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„Jugendliche stehen im Mittelpunkt“: Pfarrer Ewald über die Bedeutung der Konfirmation

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Von: Daniel Göbel

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Kümmert sich als Konfirmandenbeauftragter im Kirchenkreis Hersfeld-Rotenburg um den Kirchennachwuchs: der Niederauler Pfarrer Werner Ewald. archiv
Kümmert sich als Konfirmandenbeauftragter im Kirchenkreis Hersfeld-Rotenburg um den Kirchennachwuchs: der Niederauler Pfarrer Werner Ewald. © Laura Hellwig

Für viele evangelische Jugendliche ist der Tag der Konfirmation das größte Fest in ihrem bisherigen Leben.

Hersfeld-Rotenburg – Viele Gäste reisen dann zu Ehren der Konfirmanden an und zeigen mit Geschenken, wie sehr die Jugendlichen ihnen am Herzen liegen. Doch welche Bedeutung hat die Konfirmation für Jugendliche heute? Was hat sich über die Jahre verändert? Darüber sprachen wir mit Werner Ewald, Pfarrer in Niederaula und Konfirmandenbeauftragter im Kirchenkreis Hersfeld-Rotenburg.

Herr Ewald, beim Stichwort Konfirmation denken viele an erster Stelle an Geldgeschenke. Geht es den jungen Leuten wirklich nur um den finanziellen Aspekt?

Nein, das kann man so nicht sagen. An erster Stelle steht die Feier, bei der die Jugendlichen im Mittelpunkt stehen. Es geht um mich. Ich darf einladen, den Ablauf des Festes mitbestimmen, Gäste, Essen, Kleidung. Ich werde anerkannt. Das steht im Mittelpunkt. Über Geldgeschenke freuen sich in der Regel alle, aber das ist meinem Eindruck nach nicht das Wichtigste. Eher glaube ich, dass die Annahme, es gehe nur um den finanziellen Aspekt ein hartnäckiges Vorurteil ist, das mehr über die aussagt, die es äußern als über die Jugendlichen selbst.

Kann man denn von 13- oder 14-Jährigen überhaupt schon erwarten, dass sie sich ernsthaft mit dem Thema Glaube auseinandersetzen?

Es gibt unterschiedliche Modelle, auch schon im dritten oder vierten Schuljahr. Ich beobachte während der Konfirmandenzeit viel ernsthaftes Suchen, Hinterfragen, Ausprobieren, natürlich auch Quatschmachen, Albern, Lust am Ausprobieren. Manchmal mag der Eindruck entstehen, da ist nur Oberflächlichkeit. Aber wenn es gilt, zum Beispiel beim Vorstellungsgottesdienst mitzuwirken, wo eigene Texte und Statements entstehen, spüre ich absolute Ernsthaftigkeit. Oder bei der Auswahl der Konfirmationssprüche steht im Hintergrund: Was trägt mich? Was gibt mir Halt? Was hilft mir in schwierigen Situationen?

Stellen Jugendliche im Unterricht heute andere oder kritischere Fragen als früher?

Natürlich kommen die Fragen auch immer aus dem aktuell Erlebten heraus, etwa zu den Themen Klimakrise, Krieg und Flüchtlinge. Fragen gehören zum Unterricht dazu wie Salz in der Suppe. Fragen wie: Was trägt mich im Leben? Was hält, wenn Misserfolge mich aus der Bahn werfen? Fragen sind heute wie früher da. Mir sind Fragen auch immer ein guter Aufhängungspunkt, denn wer fragt, ist auch offen für Antworten, die wir in der Konfirmandenzeit ausprobieren.

Wie werden denn die Themen im Konfirmandenunterricht vermittelt?

Der Unterricht besteht nicht bloß aus Auswendiglernen. Wir verarbeiten Themen etwa auf spielerische Weise oder mit Quiz-Runden. Wir veranstalten beispielsweise Konficamps im Kirchenkreis und in Wittenberg oder das Konficastle. Das ist dann mit einer Band, mit tollen Spielen, der Lutherverschwörung, mit Gottesdiensten – die absolut jugendgemäß sind. Wichtig finde ich aber auch das Mitwirken aller aus den Gemeinden – Eltern, der Kirchenvorsteherinnen und Kirchenvorsteher, Kirchenmusiker, Teamer, die alle zeigen, dass ihnen der Glaube auf ihre Weise wichtig ist.

Für nicht wenige Menschen ist die Konfirmation der letzte Kontakt zur Kirche. Was kann oder müsste man tun, um die jungen Menschen über die Konfirmation hinaus in der Kirche zu halten?

Manche stellen sich als Teamerin nach der Konfirmandenzeit zur Verfügung. Andere freuen sich über Angebote unserer Jugendarbeiterinnen. In den musikalischen Gruppen wie Posaunenchor oder Chöre machen manche gerne mit, oder auch am Heiligabendspätgottesdienst. Zudem haben wir ein Freiwilliges Soziales Jahr in der Kirchengemeinde ermöglicht. Im Kooperationsraum Hersfeld-Südwest gibt es am 2. Juli in Niederaula um 17 Uhr einen Jugendgottesdienst.

Aber grundsätzlich ist es wichtig, dass sie in der Konfirmandenzeit erleben, wie der Glaube sie begleiten kann, bei der Geburt, Taufe, beim Erwachsenwerden, beim Gründen einer Familie, zur Hochzeit, beim Abschied von lieben Angehörigen. Das war während der Coronazeit ein echtes Problem, weil vieles nicht oder nur eingeschränkt stattfinden konnte. Aber es gibt auch immer wieder neue Ideen, wie jetzt die Möglichkeit zur kirchlichen Trauung auf der Landesgartenschau in Fulda.

Welche Rechte erhält man mit der Konfirmation in der Kirchengemeinde?

Mit der Konfirmation erhält man die Möglichkeit, Pate werden zu können. Früher durfte man erst nach der Konfirmation am Abendmahl teilnehmen. Das ist mittlerweile auch während der Konfirmandenzeit möglich, oder auch schon für Kinder mit ihren Eltern. Zudem darf man in unserer Kirche, Ev. Kirche von Kurhessen-Waldeck, den Kirchenvorstand mitwählen, da das Alter dafür auf 14 Jahre heruntergesetzt wurde.

Welche zentrale Botschaft sollte man Konfirmanden unbedingt mit auf den Weg geben?

Enorm wichtig ist, dass die Konfirmanden spüren, dass Gott sie so annimmt, wie sie sind. Du brauchst keinen Normen zu genügen an Aussehen, Noten oder Geld. Gott kennt dich mit allen Stärken und Schwächen, mit allen Fehlern und allen Gaben und Talenten. Oder wie es auch in Niederaula beim Vorstellungsgottesdienst die Konfirmanden selbst dargestellt haben: Ihr seid das Licht der Welt. So lasst euer Licht leuchten vor den Leuten (Matthäusevangelium Kp 5, Vers 14).

Zur Person:

Werner Ewald (62) ist Pfarrer in Niederaula. Dabei betreut er die Orte Niederaula, Kerspenhausen, Hilperhausen und Roßbach. Zudem ist Werner Ewald Konfirmandenbeauftragter im Kirchenkreis Hersfeld-Rotenburg. 

(Daniel Göbel)

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