Eine unheimliche Familie

Meckbach. Gegen Mitternacht werden die Anwohner der stillen Straße „Auf der Eck“ unsanft geweckt. Blaulicht zuckt durch die Nacht. Die Polizei steht vor dem Haus Nummer 5, das die Anwohner „Ponderosa“ nennen.
An sich ist das nichts Ungewöhnliches. Schon in der Vergangenheit musste häufig die Polizei anrücken, um nach Alkoholexzessen Streit und Handgreiflichkeiten zwischen den Eheleuten zu schlichten, berichten Nachbarn. Doch diesmal stirbt ein Mensch. Der 67-jährige Ehemann wird – erstickt mit einem Kissen – tot in seinem Bett gefunden.
Auf Spurensuche
Familiendrama schockiert Meckbach:
Am Morgen danach tragen Spurenermittler der Polizei in weißen Schutzanzügen Beweismaterial in großen, braunen Papiersäcken zu ihrem Fahrzeug. Eine Kommissarin geht durch den Vorgarten. „Sie wissen doch, dass ich nichts sagen darf“, sagt sie zu den wartenden Journalisten. Dann verschwindet sie wieder in dem Haus, das von außen einen gepflegten Eindruck macht. Viele Blumentöpfe, eine Veranda aus Holz, hohe Bäume, die das Gebäude vor Blicken schützen.
Auf der Straße vor dem Haus stehen die Nachbarn und beobachten das Geschehen. Seinen Namen will niemand in der Zeitung lesen, aber zu sagen haben sie alle etwas. Das Opfer und seine sehr viel jüngere Ehefrau, die eigentlich seine Stieftochter ist, waren vielen Nachbarn unheimlich. Der Mann, der früher als Lastwagenfahrer gearbeitet hat, soll „von drüben rüber gemacht haben“.

Von seiner ersten Ehefrau lebte er getrennt, seit er seine Stieftochter geschwängert und geheiratet hat. Im Ort war die Familie isoliert, aber sie soll die Nachbarn regelrecht terrorisiert haben. So wurde einer Frau mal Beton, mal Pizza geliefert, die sie gar nicht bestellt hatte. „Wir hatten kaum Kontakt, aber wenn wir uns gesehen haben, dann wurde schon noch gegrüßt“, erzählt sie.
Seit die jetzt verhaftete 40-jährige Ehefrau des Toten im Jahr 2005 eine Scheune auf dem Nachbargrundstück angezündet hat, leben die Meckbacher in Angst. Ein Nachbar hat sich Kameras und Rauchmelder installiert, um nicht von einem neuen Feuer überrascht zu werden. Jeder kennt die Familie, doch niemand vermag etwas Gutes über sie zu berichten.
Dann fährt ein grauer Leichenwagen vor. Auf einer Bahre wird der Tote abtransportiert. Als der Wagen aus dem Sichtfeld verschwindet, raunt ein Anwohner: „Es ist zwar traurig, so etwas zu sagen, aber jetzt werden wir hier wohl endlich wieder in Ruhe leben können.“
Von Kai A. Struthoff