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Bürgerinitiative will beim Bebraer Steinbruch trotz Abstimmungsniederlage weiter mitreden

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Von: Clemens Herwig

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Die Entscheidung steht: Mit einem Bürgerentscheid sollte die grundsätzliche Zustimmung der Stadtverordnetenversammlung zur Steinbrucherweiterung bei Gilfershausen gekippt werden. Unser Foto zeigt eine Abstimmung des Stadtparlament im Bebraer Lokschuppen.
Die Entscheidung steht: Mit einem Bürgerentscheid sollte die grundsätzliche Zustimmung der Stadtverordnetenversammlung zur Steinbrucherweiterung bei Gilfershausen gekippt werden. Die Mehrheit der Abstimmungsteilnehmer hat dem Stadtparlament nun den Rücken gestärkt. © Clemens Herwig

Nach mehr als einem Jahr ist der Steinbruch-Streit in Bebra vorerst zu Ende. Am Sonntag hat sich mit 56 Prozent die Mehrheit bei einem Bürgerentscheid für die Erweiterungspläne der Firma Beisheim ausgesprochen.

Bebra - Während das Unternehmen aus Bebra nun das Genehmigungsverfahren vorbereitet, sieht sich die Bürgerinitiative Lange Hecke trotz des ausgebliebenen Abstimmungserfolgs als Gewinner. Reaktionen – und wie es weitergeht – im Überblick.

Die Bürgerinitiative

Etwas mehr als zwei Minuten ist das mittlerweile 15. Video der BI lang, der Titel lautet schlicht: „Und gewonnen haben wir trotzdem.“ Zu dröhnendem Applaus wird auch erklärt, warum: Der Initiative sei es gelungen, in Bebra eine Diskussion um den Steinbruch zu entfachen, die sonst ausgeblieben wäre. „Wir haben gewonnen, weil wir ein Tor geöffnet haben, das in Bebra die verkrusteten Politikstrukturen aufbricht und in Zukunft eine starke Einbindung der Bürger bei großen Projekten notwendig macht“, sagt Andrea Stockmayer in die Kamera. Die Steinbruch-Gegner gratulieren sich und ihren Unterstützern dazu selbst – der Beifall ist ein Mitschnitt aus der Videokonferenz vom Wahlabend.

Beim Bürgerentscheid hatten 1610 Bebraner mit „Ja“ und damit gegen die Steinbruch-Pläne gestimmt – nötig gewesen wären 2711 Ja-Stimmen. Bereits im August 2020 hatte die BI im Zuge des vorbereitenden Bürgerbegehrens 1517 gültige Stimmen gegen die Erweiterung des Bruchs überreicht. Der Zuwachs ist überschaubar, die BI führt das vor allem auf die Einschränkungen durch Corona zurück. Auch das Wetter am Wahltag – es schneite – habe wohl eine Rolle gespielt. In den nicht betroffenen Ortsteilen sei zudem nicht ausreichend Solidarität entstanden.

Die Gegner der Erweiterung haben nun das aufwendige Genehmigungsverfahren nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz beim Regierungspräsidium Kassel (RP) ins Auge gefasst. „Wir werden die Unterlagen genau sichten und gegebenenfalls Stellungnahmen verfassen beziehungsweise Einspruch erheben“, sagt Sprecher Christoph Stockmayer. Es sei nicht ausgeschlossen, dass sich die BI dabei von einem Anwaltsbüro vertreten lasse. Man akzeptiere das Ergebnis der Abstimmung, werde das Genehmigungsverfahren aber kritisch begleiten, um die Erweiterung für die betroffenen Ortsteile möglichst verträglich zu gestalten.

Das Unternehmen

Für das Unternehmen Beisheim ist mit dem Abstimmungsergebnis am Sonntag der Startschuss gefallen: Innerhalb des nächsten Vierteljahres soll der Genehmigungsantrag beim RP vorliegen. Dafür fehlen noch Gutachten, darunter zu Lärm und Staubentwicklung. Das Verfahren dauere bis zu einem Jahr, so die Erfahrung von Geschäftsführer Marcus Weber. Zuletzt hatte die Firma vor allem darum geworben, mit einem „Nein“ zum Bürgerentscheid Arbeitsplätze zu erhalten. Zu Beginn des Steinbruch-Streits wurde sogar ein Zuwachs in Aussicht gestellt. „Es trifft beides zu“, sagt Weber. Wie viele Stellen entstehen könnten, kann er nicht genau sagen: „Das ist konjunkturabhängig, es können fünf sein, es können zehn sein.“ Auch um die Größe der Erweiterung hatte es jüngst noch einmal Verwirrung gegeben. Korrekt ist: Der bestehende Steinbruch (vier Hektar) soll um bis zu 21 Hektar erweitert werden und nicht nur auf insgesamt 21 Hektar, wie es auch unserer Zeitung berichtet hatte.

Die Stadt

„Für mich hat keiner gewonnen oder verloren“, sagt Bürgermeister Stefan Knoche. „Wir stehen jetzt da, wo wir im Juli schon einmal waren und damit am Anfang eines Genehmigungsverfahrens.“ Die Stadt bietet sich weiterhin als Moderatorin an. Beisheim signalisiert dazu bereits Bereitschaft. Große Informationsveranstaltungen sind nicht geplant.

Knoche sieht in der langen Diskussion um die Steinbruch-Zukunft auch eine Chance: Einige Anregungen könnten aufgegriffen werden und die Stadt sich ein Mitspracherecht sichern. So sei der Vertrag mit Beisheim über die Nutzung der Grundstücke im und um das Abbaugebiet noch nicht geschlossen. Damit stehe auch nicht fest, ob die Grundstücke auf einen Schlag oder je nach Bedarf durch den Abbau veräußert werden und ob nicht sogar ein Mietmodell anstelle des Verkaufs denkbar wäre.

Von Clemens Herwig

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