Laut der Bebraer CDU war Holzhauer bereits in der Vergangenheit mit anderen Entgleisungen aufgefallen. Im Kreistag habe er wegen eines unrühmlichen NS-Vergleichs eine Rüge erteilt bekommen. Die CDU hatte die breite Öffentlichkeit auf die Beleidigung Holzhauers aufmerksam gemacht. 

"Wollte keine Menschen beleidigen"    

"Ich habe jahrzehntelang die Belange meiner Heimatstadt in die Mitte meiner politischen Arbeit gestellt", sagt der ehemalige Ersten Stadtrats. Es sei für ihn nur schwer zu ertragen, wie viele nun von einer "erzwungenen Entschuldigung" sprechen würden. Das sei nicht der Fall gewesen.

"Ich bin bei meiner Entschuldigung in keinster Weise unter Druck gesetzt worden", so der ehemalige Bebraer Stadtrat. 

Er entschuldige sich nochmals bei allen, die unter seinem Facebook-Beitrag gelitten haben. Der Post sei beleidigend für zwei deutsche Nationalspieler gewesen. Im Moment des Tippens habe er den Begriff "Ziegenficker" nicht als Beleidigung, sondern als Zitat von Jan Böhmermann verstanden. "Sonst hätte ich das nicht geschrieben." 

Aber: "Ich habe in keinster Weise irgendwelche anderen Menschen egal welcher Nationalität oder Herkunft beleidigen wollen und auch beleidigt", so Bernd Holzhauer.

Kritik an RTL und anderen Medien

Ihm sei aber auch klar, dass die Sensationspresse keine Ruhe geben werde. So kritisiert Holzhauer die Berichterstattung über ihn bei RTL. Er wisse sehr genau, was er im Gespräch mit dem Sender gesagt habe - nicht das, was letztendlich berichtet worden sei, so Holzhauer gegenüber unserer Zeitung. "90 Prozent des Positiven sind weggefallen", sagt er. 

Allerdings wolle er sich bei der heimischen Presse für die faire Behandlung bedanken - "trotz meines schweren Fehlers".

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