Nachtfieber: Die Discothek in der Gaststätte „Grünes Meer“ Ronshausen

In der Serie „Nachtfieber“ erinnern wir an ehemalige Diskotheken in der Region. Heute geht es um das Grüne Meer in Ronshausen.
Sie haben die Jugend ganzer Generationen geprägt und manches Paar zusammengeführt: In unserer Region lockten einst zahlreiche Diskotheken das Partyvolk. Die meisten davon existieren längst nicht mehr. In unserer Serie „Nachtfieber“ erinnern wir an die ehemaligen Tanztempel.

Ronshausen – Um ins Grüne Meer zu gelangten, durchquerten die Discobesucher zunächst die Gaststätte der Familie Zilch. Im Tanzsaal angekommen, bestellten sie am liebsten einen Bols Blau – weil der so aussah wie Meerwasser, aber selbstverständlich viel besser schmeckte. Aber auch die mit Bier gefüllten Stiefel waren sehr beliebt.
Partnerbörse
Das Grüne Meer, die Discothek in Ronshausen, funktionierte viele Jahre lang als Magnet für die Jugendlichen, die auf der Suche nach Unterhaltung waren und tanzen wollten. „Wenn bei uns Disco war, stand die Eisenacher Straße voller Autos. Dreißig bis vierzig Mopeds parkten außerdem bei uns vor der Tür. Andere Gäste kamen mit dem Zug oder trampten oder liefen von den Nachbarorten zu Fuß. Und die amerikanischen Soldaten kamen mit Taxis aus Bad Hersfeld. Jedenfalls solange, bis ihnen im Laufe des Monats das Geld ausging. Dann kamen auch sie mit dem Zug“, erinnern sich die Töchter Ramona Fischer und Manuela Kramer des späteren Betreibers Reinhold Zilch. „Viele Mädchen und Jungs haben sich hier kennengelernt und einige Paare später geheiratet.“

Das Grüne Meer funktionierte also nicht nur gut als Discothek, sondern auch als Partnerbörse. Weil alle auf der Suche nach Party, Tanz und Flowerpower waren, wurden besondere Veranstaltungen – wie zum Beispiel der legendäre Kappenball – ins Leben gerufen. „Auf die schöne Zeit im Grünen Meer werden wir heute noch angesprochen“, erzählen die Schwestern schmunzelnd.
Beginn als Tanzdiele
Die „Karriere“ des Grünen Meeres begann mit einer Musikbox. Gastwirt Peter Zilch und dessen Ehefrau Christine betrieben seit 1956 die gleichnamige Gaststätte in der Eisenacher Straße. Im Jahr 1960 bauten sie die Gastwirtschaft um und schufen einen Tanzsaal im hinteren Bereich des Gebäudes. In der Tanzdiele fand eine Musikbox ihren Platz, die zuvor in der Gaststätte gute Dienste geleistet hatte. Es war die Zeit der Beat-Musik. Vom „Saturday-Night-Fever“ war man noch weit entfernt. Aber die Tanzdiele erfreute sich schnell wachsender Beliebtheit. Wenig später wurde der Tanzsaal zu einer Discothek umfunktioniert und die Discjockeys nahmen hier ihre Arbeit auf. Ein Ruf wie Donnerhall eilte vor allem den Jungs von „The Thunder Beats“ voraus. Wenn sie ihre Platten im Grünen Meer auflegten, ging richtig die Post ab. Das war die Zeit zwischen 1968 und 1975. Danach sorgten die Brüder Wendel aus Weiterode und schließlich die Brüder Maus aus Ronshausen für Stimmung im Laden. „Es war schon eine tolle Zeit, auch für unsere Familie“, erinnern sich die Schwestern zurück. „Wir wohnten ja im oberen Geschoss der Gaststätte, hatten also einen kurzen Weg bis zur Disco. Schon als Kinder halfen wir in der Gastwirtschaft und in der Disko mit. In den ersten Jahren beispielsweise wurde noch mit Holzöfen geheizt. Da haben wir das Holz und die Kohlen reingetragen.“

Bei der Jugend beliebt
Weil sich das Grüne Meer als gut gehende Discothek in der ganzen Region herumsprach, kamen im Laufe der Jahre viele Jugendliche nach Ronshausen. Während die Gaststätte nur montags einen Ruhetag einlegte, war die Disco mittwochs, freitags, samstags und sonntags von 19 Uhr bis eine Stunde nach Mitternacht geöffnet.
Um 22 Uhr mussten alle noch nicht volljährigen Jugendlichen den Saal räumen. „Manche von ihnen blieben bis fünf vor zehn und rannten dann nach Hause“, erinnert sich Ramona Fischer. „Denen hat es so gut gefallen, dass sie so lange bleiben wollten, wie es nur ging.“ Eine weitere Besonderheit war die kulinarische Versorgung der Gäste.
Im Saalbereich gab es Tanzmusik und vor der Gaststätte Gegrilltes. Auch das sorgte für Zulauf bei den Partygängern. Manch anderem in Ronshausen gefiel das Treiben im Grünen Meer hingegen weniger. „Wir hatten ab und zu mal Ärger, weil sich die Nachbarn über den Lärm und die zugeparkte Eisenacher Straße beschwerten.“ 1986 wurden die Gaststätte und der Discothekenbetrieb zum Leidwesen der Jugendlichen in der Region eingestellt. Das Ronshäuser „Night Fever“ war somit beendet.
Wieso die Ronshäuser Diskothek Grünes Meer hieß, lässt sich übrigens nicht mehr schlüssig erklären. „Früher war die Gegend hier wohl mal ein Auengebiet“, so Manuela Kramer. „Vielleicht hat sich der Name daher abgeleitet.“