„Ich erwarte neue Perspektiven“: Vorsitzender Hartwick Oswald über die Zukunftsakademie

Über die Themen und Arbeit der Zukunftsakademie Hersfeld-Rotenburg spricht der Vorstandsvorsitzende Hartwick Oswald im Interview.
Hersfeld-Rotenburg – Mit einem Dialogforum am Donnerstag, 25. Mai, nimmt der Verein Zukunftsakademie Hersfeld-Rotenburg nach dreijähriger Corona-Pause wieder seine Arbeit auf. Der Zukunfts- und Trendforscher Matthias Horx wird einen Vortrag halten. Über die Themen und Arbeit der Zukunftsakademie spricht der Vorstandsvorsitzende Hartwick Oswald im Interview.
Was erwartet die Teilnehmer des Dialogforums?
Wir wollen die Themen Gesundheit und Mobilität profilieren. Die Teilnehmer haben die Möglichkeit, mit dem international renommierten Zukunfts- und Trendforscher Matthias Horx und Experten aus dem Landkreis ins Gespräch zu kommen. Als Experten werden Sozialdezernent Dirk Noll, der in seiner Position auch für die Gesundheits- und Daseinsfürsorge mit verantwortlich ist, sowie der Geschäftsführer der Wirtschaftsbetriebe Christian Scholz und ich auf dem Podium sitzen. Christian Scholz hat Expertise zum öffentlichen Nahverkehr und zur Mobilitätsentwicklung von Bad Hersfeld. Elke Künholz, ehemalige Sozialdezernentin, wird moderieren. Die Veranstaltung ist so ausgerichtet, dass wir in einen intensiven Dialog mit dem Publikum kommen.
Die Veranstaltung hat den Titel „Progressive Provinz“ – was bedeutet das?
Progressive Provinz ist ein Paradox. Denn es wird gesagt, das Urbane, die Stadt, ist progressiv und das Land ist eher konservativ. Vor dem Hintergrund der Immobilienpreise, des Klimawandels und der Erhitzung der Städte zeigt sich aber, dass das Pendel zurückschlägt in die ländliche Region.
Um welche konkreten regionalen Themen soll es gehen?
Wir wollen schauen: Wie wollen wir leben? Wie kann man sich ausrichten in der Region? Was bedeutet in diesem Zusammenhang Mobilität? Wir haben hier einen großen Logistikbereich. Wir haben zwar den Cantus, aber wie steht es um die Anbindung der Dörfer? Welche anderen Möglichkeiten im Bereich Mobilität gibt es für Menschen, die vier, fünf Kilometer mit dem Auto an die Arbeit fahren?
Welche Themen treiben Sie persönlich um?
Ich wohne in Rotenburg und habe in Bad Hersfeld gearbeitet. Die Zusammenarbeit der einzelnen Bereiche, etwa der Kommunen und Einrichtungen der Gesundheitsversorgung, könnte besser laufen. Mehr auf Kooperation ausrichten, die Behandlung der Themen Mobilität, Radnetze und öffentlicher Nahverkehr – das sind meine Themen. Was ich an unserer Region gut finde, ist, dass es eine Offenheit gibt, dass es viele Erfahrungen bei Integration und Einwanderung gibt. Da sehe ich ein großes Zukunftsfeld, was das gemeinsame Zusammenleben in der Region angeht.
Das Vereinsleben hat während der Pandemie geruht. Wie geht es jetzt weiter?
Wir hatten während dieser Zeit virtuelle Besprechungen. Aber insgesamt ist durch die Pandemie eine Veränderung eingetreten. Die direkte Kommunikation hat sehr gelitten. Das hat natürlich auch Auswirkungen auf das Vereinsleben – wie stark ist die Bindung, die Teilhabe, die Beteiligung. Mit dem Dialogforum wollen wir jetzt wieder starten, wollen wieder ins Gespräch kommen.
Wie sieht die Vereinsarbeit über das Zukunftsforum hinaus aus?
Wir haben verschiedene Bereiche, deren Aktivität zuletzt zurückgegangen ist. Es gibt feste Strukturen und Projekte im Landkreis, etwa die Erzählcafés, die solidarische Ökonomie, Assistenzsysteme und Digitalisierung, die der Verein mitgestaltet. Da kann man jetzt wieder anknüpfen.
Die Gestaltung der Zukunft betrifft vor allem die junge Generation. Sind denn junge Menschen im Verein aktiv?
Wir haben auch die Obersbergschule zum Dialogforum eingeladen, weil wir auch junge Leute miteinbeziehen wollen. Ein Generationenwechsel im Verein wäre nötig. Aber es ist ja auch so, dass die Jugendlichen Schule haben, ihre Ausbildung machen müssen und auch in der Pandemie gelitten haben. Das jetzt aufzuholen ist auch ein Punkt, den wir auf der Agenda haben.
Um junge Menschen zu erreichen, ist das Digitale wichtig. Ihre Internetseite sieht allerdings nicht gerade nach Zukunft aus, sondern ist eher veraltet. Wollen Sie da moderner werden?
Auf jeden Fall, das wurde vernachlässigt. Wir wollen einen Podcast einführen mit Gesprächsrunden zu aktuellen Zukunftsthemen. Da wollen wir gezielt junge Menschen ansprechen. Wir sind auch dabei, das gesamte Medienpaket neu zu besprechen, sodass man auch bei Facebook und Instagram präsent ist. Die Zukunft ist digital, auch was Kommunikationsmethoden angeht. Aber letztlich ist der persönliche Kontakt und das persönliche Gespräch ein wichtiges Element.
Was erwarten Sie vom Vortrag des Zukunftsforschers Matthias Horx?
Ich persönlich erwarte neue Perspektiven, neue Ideen, dass man mal über den Tellerrand schaut und sieht, was in anderen Regionen passiert. Was müssten für Angebote präsentiert werden, damit der ländliche Raum revitalisiert werden kann. Ich denke, man muss neue Wege gehen und neu denken, zum Beispiel was die ökologische Landwirtschaft angeht. Gibt es Möglichkeiten, dass der Produzent mit dem Konsumenten anders in Verbindung tritt? Da erhoffe ich mir auch Antworten von Matthias Horx.
Welches Gewicht hat der Verein Zukunftsakademie?
Die Mitglieder des Vereins sind sowohl Gebietskörperschaften als auch Unternehmen und Einzelpersonen, zum Beispiel sind auch der Landkreis oder die Klinik am Hainberg Mitglieder. Die Zukunftsakademie wird sich als Dialogforum aufstellen, wo auch Bürgerinnen und Bürger Themen anmelden können. Wir wollen weiter an der Kommunikation in den Erzählcaés vor dem Hintergrund des demografischen Wandels arbeiten. Wir wollen das Ehrenamt mehr in den Fokus nehmen. Die Zukunftsakademie soll ein Angebot sein, wo man auf Augenhöhe mit Experten ins Gespräch kommt. Interview: Laura Hellwig
Zur Person
Hartwick Oswald (66) ist seit März dieses Jahres Vorstandsvorsitzender der Zukunftsakademie. Oswald ist in Baden-Württemberg aufgewachsen und lebt jetzt in Rotenburg. Er ist verheiratet und hat einen Sohn. Oswald hat Volkswirtschaft studiert, war die Hälfte seines Berufslebens hauptamtlich bei einer Gewerkschaft in Thüringen tätig. Danach wechselte er ins Krankenhausmanagement. Oswald war in leitender Position im HKZ in Rotenburg sowie in der Klinik am Hainberg in Bad Hersfeld tätig. Im vergangenen Sommer ging Oswald in Rente, ist aber nach wie vor als Management-Coach tätig.
Dialogforum am 25. Mai
Das Dialogforum „Progressive Provinz“ findet am Donnerstag, 25. Mai, im Kreistagssitzungssaal im Landratsamt, Friedloser Straße 12 in Bad Hersfeld, statt. Beginn ist um 18 Uhr, um 18.15 ist Zukunftsforscher Matthias Horx digital zugeschaltet und hält seinen Impulsvortrag zum Konzept „Progressive Provinz“. Im Anschluss ist eine Gesprächsrunde geplant. Auch kurzentschlossene Gäste sind willkommen.