Doris Kersch ist Geschäftsführerin der Fußballabteilung des ESV Ronshausen

„Männer reden und diskutieren mehr als Frauen“, sagt Doris Kersch. Und sie muss es wissen. Seit 2010 ist sie Geschäftsführerin der Fußballabteilung des ESV Ronshausen und hat die Finanzen der Kicker stets im Blick. Mit Zahlen kann die gebürtige Ronshäuserin umgehen wie kaum ein anderer Vereinskassierer.
Ronshausen – Im Alter von 14 Jahren begann sie eine Ausbildung zum „Industriekaufmann“, wie es damals noch hieß. Es folgten über drei Jahrzehnte als Buchhalterin in Bebra. Bis zur Rente – und darüber hinaus – arbeitete sie wieder in der Buchhaltung in einem Unternehmen in Kirchheim. Mit viel Herzblut ging sie dieser Tätigkeit nach. Gleichwohl die 72-Jährige manchmal auch unbequeme Wahrheiten an- und aussprechen musste.
Eigentlich wollte Doris Kersch gerne in der Elektronik-Branche arbeiten. Da sagte man zu ihr: „Aber Sie sind doch ein Mädchen!“. Das hat sie bis heute nicht vergessen. Ungleichbehandlungen waren ihr schon immer ein Graus.
Im Alter von 14 bis 19 Jahren, als Freundinnen in Discos tanzten und mit Jungs ausgingen, trainierte Doris Kersch dreimal in der Woche. Sie war der Star der LG Alheimer im Mittelstreckenlauf von 600 Metern und lief deutschlandweit die zweitbeste Zeit. Die Teilnahme an den Olympischen Spielen war so gut wie sicher. Aber dann verunglückte sie beim Skifahren und die Lauf-Karriere nahm ein bitteres Ende. Das Leben, es hätte anders ausgesehen für Doris Kersch.
Kultcharakter Doris Kersch
Aber die Rentnerin, die auf jedem Foto in ihren Erinnerungsalben lacht, die einen feinen Sinn für Humor hat und nie aufgibt, bereut heute nichts. Im Gegenteil. Sie setzte andere, neue Prioritäten. Zehn Jahre war sie Vorsitzende im Kultur- und Carnevalverein Ronshausen, einem der größten Vereine in der Gemeinde. In dieser Zeit ist die Zahl der Mitglieder um das Fünffache gestiegen. „Da kann ich nicht viel falsch gemacht haben“, resümiert sie.
40 Jahre hat sie im alljährlichen Weihnachtstheater mitgespielt. 150 bis 200 Mal tourte die Frau, die Loriot und Heinz Erhardt liebt, mit ihrem Schauspieler-Kollegen Frank Schäfer und dem legendären Kultsketch „Dinner for One“ durch Nordhessen. Als Kassiererin war sie 43 Jahre bei den Landfrauen tätig. Mit viel Leidenschaft übernahm sie sechs Jahre lang den Biergarten „Hersfelder Eckchen“. Der hatte freitags mit Doris Kersch Kultcharakter. Sie kümmerte sich um die Gäste, hatte für jeden einen flotten Spruch oder ein freundliches Gespräch übrig. Das kam an. Weit über Ronshausen hinaus.
Doris Kersch war außerdem fünf Jahre Jugendschöffin und ist immer noch passives Mitglied bei der Freiwilligen Feuerwehr und im Pool Billard Club Ronshausen. Sie organisierte mit ihrer Tochter Daniela und einem Busunternehmen Reisen nach Söll in Tirol mit Fünf-Sterne-Frühstück unterwegs und einem abwechslungsreichen Programm für bis zu 50 Teilnehmer.
Nach dem frühen Tod ihres Mannes Herbert zog sich Doris Kersch zurück. Herbert Kersch sagte einmal im Scherz zu seiner Frau: „Von 90 Tagen bist du 88 nicht zu Hause.“ Er hat sie immer unterstützt.
Die 100 noch voll machen
Im Sommer schwimmt Doris Kersch täglich im Freibad Ronshausen und auch im Winter geht’s oft ins Hallenbad nach Heringen. Sie trainiert die Muskeln außerdem in einer Physio-Praxis an Geräten. Sie singt in „Unser Chor“, einmal im Monat, und zwar nur zum Spaß an der Freude. Und als „bekennender Fan vom FC Bayern“ schaut sie gerne Fußball. Und klar, bei den Heimspielen des Eisenbahner Sportvereins 1927, ihrem ESV Ronshausen, ist sie meistens dabei. „Es ist ein gutes Team“, sagt sie.
Reisen ist auch ein Thema für Doris Kersch. Im vergangenen Jahr war sie zum Beispiel allein bei den Oberammergauer Passionsspielen. Da, wo 2000 Laienschauspieler auf der Bühne stehen. Aber schon auf der Autobahn freut sie sich auf die Heimfahrt. Denn ihr Herz schlägt für ihren Heimatort Ronshausen. Und irgendwas fällt ihr bestimmt noch ein, was es zu tun gibt.
2027, zum 100-jährigen Bestehen des ESV, möchte sie die Geschäftsführung an Nadine Schreiber abgeben. „Sie ist kompetent und sehr sympathisch.“ Attribute, die auch auf Doris Kersch zutreffen.