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Offener Brief zum Wolf: Friedewalder Schäfer lädt Umweltministerium zu Praxistest ein

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Von: Christopher Ziermann

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Lädt das Umweltministerium auf seine Weide ein: Frieder Beyer. © Christopher Ziermann

Einen wirksamen und umsetzbaren Schutz für Schafe vor Wolfsangriffen gibt es derzeit nicht, sagt Frieder Beyer.

Diese Einschätzung bekräftigt der Sprecher der Arbeitsgruppe Herdenschutz nach der Zusage des Hessischen Umweltministeriums, künftig 31 Euro pro Hektar für die Umzäunung von Weiden beizusteuern, erneut. Dieser Betrag sei "nicht einmal ein Tropfen auf dem heißen Stein". Der Soisdorfer, der Schafe bei Friedewald, Motzfeld und Sorga hat, hat einen offenen Brief an Umweltministerin Priska Hinz verfasst.

Wir dokumentieren ihn im Wortlaut: 

Sehr geehrte Frau Ministerin für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Hessen!

Wir sind eine Schäfereifamilie, die sich seit 33 Jahren mit ihrem Biolandbetrieb in der Rhön in allen vier Bereichen ihrer Behörde engagiert und damit auch ihren Lebensunterhalt bestreitet. 

Wenn ich die Ziele Ihrer Partei richtig verstehe, betreiben wir genau die Form der Landbewirtschaftung, die Sie zukünftig noch mehr fördern und ausdehnen wollen: 

Wir schaffen und erhalten durch unsere Beweidung höchst artenreiche Biotope, arbeiten mindestens klimaneutral, erzeugen hochwertige ökologische Lebensmittel und prägen eine Kulturlandschaft von großem Erholungswert. 365 lange Arbeitstage im Jahr bei einem Stundensatz, der etwa der Hälfte des Mindestlohns entspricht, schrecken uns nicht ab. Wir sind Überzeugungstäter, ebenso wie die große Masse unserer Berufskollegen sowie die erheblich größere Zahl der Klein-und Nebenerwerbsschafhalter. 

Nun sind Sie und Ihre Partei erklärtermaßen der Überzeugung, daß unsere Weidetierhaltung zukünftig auch unter Anwesenheit von im Rudel jagenden Großraubtieren konfliktarm und nachhaltig gestaltet werden könne, unter Praxisbedingungen umsetzbare und dauerhaft erfolgversprechende Abwehrmaßnahmen werden uns aber keine aufgezeigt. Alle mir von ihren Mitarbeitern empfohlenen Schutzmaßnahmen werden schon seit Jahren in den bereits verwolften Regionen Deutschlands und Europas in zunehmendem Maße überwunden; was drastisch sinkt, ist die Hemmschwelle der Betroffenen, das Handtuch zu werfen. 

Um auf der vielzitierten Sachebene einen Beitrag zur Suche nach gangbaren Lösungswegen und damit zur weiteren Existenz der Weidetierhaltung in Hessen zu leisten, möchten wir Ihnen folgenden Vorschlag machen: Wir stellen Ihnen unseren vorhandenen Schäfereibetrieb samt aller Flächen (ca 100ha), dem Viehbestand(ca 500 Mutterschafe + Lämmer), der vorhandenen Technik sowie unsere bisherige Erfahrung im passiven Herdenschutz zur Verfügung, um unter Praxisbedingungen Herdenschutzmaßnahmen zu entwickeln, zu erforschen und deren Aufwand und Tauglichkeit zu dokumentieren. Günstiger und realitätsnäher dürfte die dringend notwendige Entwicklung funktionierender Herdenschutzsysteme kaum möglich sein.

In Erwartung Ihrer baldigen Antwort verbleibe ich mit freundlichen Grüßen

Frieder Beyer

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